Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Einkommensreduzierung aufgrund einer bedarfsgemeinschafts-internen Umschichtung des Einkommens nach den Vorschriften des SGB II im Unterhaltsrecht. keine Qualifizierung des Arbeitslosengeldes II als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen
Leitsatz (amtlich)
1. Das Unterhaltsrecht sieht eine Einkommensreduzierung aufgrund einer bedarfsgemeinschaftsinternen Umschichtung des Einkommens nach den Vorschriften es SGB II nicht vor.
2. Arbeitslosengeld II kann nicht als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen qualifiziert werden, wenn es dem Unterhaltspflichtigen nur deshalb gewährt wird, weil sein Einkommen innerhalb der Bedarfsgemeinschaft umverteilt worden ist, so dass er seinen sozialrechtlich bestehenden Bedarf nicht mehr selbst decken kann.
Normenkette
ZPO § 114; BGB § 1603; SGB II § 9 Abs. 2, § 11 Abs. 2, § 19 S. 1 Nr. 1, §§ 20, 22
Tenor
I. Dem Beklagten wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung unter Beiordnung von Rechtsanwalt ..., Bremen, bewilligt, soweit er sich mit der beabsichtigten Berufung gegen eine Verurteilung zur Zahlung von Kindesunterhalt wendet, der über die folgenden Beträge hinausgeht:
1. rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit vom 1.1.2005 bis 31.12.2005 zzgl. 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6.1.2006 für J. und Y. F. N. von jeweils 438 EUR und
2. laufenden Unterhalt ab Januar 2006 für J. und Y. F. N. von jeweils 32 EUR monatlich.
II. Im Übrigen wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.
Gründe
Der Beklagte begehrt Prozesskostenhilfe für eine Berufung, die er gegen ein Urteil des FamG einzulegen beabsichtigt, mit dem er zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt worden ist.
I. Die Klägerin, die den im Tenor zu I. genannten minderjährigen Kindern Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) seit dem 1.3.2002 gewährt, nimmt den Beklagten, den Kindesvater, auf Zahlung von rückständigem sowie laufenden Kindesunterhalt in Anspruch.
Der Beklagte ist der Vater folgender Kinder: F., geboren am 17.12.1989, S., geboren am 23.6.1991, J., geboren am 11.11.1994, und Y. F., geboren am 3.12.1998. F. lebt seit Juli 2003 beim Beklagten; die übrigen Kinder leben bei ihrer Mutter. Mit der beabsichtigten Berufung wendet sich der Beklagte allein gegen die Unterhaltsansprüche von J. und Y. F. für die Zeit ab 1.1.2005.
Das AG - FamG - Bremen hat den Beklagten zur Zahlung von rückständigem und laufendem Kindesunterhalt verurteilt und dabei sowohl sein gesamtes Renteneinkommen als auch das ihm ergänzend gewährte Arbeitslosengeld II als Einkommen berücksichtigt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil vom 3.5.2006 verwiesen (Bl. 129 ff. d.A.).
Der Beklagte meint, seit Januar 2005 nicht mehr leistungsfähig zu sein und damit keinen Unterhalt mehr zu schulden, weil sein Renteneinkommen bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II teilweise dem bei ihm lebenden Sohn F. zugerechnet worden sei.
II. Die beabsichtigte Berufung bietet nur in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO. Im Übrigen war der Prozesskostenhilfeantrag zurückzuweisen.
Die Berufung ist nur insoweit Erfolg versprechend, als das FamG bei der Einkommensermittlung auf Seiten des Beklagten für die Zeit ab Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II berücksichtigt hat. Soweit es das Renteneinkommen der Unterhaltsberechnung in voller Höhe zugrunde gelegt hat, ist dies entgegen der Auffassung des Beklagten nicht zu beanstanden.
Maßgeblich für die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Berufung ist die Leistungsfähigkeit des Beklagten, § 1603 BGB. Um diese beurteilen zu können, ist zum einen die vom Beklagten aufgeworfene Frage zu beantworten, ob die Verteilung eines Teils seines Renteneinkommens auf den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Sohn zu einer auch unterhaltsrechtlich relevanten Einkommensreduzierung ggü. den außerhalb dieser Gemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Kindern führt; diese Frage ist zu verneinen - 1. -. Zudem ist zu klären, ob das an den Beklagten ausgezahlte Arbeitslosengeld II als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen zu qualifizieren ist, obgleich er seinen nach dem SGB II bestehenden Bedarf nur deshalb nicht decken kann, weil ein Teil seines Einkommens dem Sohn zugeteilt wird; diese Frage ist ebenfalls zu verneinen - 2. -. Aus der hiernach durchzuführenden Einkommensberechnung ergibt sich die (teilweise) Leistungsfähigkeit des Beklagten und daraus folgend der auf die Klägerin übergegangene beziehungsweise von ihr für die Zukunft geltend gemachte Unterhaltsanspruch der Kinder - 3. -.
1. Dass die vom Beklagten erzielte Rente grundsätzlich als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen zu qualifizieren ist, steht außer Frage (vgl. nur Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl. 2004, Rz. 531; 800; Ziff. 1.1. der Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des OLG Bremen). Probleme tauchen allerdings auf, wenn - wie hier - das (unterhalt...