Verfahrensgang

LG Bremen (Aktenzeichen 13 O 77/12, 13 O 79/12, 13 O 83/12, 13 O 84/12 und 13 O 85/12)

 

Tenor

Der Antrag festzustellen, dass die beim LG Bremen unter den Aktenzeichen 13 O 77/12, 13 O 79/12, 13 O 83/12, 13 O 84/12 und 13 O 85/12 erhobenen Klagen (jetzt zur gemeinsamen Entscheidung und Verhandlung verbunden; führendes 13 O 77/12) gegen die Wirksamkeit des Beschlusses der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 28.2.2012 zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre und zur Übertragung ihrer Aktien auf die Z. GmbH der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister des satzungsgemäßen Sitzes der Antragstellerin nicht entgegen stehen, wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention; diese trägt die Nebenintervenientin.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt mit dem am 16.5.2012 beim erkennenden Gericht eingegangenen Antrag gem. §§ 327a, 327e Abs. 2, 319 Abs. 6 AktG die Feststellung, dass die im Tenor genannten Anfechtungsklagen der Eintragung eines Hauptversammlungsbeschlusses der Antragstellerin vom 28.2.2012 über ein Squeeze-out im Handelsregister nicht entgegenstehen.

Die Antragstellerin ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Bremen (AG Bremen, HRB 4711). Ihr Grundkapital ist in insgesamt 70.000.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien zu je EUR 1 eingeteilt. Die Z. GmbH (im Folgenden: Z. GmbH) als Mehrheitsgesellschafterin hielt seit längerem 79,51 % der Aktien (= 55.657.000 Stück). Alleingesellschafter der Z. GmbH ist Herr Kurt Z., der im September 2009 Eigentümer von insgesamt 9.772.420 Aktien der Antragstellerin (= 13,96 %) war. Weitere 3.367.185 Aktien (= 4,81 %) waren im Eigentum von Frau Edeltraut Z., welche diese vor dem 19.7.2011 an Herrn Kurt Z. übereignete.

Dieser schloss am 19.7.2011 mit der Z. GmbH einen sog. "Aktienleihvertrag", mit welchem die GmbH die Aktien von Herr Z von nunmehr 13.139.605 Stück "übernommen und zu Eigentum erworben" haben will. Der Vertrag endet frühestens mit Ablauf des 31.12.2012 (im Falle einer Kündigung mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten) und verlängert sich um ein Jahr, sofern nicht zuvor mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt wird.

Mit Schreiben vom 16.1.2012 verlangte die Z. GmbH von der Antragstellerin unter Hinweis auf ihre Aktienmehrheit von 98,28 % die Einberufung einer Hauptversammlung gem. § 327a Abs. 1 AktG und bot auf der Grundlage einer Begutachtung durch die Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eine Barabfindung von EUR 1,72 je EUR 1 Anteil am Grundkapital an. Zu der Hauptversammlung der Antragstellerin am 28.2.2012 wurde am 20.1.2012 durch Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger eingeladen.

Zuvor hatte der vom LG Bremen gem. § 327c Abs. 2 Satz 3 AktG mit Beschluss des LG Bremen vom 17.8.2011 (zu 11 OH 1/11) bestellte gerichtliche Sachverständige Dr. Matthias S. und Partner mit Prüfungsbericht vom 17.1.2012 die vom Hauptaktionär angebotene Barabfindung als nicht angemessen eingeschätzt und dabei eine "realistische" Wertbandbreite von EUR 2,29 bis 4,11 je Aktie angegeben. Diese Begutachtung bestätigte der Sachverständige am 27.2.2012 für den 28. oder 29.2.2012 als neuen Stichtag und gab nunmehr die realistische Wertuntergrenze mit EUR 2,36/Aktie sowie die Wertobergrenze mit EUR 4,24/Aktie an.

Auf der Hauptversammlung vom 28.2.2012 gab es nach einer Abstimmung über die Abberufung des Versammlungsleiters (Nein-Stimmen 68.798.383 bei 95.817 Ja-Stimmen) die Abstimmung über den Squeeze-out-Beschluss mit 68.798.383 Ja-Stimmen (= 99,31 %) und 478.347 Nein-Stimmen (= 0,69 %). Für die Z. GmbH erfolgte die Stimmabgabe zur Stimmkarte 94 durch Herrn Jürgen R. aufgrund einer angeblichen Legitimationszession i.S.d. § 129 Abs. 3 AktG. Die Antragsgegner erhoben zu Protokoll der Niederschrift Widerspruch.

Es sind sodann beim LG Bremen von den Antragsgegnern zu den Aktenzeichen 13 O 77/12 (Antragsgegner zu 1.), 13 O 79/12 (Antragsgegner zu 2. und zu 3.), 13 O 83/12 (Antragsgegnerin zu 4.), 13 O 84/12 (Antragsgegnerin zu 5.) und 13 O 85/12 (Antragsgegner zu 6. und zu 7.) Anfechtungsklagen gegen den Hauptversammlungsbeschluss eingereicht worden. Das LG hat die Klagen mit Beschluss vom 22.5.2012 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden; führend ist das Verfahren 13 O 77/12.

In den Klagen werden u.a. folgende Anfechtungsgründe geltend gemacht:

Das Barangebot sei von vornherein nach dem Gutachten des vom Gericht bestellten Sachverständigen zu niedrig gewesen; es fehle ein "Angemessenheitsattest" des gerichtlich bestellten Sachverständigen. Die Eigentumsverhältnisse hinsichtlich der Aktien der Hauptaktionärin seien unklar. Der Aktienleihvertrag weise Mängel auf, was näher erläutert wird. Die Verwendung der Aktienleihe zwecks Ermöglichung des Squeeze-out sei rechtsmissbräuchlich.

Herr Z. habe gegen Mitteilungspflichten nach den §§ 21, 22 WpHG verstoßen. Herr Jürgen R. sei im Hinblick auf die Rechtsprechung des KG (s. KG AG 2010, 167) als in der Ha...

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