Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung des Beschwerdegerichts im Klageerzwingungsverfahren, dass die Staatsanwaltschaft die nach der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts erforderlichen Ermittlungen durchzuführen hat. Strafprozessrecht. Urheberrechtsverletzung durch im Ausland ansässige Händler. Aufhebung der Einstellungsentscheidung. Anordnung der Aufnahme der Ermittlungen
Leitsatz (amtlich)
1. Hat die Staatsanwaltschaft die Aufnahme von Ermittlungen aus Rechtsgründen abgelehnt oder diese völlig unzureichend durchgeführt, gebietet die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Aufhebung der Einstellungsentscheidung und die Anordnung der Aufnahme oder Fortsetzung der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft. Nach Abschluss der Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft sodann erneut über die Einstellung des Verfahrens oder die Erhebung der Anklage zu entscheiden.
2. Zum Anfangsverdacht einer Urheberrechtsverletzung durch im Ausland ansässige Händler.
Normenkette
GG Art. 19 Abs. 4; StPO §§ 171-172, 173 Abs. 3, § 175; UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, §§ 17, 106 Abs. 1; RL 2001/29/EG Art. 4 Abs. 1
Tenor
1. Der Beschwerdebescheid der Generalstaatsanwaltschaft Bremen vom 17.03.2017 sowie der Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Bremen vom 24.01.2017 werden aufgehoben.
2. Die Aufnahme der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Bremen wird angeordnet.
Gründe
I.
Die Antragstellerin hat mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 19.08.2016 bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart Strafantrag gegen die Verantwortlichen der Firma X. Limited wegen des Verdachts einer strafbaren Urheberrechtsverletzung und weiter in Betracht kommender Straftaten gestellt. Das Verfahren wurde am 14.10.2016 an die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft Bremen abgegeben. Mit Bescheid vom 24.01.2017, zugestellt am 27.01.17, hat die Staatsanwaltschaft Bremen das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ohne vorherige Durchführung weiterer Ermittlungen eingestellt mit der Begründung, dass eine Strafbarkeit gemäß § 106 UrhG und § 143 MarkenG nicht gegeben sei, da diese ein Handeln im inländischen geschäftlichen Verkehr voraussetze. Dies sei vorliegend aber nicht gegeben, da die Firma X. Limited ihren Sitz in Irland habe und die Verkäufe im Internet von dort aus initiiert würden. Die Firma verfüge nicht über ein spezifisch auf Deutschland ausgerichtetes Vertriebs- und Liefersystem.
Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 09.02.2017, eingegangen am selben Tage, Beschwerde gemäß § 172 Abs. 1 StPO eingelegt.
Mit Bescheid vom 17.03.2017, zugestellt am 22.03.2017, hat die Generalstaatsanwaltschaft die Beschwerde der Antragstellerin unter Wiederholung der Begründung des Einstellungsbescheids vom 24.01.2017 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 24.04.2017, eingegangen am selben Tage, hat die Antragstellerin im Wege der gerichtlichen Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 StPO die Aufhebung des oben genannten Bescheides der Generalstaatsanwaltschaft Bremen und die Anordnung der Aufnahme von Ermittlungen gegen die bisher unbekannten Verantwortlichen der Firma X. Limited beantragt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Akten an das Hanseatische Oberlandesgericht mit dem Hinweis übersandt, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zwar fristgerecht gestellt, aber unzulässig sei, da in ihm nicht die Tatsachen angegeben seien, welche die öffentliche Klage begründen sollen.
II.
Der form- und fristgerecht gestellte und begründete Antrag erweist sich insoweit als begründet, als er zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides und zur Anordnung der Aufnahme sachdienlicher Ermittlungen führt.
1 Die hier vorgetragenen Tatsachen begründen nach Auffassung des Senats, im Gegensatz zu der Auffassung der Staatsanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft, einen Anfangsverdacht hinsichtlich der Begehung der behaupteten Straftat der unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke gemäß § 106 Abs. 1 UrhG.
Die Firma X. Limited vertrieb auf ihrer Internetseite www.X.com unter anderem Leuchten, die sie mit "WG 24 Wagenfeld Lampe" bezeichnete. Die Antragstellerin ist alleinige und ausschließliche Lizenznehmerin von Urheberrechten an den von Professor Wilhelm Wagenfeld entworfenen Tischleuchten, die unter anderem unter den Bezeichnungen WG 24 und WA 24 von der Antragstellerin vertrieben werden. Die Tischleuchten sind urheberrechtlich geschützt (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.2007 - I ZR 114/04, juris Rn. 1, BGHZ 171, 151; Urteil vom 05.11.2015 - I ZR 76/11, juris Rn. 1, NJW 2016, 2338).
Nachdem ein Mitarbeiter des Verfahrensbevollmächtigen der Antragstellerin bei der X. Limited die "WG 24 Wagenfeld Lampe" zum Preis von 145,00 € gekauft hatte, konnte die Antragstellerin feststellen, dass die übersandte Lampe der urheberrechtlich geschützten Original WG 24 zum Verwechseln ähnlich sah. Dies ist auch den der Strafanzeige beigefügten Fotos zu entnehmen.
Damit sind die noch zu ermittelnden für den Vertrieb Verantwortlichen der Firma X. Limited verdächtig,...