Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenschuldner bei Übersendung eines Kaufvertragsentwurfs des vom Verkäufer beauftragten Notars an den vom Käufer beauftragten Notar

 

Leitsatz (amtlich)

Hat der Verkäufer bei dem Notar die Anfertigung eines Vertragentwurfes in Auftrag gegeben, der Käufer hingegen die Beurkundung bei einem anderen Notar beauftragt, kann der Käufer nur dann als Kostenschuldner für die Entwurfsgebühr des § 145 Abs. 3 KostO aufgrund des "Erforderns" des Entwurfs durch den von ihm beauftragten Notar in Anspruch genommen werden, wenn der Notar, der den Entwurf angefertigt hat, dieses Verhalten unter Berücksichtigung aller Umstände als Auftrag des Käufers ansehen darf. Allein der Umstand, dass der von dem Käufer beauftragte Notar "aus Vereinfachungsgründen" um die Übersendung des Entwurfs bittet und diesen dann seinerseits verwendet, rechtfertigt diese Annahme nicht.

 

Normenkette

KostO § 145 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Aktenzeichen 4 T 704/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird die gegen ihn gestellte Kostenrechnung Nr. R0000866/10 vom 29.1.2010 des Notars S. aufgehoben.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.

Der Wert der Beschwerde beträgt 220,69 EUR.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 30.12.2011 hat das LG Bremen die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Kostenrechnung des Notars S. vom 29.1.2010 zurückgewiesen (Bl. 25 ff. d.A.). Gegen diesen Beschluss, zugestellt am 3.1.2012, hat der Beschwerdeführer am 3.2.2012 Beschwerde eingelegt (Bl. 30 d.A.). Das LG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 8.3.2012 nicht abgeholfen (Bl. 40 f. d.A.).

II. Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist gem. § 156 Abs. 3, Abs. 5 Satz 3 KostO i.V.m. §§ 58, 63 Abs. 1 und 3 FamFG zulässig. Sie ist auch begründet.

1. Die Entscheidung des LG ist nicht verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Vorliegend hat der Einzelrichter eine Entscheidung getroffen, ohne dass zuvor eine Übertragung auf den Einzelrichter stattgefunden hatte.

Gemäß § 156 Abs. 3, Abs. 5 Satz 3 KostO sind die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden. Zwar findet sich nur im Zusammenhang mit den Vorschriften zum Beschwerdeverfahren in § 68 Abs. 4 FamFG eine Regelung für die Übertragung auf den Einzelrichter. Es ist aber nicht anzunehmen, dass die Entscheidung des LG über die angegriffene Kostenberechnung allein der Kammer in voller Besetzung überlassen bleiben sollte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Zivilkammer wie auch sonst in der Besetzung als Einzelrichter entscheiden kann. Insoweit ist § 68 Abs. 4 FamFG entsprechend anzuwenden (Rohs, in: Rohs/Wedewer, Kostenordnung, Stand: 2010, § 156 Rz. 10). Dies entspricht auch der Rechtslage, wie sie noch unter der Geltung von § 30 Abs. 1 Satz 3 FGG bestand. Danach hätte auch der Einzelrichter - wie geschehen - entscheiden können. Eine Übertragung erfolgte allerdings erst vor der Entscheidung über die Abhilfe der Beschwerde.

Es kann allerdings dahin stehen, ob auf diese Weise der Verfahrensfehler geheilt wurde, denn der Senat hat ungeachtet dessen selbst zu entscheiden, weil das LG in der Sache schon eine Entscheidung getroffen hat und die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nicht vorliegen (§ 69 FamFG).

2. Das LG hat zu Unrecht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Erhebung einer Gebühr für die Erstellung eines Urkundenentwurfs gegeben sind. Die mit der Beschwerde erhobenen Einwände greifen durch.

Nach § 145 Abs. 1 KostO hat der Notar eine Gebühr zu erheben, wenn der Entwurf einer Urkunde erfordert wird. Gemäß § 145 Abs. 3 KostO entsteht jedenfalls eine 1,0-Gebühr nach § 145 Abs. 2 KostO auch dann, wenn der Notar auf Erfordern den Entwurf einer Urkunde für ein Rechtsgeschäft, das der notariellen Beurkundung bedarf, aushändigt, die Beurkundung aber infolge Zurücknahme des Antrags oder aus ähnlichen Gründen unterbleibt.

Diese Voraussetzungen für die Gebührenerhebung liegen hier nicht vor. Unstreitig ist der Beurkundungsauftrag nicht von dem Beschwerdeführer, sondern von der Verkäuferin, Frau E. - ggf. auch von deren Ehemann H. E. - erteilt worden. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem vom Beschwerdegegner vorgelegten E-Mail-Verkehr mit dem Beschwerdeführer. Hieraus ergeben sich zwar Fragen, die der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem angestrebten Geschäft an den Beschwerdegegner gestellt hat. Mit keinem Wort wird aber ein Beurkundungsauftrag erteilt oder auch nur in Aussicht gestellt.

Zwar ist rechtlich nichts gegen die Auffassung einzuwenden, dass Schuldner der Gebühr nach § 145 Abs. 3 KostO nicht nur derjenige sein kann, der den Auftrag zur Beurkundung erteilt hat, sondern auch ein anderer Beteiligter, wenn er den Entwurf im Sinne des Gesetzes "erfordert" und sich insoweit zum Auftraggeber des Notars macht (vgl. OLG Hamm, JurBüro 1974, 1577, 1580; BayObLG, DNotZ 1979, 632, 633 m.w.N.). Da damit ausnahmsweise ein anderer Beteiligter als der Au...

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