Entscheidungsstichwort (Thema)

Auswahlermessen des Familiengerichts bei der Bestellung eines Ergänzungspflegers nach § 1779 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Familiengericht steht bei der Auswahl des Ergänzungspflegers ein gewisses Auswahlermessen zu, das bei seiner Entscheidung auch Gesichtspunkte zulässt, die die Abwägung bei fachlich gleich geeigneten Personen gegen die Familienangehörigen und für eine objektive, außenstehende dritte Person erlaubt.

Im Wegen der Überprüfung der amtsgerichtlichen Entscheidung hat das Beschwerdegericht diese nur auf Ermessensfehler bei der Ermessensausübung zu überprüfen. Kommt das Beschwerdegericht aufgrund pflichtgemäßer Ermessensausübung zu einem vertretbaren Ergebnis, kann dies nicht erfolgreich beanstandet werden und rechtfertigt keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

 

Normenkette

BGB §§ 1776-1779, 1916

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Beschluss vom 24.01.2011; Aktenzeichen 457 F 56/10)

 

Tenor

Die als Beschwerde zu wertende "sofortige Beschwerde" des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bonn vom 24.1.2011, mit welchem der Rechtspfleger bezüglich des beteiligten Kindes K. S. Ergänzungspflegschaft gem. § 1909 BGB mit dem Aufgabenkreis "Vertretung beim Abschluss des Grundstücksübertragungsvertrages des Notar Dr. L. vom 11.12.2010, UR-Nr. 24747/2010, angeordnet und als Ergänzungspfleger Herrn W. C., U. 00, XXXXX D. ausgewählt hat, wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. §§ 3 Nr. 2a), 11 Abs. 1 RPflG, 58, 59, 61, 63, 64, 111 Nr. 2, 151 Nr. 5 FamFG zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - Beschwerde des antragstellenden Kindesvaters hat in der Sache keinen Erfolg. Das Familiengericht hat das ihm zustehende Auswahlermessen bei der Auswahl mehrerer in Betracht kommender Ergänzungspflegern nicht fehlerhaft ausgeübt.

Der antragstellende Kindesvater ist nach §§ 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1, 1680 Abs. 1 BGB als alleiniger Inhaber der elterlichen Sorge und als Vertragspartei von der Vertretung seines minderjährigen Sohnes gem. §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit der Begründung ausgeschlossen, dass eine neutrale, objektive Person als Ergänzungspfleger bestellt werden müsse. Die Heranziehung verwandter Personen könne deswegen nicht erfolgen, weil eine objektive Prüfung erforderlich sei und jegliche auch unbeabsichtigte Benachteiligung zu vermeiden sei. Zudem handele es sich um einen anspruchsvollen und verschachtelten Grundstücksübertragungsvertrag.

Der antragstellende Kindesvater wehrt sich dem Grunde nach nicht gegen die Bestellung eines Ergänzungspflegers. Er vertritt jedoch die Auffassung, dass keine durchgreifenden Gründe vorliegen, wonach entgegen seinem Vorschlag statt seiner von ihm benannten Schwester, Frau Dr. V. H. A. E. M., hilfsweise seines Schwagers und Ehemannes seiner Schwester, Herrn Rechtsanwalt E. H. E. Rechtsanwalt W. C. zum Ergänzungspfleger bestellt worden sei. So unterstelle das Familiengericht, dass unter Familienangehörigen eine objektive Behandlung der Angelegenheit nicht gegeben sei. Diese würden bei dieser Verfahrenspraxis grundsätzlich von der Bestellung als Ergänzungspfleger ausgeschlossen, was zu einem Verstoß gegen Art. 6 GG führe. Denn grundsätzlich seien Familienangehörige bei der Auswahl von Vormund oder Pflegschaft bevorzugt zu berücksichtigen. Dies gelte nur dann nicht, wenn im Falle von Interessenkollisionen oder sonstigen schwerwiegenden Gründen die Auswahl aus einem Kreis fremder Personen notwendig werde. Dies sei vorliegend aber gerade nicht der Fall. Hier komme hinzu, dass der hilfsweise benannte Onkel als Rechtsanwalt neutrales Organ der Rechtspflege sei. Es dränge sich der Verdacht auf, dass das Gericht seine erforderliche Rechtsprüfung ersatzlos auf einen bestellten und bezahlten Anwalt auslagern wolle. Das stehe aber nicht im Einklang mit der gesetzgeberischen Vorstellung.

Die vorgebrachten Beschwerdegründe vermögen nicht zu überzeugen. Auf die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft finden grundsätzlich die für die Vormundschaft geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Jedoch gelten für die Auswahl des Ergänzungspflegers nach § 1916 BGB nicht die Vorschriften der §§ 1776 bis 1778 BGB. Vielmehr findet § 1779 BGB Anwendung. Danach können und sollen auch Familienangehörige bestellt werden, wenn dies sachgerecht erscheint.

Bei der Auswahl ist aber entscheidend darauf abzustellen, dass die ausgewählte Person nach ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie nach den sonstigen Umständen zur Führung der Vormundschaft geeignet ist (§ 1779 Abs. 2 Satz 1 BGB). Zweifel, dass die vom Kindesvater benannten Personen fachlich nicht geeignet wären, sind nicht ersichtlich, werden vom Familiengericht auch gar nicht angeführt. Jedoch steht dem Familiengericht bei der Auswahl des Ergänzungspflegers ein gewisses Auswahlermessen zu, das bei seiner Entscheidung auch Gesichtspunkte zulässt, die die Abwägung bei fachlich gleich geeigneten Personen gegen die Familienangehörigen u...

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