Entscheidungsstichwort (Thema)

Auswahlermessen des Familiengerichts bei der Ergänzungspflegschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Das Familiengericht kann im Rahmen seiner Ermessensausübung bei der Auswahl des Ergänzungspflegers bei fachlich gleicher Eignung zugunsten eines Außenstehenden eine Entscheidung gegen die von dem antragstellenden Elternteil vorgeschlagene Person treffen.

 

Normenkette

BGB § 1779 Abs. 2 S. 1, §§ 1909, 1916

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Beschluss vom 02.08.2012; Aktenzeichen 63 F 1323/12)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 2.8.2012 wird zurückgewiesen.

2. Der Kindesvater trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 100.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kindesvater hat für die Übertragung seines im Grundbuch des AG Bremen von [...] verzeichneten Grundbesitzes (Miteigentum und Sondereigentum) auf seinen am [...]1996 geborenen Sohn [...] die Bestellung eines Ergänzungspflegers beantragt. Insoweit hat er vorgeschlagen, Herrn B. zu bestellen.

Das AG - Familiengericht - Bremen hat mit Beschluss vom 2.8.2012 für das betroffene Kind Ergänzungspflegschaft angeordnet, zur Ergänzungspflegerin jedoch in Abweichung zu dem Vorschlag des Kindesvaters Frau Rechtsanwältin A. bestellt. In seinem Schreiben vom 20.8.2012 an den Kindesvater hat das AG ausgeführt, bei vorgeschlagenen Personen handele es sich meist um solche aus dem Bekanntenkreis. Für Personen, die aus dem Bekanntenkreis der Eltern stammen, sei es meist schwierig, die erforderliche Unabhängigkeit aufzubringen und ausschließlich die Interessen des Kindes zu verfolgen.

Gegen diesen ihm am 7.8.2012 zugestellten Beschluss hat der Kindesvater mit am 14.8.2012 eingegangenem Schreiben vom 14.8.2012 Beschwerde eingelegt. Mit seiner Beschwerde macht er geltend, die von ihm vorgeschlagene Person sei als pensionierter Verwaltungsmitarbeiter und ehemaliger Schöffenrichter für das Amt des Ergänzungspflegers geeignet. Aus Kostengründen sei die Bestellung der Rechtsanwältin nicht zu akzeptieren.

II. Die Beschwerde des Kindesvaters ist gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 58 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Der Kindesvater ist als Vertragspartei von der Vertretung seines minderjährigen Sohnes beim Abschluss des Grundstücksübertragungsvertrages gem. §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 2, 181 BGB ausgeschlossen, so dass eine Ergänzungspflegschaft nach § 1909 BGB einzurichten war. Dies wird von dem Kindesvater nicht angegriffen. Er beanstandet jedoch die von dem AG getroffene Auswahl des Ergänzungspflegers.

Auf die Ergänzungspflegschaft finden grundsätzlich die für die Vormundschaft geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Allerdings gelten nach § 1916 BGB nicht die Vorschriften über die Berufung zur Vormundschaft (§§ 1776 bis 1778 BGB), sondern § 1779 BGB (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 27.3.2002, FamRZ 2003, 117; OLG Köln, Beschluss vom 24.2.2011, FamRZ 2011, 1305). Nach § 1779 Abs. 2 S. 1 BGB soll das Familiengericht eine Person auswählen, die nach ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie nach den sonstigen Umständen zur Führung der Pflegschaft geeignet ist. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die vom Kindesvater benannte Person fachlich nicht geeignet wäre. Entsprechende Zweifel werden auch von Seiten des Familiengerichts nicht angeführt. Jedoch steht dem Familiengericht bei der Auswahl des Ergänzungspflegers ein gewisses Auswahlermessen zu, das bei seiner Entscheidung auch Gesichtspunkte zulässt, die die Abwägung bei fachlich gleich geeigneten Personen gegen die Familienangehörigen und für eine objektive, außenstehende dritte Personen zulässt (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 24.2.2011, FamRZ 2011, 1305). Entsprechendes muss in Bezug auf eine von dem antragstellenden Elternteil vorgeschlagene Person aus dem Bekanntenkreis gelten. Insbesondere folgt aus dem Zweck des § 1916 BGB, dass in seinem Anwendungsbereich (§ 1909 BGB) zu Lebzeiten der Eltern kein aus der elterlichen Sorge herzuleitendes Benennungsrecht besteht (vgl. Schwab in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 1916 Rz. 2). Das Familiengericht hat bei seiner Auswahl daher das ihm zustehende Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt, indem es mit der ausgewählten Rechtsanwältin eine außenstehende Person gewählt und als Kriterium für die Auswahl auf Zweifel an der Neutralität der vom Kindesvater vorgeschlagenen Person abgestellt hat. Die durch das Familiengericht ausgewählte Person ist als Rechtsanwältin in Bezug auf das vorzunehmende Grundstücksübertragungsgeschäft offensichtlich in gleicher Weise wie die vom Kindesvater vorgeschlagene Person fachlich geeignet, das Amt des Ergänzungspflegers für das betroffene Kind auszuüben.

Der Kindesvater kann der von dem Familiengericht vorgenommenen Auswahl nicht die Entstehung höherer Kosten entgegenhalten. Bei der Auswahl des Ergänzungspflegers haben Kostengesichtspunkte zurückzutreten, wenn vorrangige Gesichtsp...

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