Leitsatz (amtlich)
Entsteht ein Anspruch auf Trennungsunterhalt gem. § 1361 BGB dadurch, dass die Ehefrau die bisher ausgeübte Erwerbstätigkeit wegen der Geburt eines Kindes, das nicht von ihrem Ehemann abstammt, aufgibt, so tritt der Anspruch auf Trennungsunterhalt hinter einem gleichzeitig bestehenden Anspruch aus § 1615l BGB zurück.
Verfahrensgang
AG Bremen (Beschluss vom 25.11.2003; Aktenzeichen 68 F 1946/03) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG – FamG – Bremen vom 25.11.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Ihre Rechtsverfolgung bietet auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 114 ZPO.
Soweit die Antragstellerin den Antragsgegner auf Deckung ihres eheangemessenen Bedarfs in Anspruch nimmt, weil sie der Ansicht ist, keinen Anspruch gegen den leiblichen Vater ihres Kindes J. aus § 1615l BGB zu haben, gilt Folgendes:
Das Vaterschaftsanerkenntnis des leiblichen Vaters vom 27.3.2003 ist mit rechtskräftiger Scheidung der Ehe der Parteien am 13.11.2003 wirksam geworden (§ 1599 Abs. 2 S. 3 BGB). Seither steht fest, dass J. nicht das eheliche Kind des Antragsgegners ist. Die Rechtswirkungen der Anerkennung gem. § 1599 Abs. 2 BGB entsprechen denen jeder Anerkennung. Mit dem Wirksamwerden des Anerkenntnisses entsteht das Kindschaftsverhältnis rückwirkend auf den Zeitpunkt der Geburt. Ebenfalls mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Geburt entstehen aber auch die daraus fließenden Ansprüche und Rechtsbeziehungen zwischen dem Vater und dem Kind bzw. Dritten, wie dem Anspruch der Mutter aus § 1615l BGB (vgl. Staudinger/Rauscher, BGB, 2000, § 1594 Rz. 9, § 1599 Rz. 104). Ansprüche familien- und erbrechtlicher Natur können vor wirksamer Anerkennung lediglich nicht geltend gemacht, insb. nicht eingeklagt werden. Insoweit bestand eine Rechtsausübungssperre (vgl. Wever in Münchener Anwalts Handbuch Familienrecht, (Hrsg. Schnitzler), § 11 Rz. 102). Der Klägerin steht damit gegen den Vater ihres Kindes J. ein Unterhaltsanspruch aus § 1615l BGB zu, der lediglich bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Anerkenntnisses aus rechtlichen Gründen nicht geltend gemacht werden konnte. Für diesen Zeitraum kann die Antragstellerin deshalb gem. § 1615l Abs. 3 S. 1, 1613 Abs. 2 Nr. 2a) BGB rückwirkend Unterhalt verlangen.
Aber auch dann, wenn für den hier im Streit befindlichen Zeitraum – Leistungsfähigkeit des leiblichen Vaters des Kindes vorausgesetzt – ein Unterhaltsanspruch aus § 1615l BGB besteht, ist damit der Anspruch der Antragstellerin auf Trennungsunterhalt gem. § 1361 BGB nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Die Geburt des von einem anderen Mann stammenden Kindes in der Trennungszeit ist – wie auch die Geburt eines Kindes des Pflichtigen – (noch) den ehelichen Lebensverhältnissen zuzurechnen (KG v. 8.6.2000 – 19 UF 6449/99, KGReport Berlin 2001, 259 = FamRZ 2001, 29). Wenn – davon ist hier auszugehen – die Ehefrau allein wegen der Geburt des Kindes J. ihre bis dahin ausgeübte Erwerbstätigkeit nicht fortsetzen kann, besteht vom Grundsatz her ein Anspruch auf Trennungsunterhalt gem. § 1361 Abs. 1, 2 BGB. Ob und ggf. inwieweit dieser Anspruch wegen der Geburt des Kindes ausgeschlossen ist, bestimmt sich allein nach den Vorschriften der §§ 1361 Abs. 3, 1579 BGB. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften, insb. die des § 1579 Nr. 6 oder Nr. 7 BGB, sind jedoch nicht schon deshalb gegeben, weil die Antragstellerin in der Trennungszeit ein Kind von einem anderen Mann geboren hat. Darauf weist sie zu Recht hin. Dass hier weitere Umstände gegeben sind, die, ggf. zusammen mit der Geburt des Kindes, einen Verwirkungseinwand begründen, hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegner jedoch nicht vorgetragen.
Das Zusammentreffen eines Anspruchs aus § 1361 BGB mit einem solchen aus § 1615l BGB ist gesetzlich nicht geregelt. Für den Fall, dass die getrenntlebende Ehefrau sowohl ein eheliches als auch ein nach der Trennung geborenes, nicht vom Ehemann abstammendes Kind betreut, hat der BGH entschieden, dass beide Väter in entspr. Anwendung des § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB anteilig eintreten müssen (BGH v. 21.1.1998 – XII ZR 85/96, MDR 1998, 473 = FamRZ 1998, 541 [543 f.]). Noch nicht entschieden hat er die Frage, ob eine anteilige Haftung des Ehemannes auch dann in Betracht kommt, wenn die Mutter den Anspruch gegen ihren Ehemann auf andere Unterhaltstatbestände (z.B. § 1361 BGB ohne Kinderbetreuung) stützt oder wenn – wie hier – ein Anspruch auf Trennungsunterhalt ohne die Geburt des Kindes nicht bestanden hätte, weil die Ehefrau erwerbstätig und damit nicht unterhaltsbedürftig war. Zumindest in dem zuletzt genannten Fall muss sich die Unterhaltsverpflichtung des Vaters des Kindes zu einer Alleinhaftung ausweiten (vgl. Wever/Schilling, FamRZ 2002, 581 [589]; Büttner, FamRZ 2000, 781 [785]). Nur dann, wenn auch bei Ausübung der Erwerbstätigkeit ein ungedeckte...