Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindesunterhalt: Wirksamkeit des Abschlusses von Rückübertragungsvereinbarungen durch Mitarbeiter des Jobcenters zur gerichtlichen Geltendmachung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Übertragung von Aufgaben, deren ordnungsgemäße Erfüllung eine bestimmte Vollmacht erfordert, enthält regelmäßig stillschweigend zugleich eine entsprechende Bevollmächtigung.

2. Ein Jobcenter-Mitarbeiter, dem die Tätigkeit als "Sachbearbeiter für Unterhaltsheranziehung im Bereich SGB II" übertragen worden ist, handelt daher beim Abschluss von Rückübertragungsvereinbarungen zur gerichtlichen Geltendmachung gemäß § 33 Abs. 4 S. 1 SGB II regelmäßig mit der erforderlichen Vertretungsmacht.

 

Normenkette

BGB § 167 Abs. 1; SGB II § 33 Abs. 4 S. 1, § 44d Abs. 1, § 44d S. 2

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Beschluss vom 17.06.2016; Aktenzeichen 69 F 1273/15)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 17.06.2016 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um Kindesunterhalt.

Der am [...] 2014 geborene Antragsteller ist der nichteheliche Sohn des Antragsgegners. Er lebt bei der Kindesmutter.

Der Antragsgegner ist bei der Firma X. beschäftigt und hat im Jahre 2015 ausweislich der Verdienstabrechnung für den Monat Dezember 2015 ein Gesamtbruttoeinkommen i.H.v. 28.524,10 EUR erzielt, woraus sich ein Gesamtnettoeinkommen von 18.458,44 EUR (monatlich 1.538,20 EUR) errechnet. Im Jahr 2014 betrug sein Gesamtbruttoeinkommen ausweislich der Verdienstabrechnung für den Monat Dezember 2014 insgesamt 27.624,90 EUR, was zu einem Nettoeinkommen von 18.060,53 EUR (monatlich 1.505,04 EUR) führte.

Der Antragsteller hat den Antragsgegner mit Schreiben vom 16.12.2014 zur Auskunftserteilung über seine Einkünfte aufgefordert. Mit Antragsschrift vom 2.3.2015, dem Antragsgegner zugestellt am 8.7.2015, hat der Antragsteller einen auf Geltendmachung von Kindesunterhalt gerichteten Stufenantrag beim AG Bremen anhängig gemacht. Das AG Bremen hat den Antragsgegner mit (Teil-) Versäumnisbeschluss vom 28.07.2015 zur Auskunftserteilung über seine Einkünfte verpflichtet.

Mit Schriftsatz vom 21.12.2015, dem Antragsgegner zugestellt am 20.01.2016, hat der Antragsteller im Rahmen der Zahlungsstufe beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an den Antragsteller einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 110 % des Mindestunterhalts der Düsseldorfer Tabelle der jeweiligen Altersgruppe unter Verrechnung des Kindergeldanteils, jeweils zahlbar zum Ersten eines Monats, zu zahlen, derzeit entsprechend einem Zahlbetrag von 269 EUR; sowie einen rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit vom 1.12.2014 bis zum 31.12.2015 i.H.v. 3.401 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz zu zahlen.

In der nicht-öffentlichen Sitzung des AG vom 27.5.2016 hat der Antragsteller seinen Antrag insoweit zurückgenommen, als er nur noch laufenden Unterhalt i.H.v. 100 % des Mindestunterhalts, Zahlbetrag 240 EUR, und für den Zeitraum vom 1.12.2014 bis 31.05.2016 rückständigen Unterhalt i.H.v. 4.180 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangt hat.

Der Antragsgegner hat beantragt, die Anträge abzuweisen.

Mit dem angefochtenen (Schluss-)Beschluss vom 17.06.2016 hat das Familiengericht den Antragsgegner verpflichtet, an den Antragsteller ab 1.6.2016 Kindesunterhalt i.H.v. 100 % des Unterhalts nach der Düsseldorfer Tabelle in der jeweiligen Altersgruppe unter hälftiger Anrechnung des Kindergeldes, derzeit Zahlbetrag i.H.v. 240 EUR, sowie rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit vom 01.12.2014 bis zum 31.05.2016 i.H.v. 4.180 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Betrag i.H.v. 2.980 EUR seit dem 20.01.2016 und auf einen Betrag i.H.v. 1.200 EUR seit dem 28.05.2016 zu zahlen.

Gegen diese, seinem Verfahrensbevollmächtigten am 01.07.2016 zugestellte Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 01.08.2016 beim AG eingegangenen Beschwerde, mit welcher er geltend macht, nicht leistungsfähig zu sein. Im Hinblick auf den rückständigen Unterhalt bestreitet der Antragsgegner zudem vor dem Hintergrund des Sozialleistungsbezugs des Antragstellers dessen Aktivlegitimation bzw. Befugnis, Zahlung an sich selbst verlangen zu können.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss des AG abzuändern und den Antrag abzuweisen

Der Antragsteller beantragt unter Verteidigung des angefochtenen Beschlusses, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die gemäß § 58 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Familiengericht dem Antragsgegner gemäß §§ 1601, 1603 Abs. 2 S. 1, 1612a BGB auferlegt, an den Antragsteller, seinen minderjährigen Sohn, Kindesunterhalt in Höhe des gesetzlichen Mindestunterhalts abzüglich des jeweiligen hälftigen Kindergeldes zu zahlen.

1. Der Antragsgegner ist für den geltend gemachten Mindestunterhalt leistungsfähig.

a) E...

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