Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Anspruch auf Nutzungsvergütung eines Ehegatten gegen das eigene nicht unterhaltsbedürftige volljährige Kind für die Nutzung des "Kinderzimmers"
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Kernpunkt der von den Ehegatten gemeinschaftlich nach § 1353 BGB zu entscheidenden Angelegenheiten ist die Ermöglichung der gegenseitigen Nutzung der Ehewohnung und des Hausrats. Daraus folgt ein Recht zur Mitbenutzung der ehelichen Wohnung und des Hausrats, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen.
2. Das (unentgeltliche) Besitzrecht eines gemeinsamen volljährigen Kindes der Ehegatten am eigenen Zimmer kann ein Elternteil deshalb nicht ohne Zustimmung des anderen beenden, auch wenn das Kind volljährig und nicht mehr unterhaltsbedürftig ist. Ein Elternteil hat daher ohne Zustimmung des anderen Elternteils keinen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsvergütung gegen das Kind.
Normenkette
BGB § 745 Abs. 2, §§ 748, 1353, 1602, 1610
Verfahrensgang
AG Bremen (Aktenzeichen 67 F 3773/18) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bremen vom 13.6.2020 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf EUR 3.604,50.
Gründe
I. Der antragstellende Vater der Antragsgegnerin begehrt von dieser eine Nutzungsentschädigung für eine von ihm angemietete und der Antragsgegnerin anteilig zur Verfügung gestellten Dachgeschosswohnung.
Das von dem Antragsteller, seiner Ehefrau sowie den (inzwischen vier) gemeinsamen Kindern bewohnte Haus besteht aus insgesamt vier Wohnungen, die auf vier Etagen verteilt sind. Als die im Alleineigentum des Antragstellers stehenden und von der Familie zuvor bewohnten drei Wohnungen im Souterrain, dem Erdgeschoss sowie der ersten Etage für die Familie zu eng wurden, mietete der Antragsteller ab 1999 die nicht in seinem Eigentum stehende Dachgeschosswohnung, bestehend aus zwei Zimmern, einer Küche, einer Diele, einer Dusche, einem Gäste-WC sowie einem Kelleranteil, an. Diese wurde fortan im Wesentlichen von der am 02.10.1998 geborenen Antragsgegnerin sowie deren am 28.05.2002 geborenen Bruder X. genutzt.
Die Kaltmiete beträgt seit Juli 2017 monatlich EUR 565,00 zuzüglich einer Vorauszahlung auf die Betriebskosten in Höhe von EUR 75,00. Zusätzlich fallen für Heizung und Strom weitere EUR 165,00 monatlich an.
Zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin besteht seit Längerem Streit darüber, welchen Ausbildungsweg die Antragsgegnerin einschlagen soll/möchte. Insbesondere ist der Antragsteller nicht dazu bereit, die von der Antragsgegnerin angestrebte und zwischenzeitlich im September 2018 aufgenommene Schauspielausbildung [...] zu finanzieren. Im Februar/März 2017 erhielt die Antragsgegnerin auf ihre Bewerbung die Zusage der A.-Universität zu September 2017.
Zum 31.7.2017 beendete die Antragsgegnerin ihre allgemeine Schulausbildung. Die von dem Antragsteller zur Verfügung gestellte Wohnung bewohnte sie weiterhin. Wegen der bestehenden "Unruhe" in der Familie, der von dem Antragsteller abgelehnten Finanzierung der Ausbildung sowie dem Wunsch der Antragsgegnerin, noch ein Jahr "frei" zu machen und zu schauen, ob das Studium tatsächlich das Richtige für sie sei, verschob die Antragsgegnerin den Studienbeginn auf September 2018. Ab August 2017 arbeitete sie in Teilzeit in der Gastronomie, wobei der hieraus erzielte Verdienst zwischen den Beteiligten streitig ist. Während dieser Zeit versorgte die Mutter der Antragsgegnerin diese weiterhin mit Lebensmitteln und weiterem Lebensbedarf.
Mit Schreiben vom 26.11.2017 verlangte der Antragsteller von der Antragsgegnerin für die anteilige Nutzung der von ihm angemieteten Dachgeschosswohnung einen "Miet-ANTEIL" in Höhe von EUR 400,50 monatlich ab 01.12.2017.
Unter dem 4.4.2018 forderte der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers die Antragsgegnerin unter Fristsetzung zum 13.4.2018 zur Zahlung der bis dahin rückständigen Miete aus einem "Untermietverhältnis" für die Monate Dezember 2017 bis April 2018 in Höhe von EUR 2.002,50 auf.
Seit September 2018 lebt die Antragsgegnerin in A. Die verfahrensgegenständliche Wohnung ist nach wie vor angemietet und wird von dem Bruder der Antragsgegnerin bewohnt. Das zuvor von der Antragsgegnerin bewohnte Zimmer steht dieser weiterhin zur Verfügung, wenn diese zu Besuch kommt. Die Mutter der Antragsgegnerin und Ehefrau des Antragstellers ist nicht damit einverstanden, dass der Antragsteller von der Antragsgegnerin die streitgegenständliche Nutzungsentschädigung verlangt. Seit April 2018 leben der Antragsteller und seiner Ehefrau voneinander getrennt.
Der Antragsteller hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, für die Nutzung der verfahrensgegenständlichen Dachgeschosswohnung für den Zeitraum vom 3.12.2017 bis einschließlich 31.8.2018 eine Nutzungsentschädigung in Höhe von insgesamt EUR 3.604,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1...