Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung bzw. nachträgliche Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Geschädigten bei zwischenzeitlicher Feststellung eines manipulierten Unfallgeschehens in der Hauptsache
Leitsatz (amtlich)
1. Wird nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung von Schadensersatz für einen behaupteten Verkehrsunfall im Hauptsacheverfahren das Vorliegen eines vom Geschädigten verschwiegenen manipulierten Unfallgeschehens festgestellt, dann soll das Gericht nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die erfolgte Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben, da der Geschädigte durch das Verschweigen des manipulierten Unfallgeschehens die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat.
2. Wird über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgrund einer Verzögerung durch das Gericht erst nach der Sachentscheidung in der Hauptsache entschieden, in der das Gericht entgegen den Behauptungen des Geschädigten das Vorliegen eines manipulierten Unfallgeschehens festgestellt hat, so ist in diesem Fall abweichend von allgemeinen Grundsätzen nicht mehr auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife abzustellen und es ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgrund der festgestellten Unfallmanipulation zu versagen.
Normenkette
ZPO § 124 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 7 O 1756/21) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 12.07.2023 gegen die Zurückweisung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Beschluss des Landgerichts vom 12.05.2023 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Kläger hat gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aufgrund eines Schadensgeschehens geltend gemacht, das sich nach den Behauptungen des Klägers am 23.04.2021 ... in Bremerhaven ereignet haben soll. Dabei hat der Kläger behauptet, dass es an diesem Tag zu einer Kollision des Beklagtenfahrzeugs, eines von der Beklagten zu 1. vermieteten und bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherten Leihtransporters, mit dem geparkten Klägerfahrzeug gekommen sei, wobei die Kollision von der Beklagtenseite alleine verschuldet gewesen sei. Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 22.03.2023 abgewiesen, da das Landgericht auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt ist, dass das Schadensereignis vom 23.04.2021 auf einem gestellten Unfallgeschehen beruhte. Mit Beschluss vom 14.08.2023 hat der Senat die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, nachdem der Senat zuvor mit Beschluss vom 05.07.2023 darauf hingewiesen hatte, dass der Kläger sich nicht mit Aussicht auf Erfolg gegen die Feststellungen des Landgerichts wenden könne, wonach auf der Grundlage der durch die Kammer vorgenommenen Würdigung der relevanten Indizien als erwiesen anzusehen ist, dass die geltend gemachten Beschädigungen nicht aufgrund eines Verkehrsunfalls bzw. eines schädigenden Ereignisses im Sinne eines zumindest für den Geschädigten zufälligen, nicht gezielt herbeigeführten Ereignisses erfolgten und dass das Schadensereignis für den Kläger nicht unfreiwillig war, sondern er in dieses eingewilligt hat.
Mit Beschluss vom 12.05.2023 hat das Landgericht den Antrag des Klägers vom 15.06.2022 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, der zuvor aufgrund eines Versehens des Gerichts nicht vor Abschluss der ersten Instanz beschieden worden war, zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass selbst dann, wenn dem Antragsteller bei rechtzeitiger Bescheidung Prozesskostenhilfe zu gewähren gewesen wäre, weil zum Zeitpunkt der Entscheidung Erfolgsaussichten noch bestanden, eine solche Bescheidung nach der Feststellung eines manipulierten Verkehrsunfalls nunmehr nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO unverzüglich aufzuheben gewesen wäre, da der Kläger bei Einreichung seiner Klage die manipulierte Herbeiführung des Verkehrsunfalls verschwiegen hat.
Gegen diesen ihm am 12.06.2023 zugestellten Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner sofortigen Beschwerde vom 12.07.2023, mit der er geltend macht, dass eine Täuschung durch den Kläger gar nicht vorliege und vom Gericht lediglich gemutmaßt werde. Die Entscheidung in erster Instanz habe eine Beweiserhebung erforderlich gemacht und daher sei auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlich.
Die Kammer hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 14.07.2023 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war aus den zutreffenden Gründen der angegriffenen Entscheidung sowie des Nichtabhilfebeschlusses vom 14.07.2023 zurückzuweisen.
Wie der Senat in seinen Beschlüssen vom 05.07.2023 und 14.08.2023 ausgeführt hat, hat sich der Kläger mit seiner Berufung ohne Aussicht auf Erfolg gegen die Feststellung des Landgerichts gewandt, dass das Schadensereignis vom 23.04.2021 für den Kläger nicht unfreiwillig war, sondern ...