Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollmachtlose Vertretung für eine nicht existierende (verstorbene) natürliche Person; Anwendung deutschen Rechts für die Abwicklung des in Deutschland belegenen Grundstücks aus dem Nachlass einer Erblasserin mit gewöhnlichem Aufenthalt im Vereinigten Königreich

 

Leitsatz (amtlich)

Ein vollmachtloser Vertreter kann nicht für eine im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung bereits verstorbene Person auftreten, so dass die Erben diese Erklärung auch nicht genehmigen können.

 

Normenkette

BGB §§ 177, 179; EU-ErbVO Art. 20-21, 34

 

Verfahrensgang

AG Bremerhaven (Aktenzeichen Lehe-Nord Bl. 167)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bremerhaven - Grundbuchamt - vom 17.02.2020 wird soweit es die Antragstellerin zu 5) betrifft als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

Der Wert der Beschwer wird für den Antrag auf Eintragung einer Grundschuld auf EUR 150.000,- und für den Antrag auf Eintragung einer Vormerkung auf EUR 140.000,- festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller haben die Eintragung einer Grundschuld sowie - die Antragsteller zu 1- 5) - die Eintragung einer Auflassungsvormerkung beantragt.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 25.10.2019 (UR-Nr..... des Notar Y) haben die Antragsteller zu 1-4) ein in Bremerhaven gelegenes Grundstück erworben. Die Antragstellerin zu 5) war am 14.3.2019 verstorben, d.h. sie lebte im Zeitpunkt der Beurkundung des Kaufvertrages nicht mehr. Sie war britische Staatsangehörige (England und Wales). Während der Beurkundung hat einer der übrigen Teileigentümer die Veräußerungserklärungen als vollmachtloser Vertreter für die Antragstellerin zu 5) abgegeben.

Unter dem 01.08.2019 war mit Urkunde des High Court of Justice England and Wales (Oxford), Herr Z zum "administrator" des Nachlasses der Antragstellerin zu 5) bestellt worden. Dieser hat mit notariell beglaubigter Erklärung vom 24.01.2020 die mit der Urkunde vom 25.10.2019 (UR-Nr. des Notar Y) beurkundete Erklärung des vollmachtlosen Vertreters genehmigt.

Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 17.02.2020 die Eintragung abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass angesichts des in England geltenden Grundsatzes der Nachlassspaltung für das in Deutschland befindliche unbewegliche Vermögen deutsches Recht gelte. Der Administrator könne in diesem Fall nicht auftreten. Erforderlich sei deshalb die Zustimmung der Erben der Frau X unter Vorlage eines gegenständlich beschränkten Erbscheins.

Gegen diese Zwischenverfügung haben die Antragsteller am 27.02.2020 Beschwerde eingelegt. Sie verweisen darauf, dass nach Art. 3 Nr. 1 lit.e. EGBGB das anwendbare Recht ausschließlich nach der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (im Folgenden: EU-ErbVO) zu ermitteln sei. Mangels Rechtswahl der Erblasserin bestimme sich das anwendbare Recht gem. Art. 21 Abs. 1 EU-ErbVO nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort der Verstorbenen. Da diese in England gelebt habe, sei englisches Recht anzuwenden. Gem. Art. 23 Abs. 2 lit. f. EU-ErbVO sei das ermittelte Recht auch auf die Rechte der Nachlassverwalter insbesondere im Hinblick auf die Veräußerung von Vermögen anzuwenden. Gem. Art. 34 Abs. 1 EU-ErbVO komme es nur zu einer Rückverweisung, wenn das anzuwendende Recht auf das Recht eines Drittstaates hinweise. Da das Vereinigte Königreich noch Mitglied der Europäischen Union sei, müsse es noch als EU-Mitgliedsstaat behandelt werden. Eine Rückverweisung auf das deutsche Recht erfolge daher nicht.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Hanseatischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Es hat zur Begründung angegeben, die Vorschriften EU-ErbVO fänden keine Anwendung, weil das Vereinigte Königreich während seiner EU-Mitgliedschaft kein Mitgliedsstaat im Sinne der EU-ErbVO gewesen sei.

II. Die Beschwerde ist statthaft.

Der Senat versteht die vom Notar eingelegte Beschwerde so, dass sie nicht in seinem Namen sondern im Namen der Antragsteller, d.h. der Verkäufer und für die Grundschuld auch für die Gläubigerin (die ebenfalls den Antrag auf Eintragung gestellt hat) eingelegt worden ist. Die Beschwerde ist allerdings unzulässig, soweit sie auch für die Antragstellerin zu 5) eingelegt worden sein soll. Die Antragstellerin zu 5) (im Folgenden: Verkäuferin zu 5) ist bereits seit dem 14.3.2019 verstorben und damit nicht parteifähig.

Im Übrigen ist die Beschwerde zulässig. Sie ist aber nicht begründet.

Das Grundbuchamt hat im Ergebnis zu Recht die Eintragung abgelehnt.

Nach Auffassung des Senats liegt für beide Anträge schon keine wirksame Eintragungsbewilligung gem. § 19 GBO vor. Auf den Kaufvertrag ist - trotz Beteiligung ausländischer - englischer - Verkäufer - gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. c. Rom I-VO...

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