Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 13 O 96/23) |
Tenor
Auf die Beschwerde vom 01.08.2023 wird der Beschluss des Landgerichts Bremen vom 22.06.2023 (13 O 96/23) abgeändert:
Die Anträge des Antragstellers werden abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der ... AG, vertreten durch den Vorstand, ..., auferlegt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Gestattung der Schwärzung eines Sonderprüfungsberichts nach Maßgabe des § 145 Abs. 4 AktG. Unter dem 05.06.2023 beantragte der ... AG, ihm zu gestatten, bestimmte, in der der Antragsschrift beigefügten Anlage 3 farbig markierte Tatsachen nicht in den Sonderprüfungsbericht der ... Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ... vom 27.04.2023 aufzunehmen. Die Durchführung dieser Sonderprüfung war in der Hauptverhandlung vom 25.08.2021 mit den alleinigen Stimmen des Antragsgegners beschlossen worden. Mit Beschluss vom 22.06.2023 gab das Landgericht dem Antrag ganz überwiegend statt und ordnete an, dass dem Antragsteller gestattet werde, die Tatsachen nicht in den Sonderprüfungsbericht der ... Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ... vom 27.04.23 aufzunehmen, die in der diesem Beschluss als Anlage beigefügten Fassung des Sonderprüfungsberichts ... gelb markiert seien. Dies gelte nicht für die gelbe Markierung auf Seite 33 des Sonderprüfungsberichts, insoweit werde der Antrag zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners vom 01.08.2023, der mit Schreiben der weiteren Beteiligten ... AG vom 05.07.2023 Kenntnis von dem Beschluss erlangt hatte. Der Antragsgegner rügte zunächst, dass die materiellen Voraussetzungen einer Schwärzung nach Maßgabe des § 145 Abs. 4 AktG nicht vorlägen. Im weiteren Verfahrensverlauf stellt er maßgeblich darauf ab, dass diese Vorschrift auf die Durchführung von mehrheitlich beschlossenen Sonderprüfungen gemäß § 142 Abs. 1 AktG keine Anwendung fände und die Schwärzung damit nicht habe gestattet werden dürfen. Die Möglichkeit einer Schwärzung von kritischen Textpassagen bestehe nur bei einer gerichtlich angeordneten Sonderprüfung nach Maßgabe des § 142 Abs. 2 AktG. Dies könne jedenfalls der Gesetzesbegründung und darüber hinaus dem Verweis auf § 142 Abs. 2 AktG in § 145 Abs. 4 AktG entnommen werden. Darüber hinaus sei das Schwärzungsverfahren auch mit Rücksicht darauf unstatthaft, dass der Antragsteller es nicht bereits vor Fertigstellung des Sonderprüfungsberichts bzw. jedenfalls unverzüglich nach Eingang dieses Berichts beantragt habe.
Der Antragsteller hält das Schwärzungsverfahren auch bei Sonderprüfungen aufgrund eines Hauptversammlungsbeschlusses für statthaft. Die potentiell gesellschaftsschädigende Wirkung der Sonderprüfung hänge nicht davon ab, auf welchem Wege sie eingeleitet worden sei; auch aus der Begründung des Gesetzgebers lasse sich dies nicht herleiten.
II. Die Beschwerde ist gemäß §§ 145 Abs. 5 S. 2, 142 Abs. 5 S. 2 AktG statthaft. Sie ist fristgerecht eingelegt, §§ 145 Abs. 5 S. 2, 142 Abs. 8 AktG, § 63 Abs. 1 FamFG. Der Antragsgegner ist als Aktionär beschwerdebefugt. Auch wenn die Aktionäre nicht am ursprünglichen Schwärzungsverfahren beteiligt werden, kommt ihnen im Falle eines erfolgreichen Schwärzungsantrags eine Beschwerdeberechtigung nach § 58 FamFG zu, da eine Nichtaufnahme bestimmter Tatsachen in den Sonderprüfungsbericht ihr Recht auf den Erhalt des Sonderprüfungsberichts nach § 145 Abs. 6 S. 4 AktG einschränkt (Mock in Beck-OGK, AktG, Hrsg.: Stilz/Veit, Stand: 01.02.2024 § 145 Rn. 50; s.a. Arnold in Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl. 2022, § 145 Rn. 63, abweichend jedenfalls für den Fall eines nach § 142 Abs. 2 AktG initiierten Verfahrens Verse in Hirte/Mülbert/Roth, Aktiengesetz Großkommentar, 5. Aufl. 2020, § 145 Rn. 61).
Die Beschwerde ist auch begründet. Der angegriffene Beschluss ist aufzuheben, da der Anwendungsbereich des Schwärzungsverfahrens vorliegend nicht eröffnet ist.
Nach § 145 Abs. 4 AktG kann das zuständige Landgericht auf Antrag des Vorstands gestatten, dass bestimmte Tatsachen nicht in den Sonderprüfungsbericht aufgenommen werden, wenn überwiegende Belange der Gesellschaft dies gebieten und die Tatsachen zur Darlegung der Unredlichkeiten oder groben Verletzungen des §§ 142 Abs. 2 AktG nicht unerlässlich sind. Ein solcher Schutzantrag ist nach ganz überwiegender Auffassung lediglich bei gerichtlich angeordneten Sonderprüfungen im Sinne des § 142 Abs. 2 AktG, nicht aber anlässlich einer durch die Hauptversammlung mehrheitlich beschlossenen Sonderprüfung nach Maßgabe des § 142 Abs. 1 AktG statthaft (von der Linden in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2020, § 145 Rn. 10, Spindler in K. Schmidt/Lutter AktG, 4./5. Aufl. 2020/2024m 08/23, § 145 AktG Rn. 30; Verse in Hirte/Mülbert/Roth, Aktiengesetz Großkommentar, 5. Aufl. 2020, § 145 Rn. 61; Holzborn/Jänig in Bürgers/Körber/Lieder, Aktiengesetz; 5. Aufl. 2020, § 145 Rn. 12; Mock in Beck-OGK zum Aktg; Hrsg. Stilz/Veil, Stand: 01.01.2024, § 145 Rn. 42; s.a. OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.07.2012, 6 U 69/11, BeckRS 2012, 22395; so ...