Leitsatz (amtlich)
1. Der Notar darf eine Verwahrungsgebühr gem. § 149 Abs. 1 KostO nur dann beanspruchen, wenn hierfür ein "berechtigtes Sicherungsinteresse" der am Verwahrungsgeschäft beteiligten Personen besteht (§ 54a Abs. 2 Nr. 1 BeurkG). Da sich die Sicherung der Erfüllung der wechselseitigen Vertragspflichten bei einem notariellen Kaufvertrag grundsätzlich auch durch eine Vertragsgestaltung mit direkter Kaufpreiszahlung erreichen lässt, müssen im Einzelfall besondere weitere Umstände vorliegen, die den grundsätzlich sicheren Weg einer direkten Kaufpreiszahlung ausnahmsweise als nicht sicher genug erscheinen lassen, um das "berechtigte Sicherungsinteresse" für eine Verwahrungstätigkeit des Notars bejahen zu können.
2. Ein "berechtigtes Sicherungsinteresse" für eine notarielle Verwahrungstätigkeit besteht - ohne Hinzutreten weiterer besonderer Umstände - dann nicht, wenn die von den Käufern abzulösenden Grundschulden ohne Finanzierung gelöscht werden können, obwohl der Nennbetrag der zu löschenden Grundpfandrechte den Kaufpreis übersteigt, der Verkäufer vor der Vertragsbeurkundung den Notar jedoch darauf hingewiesen hat, dass die Grundpfandrechte mit einem niedrigeren Betrag valutieren als der zu zahlende Kaufpreis.
Verfahrensgang
LG Bremen (Beschluss vom 02.12.2003; Aktenzeichen 8 T 254/03) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beschwerdeführer wird die Kostenberechnung des Beschwerdegegners vom 19.2.2003 - über die mit Beschluss des LG Bremen - 8. Zivilkammer - vom 3.12.2003 rechtskräftig erkannten Änderungen hinaus - dahin geändert, dass die Gebühr für die treuhänderische Verwaltung des auf Notaranderkonto hinterlegten Kaufpreises, Wert: 649.795,93 Euro, gem. § 149 KostO zur Summe von 1.927,91 Euro (= 1.661,99 Euro + 16 % Mehrwertsteuer) entfällt, und insoweit lediglich eine Gebühr gem. § 147 Abs. 2 KostO i.H.v. 178,50 Euro zzgl. Mehrwertsteuer (= 207,06 Euro) angesetzt wird, so dass der Gesamtbetrag der Kostenberechnung Euro 3.096,84 Euro (= 4.817,69 - 1.927,91 + 207,06) beträgt und von den Beschwerdeführern noch 596,84 Euro zu zahlen sind.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die befristete weitere Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des LG Bremen - 8. Zivilkammer - vom 3.12.2003 ist kraft Zulassung durch das LG (§ 156 Abs. 2 S. 2 KostO) zulässig. Sie ist auch begründet.
Mit der weiteren Beschwerde verfolgen die Beschwerdeführer ihren - bei dem LG ohne Erfolg gebliebenen - Antrag weiter, die Kostenberechnung des Beschwerdegegners vom 19.2.2003 (Bl. 3 d.A.) dahin abzuändern, dass die von dem Notar festgesetzte Gebühr für die treuhänderische Verwaltung des auf Notaranderkonto hinterlegten Kaufpreises nach einem Wert von 649.795,93 Euro gem. § 149 KostO i.H.v. 1.661,99 Euro nebst Mehrwertsteuer entfällt und insoweit lediglich eine Gebühr gem. § 147 Abs. 2 KostO i.H.v. 178,50 Euro zzgl. Mehrwertsteuer für die Mitteilung der Kaufpreisfälligkeit angesetzt wird.
Der Antrag der Beschwerdeführer ist begründet, da der Beschwerdegegner bei dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt die in Ansatz gebrachte Verwahrungsgebühr gem. § 149 Abs. 1 KostO nicht beanspruchen darf, weil die Verwahrungstätigkeit bei richtiger Behandlung der Sache nicht angefallen wäre und der Notar deshalb (§ 16 Abs. 1 S. 1 KostO) für eine solche Tätigkeit eine Gebühr nicht berechnen darf, sondern lediglich eine Gebühr gem. § 147 Abs. 2 KostO.
1. Nach § 54a Abs. 2 Nr. 1 BeurkG, der - wie die übrigen Regelungen der §§ 54a-e BeurkG - durch Gesetz vom 31.8.1998 (BGBl. I, 2585) eingefügt worden ist, - darf der Notar Geld zur Verwahrung nur entgegennehmen, wenn hierfür ein "berechtigtes Sicherungsinteresse" der am Verwahrungsgeschäft beteiligten Personen besteht.
Daran fehlt es vorliegend.
1.1. Die Neufassung des § 54a Abs. 2 Nr. 1 BeurkG soll einer formularmäßig vorgesehenen Verwahrung entgegenwirken (BT-Drucks. 13/4184, 37; Arndt/Lerch/Sandkühler, Komm. zur BNotO, 5. Aufl. 2003, § 23 Rz. 39; Winkler, Komm. zum BeurkG, 15. Aufl. 2003, § 54a Rz. 11). Die notarielle Verwahrung soll vielmehr auf solche Fälle beschränkt werden, in denen sie tatsächlich notwendig ist, um das von den Beteiligten erstrebte Ziel zu erreichen (Arndt/Lerch/Sandkühler, ebenda). Entgegen einer verbreiteten früheren Praxis soll die Verwahrung bei Grundstücksgeschäften nicht mehr die Regel, sondern die Ausnahme sein (Arndt/Lerch/Sandkühler, Komm. zur BNotO, 5. Aufl. 2003, § 23 Rz. 40).
Ob ein "berechtigtes Sicherungsinteresse" der Beteiligten i.S.d. § 54a Abs. 2 Nr. 1 BeurkG im Einzelfall gegeben ist, bestimmt sich allein nach objektiven Kriterien; der bloße einvernehmliche Wunsch der Beteiligten nach einer Verwahrung genügt nicht (Winkler, Komm. zur BNotO, 5. Aufl. 2003, § 23 Rz. 10; Arndt/Lerch/Sandkühler, Komm. zur BNotO, 5. Aufl. 2003, § 23 Rz. 40; Eylmann/Vaasen-Hertel, Komm. zum BeurkG, § 54a Rz. 4).
Da sich die Sicherung der Erfüllung der wechselseitigen Vertragspflichten bei einem Kaufvertrag grunds...