Leitsatz (amtlich)
In den Streitwert eines Freihalteanspruchs sind neben der Hauptforderung, von welcher Freihaltung erstrebt wird, auch die Kosten eines wegen dieser Hauptforderung geführten Vorprozesses einzurechnen.
Normenkette
GKG § 12 Abs. 1
Tenor
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.323,34 Euro (= 98.423,90 DM) festgesetzt. Der weitergehende Antrag der Beklagten auf Festsetzung eines höheren Streitwertes wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Kläger hat die Beklagte aus einer Kaskoversicherung wegen behaupteten Diebstahls eines von ihm geleasten Fahrzeugs in Anspruch genommen. Nachdem das LG seine Klage abgewiesen hatte, hat er in der Berufungsinstanz sein Klagbegehren unter anderem mit dem Antrag weiterverfolgt, die Beklagte zu verurteilen, ihn von Ansprüchen der Leasinggeberin, der Fa. BMW Leasing GmbH, aus Urteilen des LG Verden und des OLG Celle einschließlich der zugehörigen Kostenentscheidungen freizuhalten. Vom LG Verden war er zur Zahlung von 75.933,98 DM nebst Zinsen an die Leasinggeberin und voller Kostentragung verurteilt worden. Seine Berufung gegen dieses Urteil ist vom OLG Celle zurückgewiesen worden.
Einen weiterhin in zweiter Instanz gestellten Feststellungsantrag hat der Kläger zurückgenommen.
Die Beklagte beantragt, den Streitwert auf 51.175,11 Euro = 100.089,82 DM festzusetzen, nämlich die Hauptforderung aus dem Urteil des LG Verden zuzüglich sämtlicher in diesem Rechtsstreit in erster und zweiter Instanz angefallenen Rechtsanwaltskosten. Der Kläger meint, die Kosten seien als Nebenforderungen dem Streitwert nicht zuzuschlagen.
Entsprechend dem Antrag der Beklagten waren bei dem Streitwert für das Berufungsverfahren der Hauptforderung aus dem Urteil des LG Verden, von welcher der Kläger freigehalten werden wollte, die Rechtsanwaltskosten beider Instanzen des vorausgegangenen Rechtsstreits der Leasinggeberin gegen den Kläger hinzuzurechnen, allerdings waren die außergerichtlichen Kosten der Leasinggeberin nur mit den Nettobeträgen zu berücksichtigen.
Maßgeblich für den Streitwert des Freihalteanspruchs ist der Betrag der Verbindlichkeit, von welcher der Kläger Befreiung erstrebt. Dazu gehören hier neben der Hauptforderung aus dem Urteil des LG Verden auch die Kosten dieses Vorprozesses für beide Instanzen. Sie sind streitwerterhöhend, da sie keine Nebenforderungen i.S.d. § 4 Abs. 1 ZPO darstellen (Baumbach/Lauterbach, 60. Aufl., Anh. § 3 ZPO Rz. 27; § 4 Rz. 13; Görmer, NJW 1999, 1309 ff.; Weisbrodt, JurBüro 1995, 115 f.). Dies gilt nicht nur ausnahmsweise, wie zum Teil im Hinblick auf die Entscheidung des BGH in MDR 1976, 649 vertreten wird (Thomas/Putzo, 24. Aufl., § 4 ZPO Rz. 8; Zöller, 23. Aufl., § 4 ZPO Rz. 12), im Deckungsprozess des Versicherten gegen den Haftpflichtversicherer wegen der dem Versicherten im Vorprozess mit dem Geschädigten auferlegten Kosten. Die Kosten des Anspruchs, von dem Befreiung verlangt wird, sind keine von dem Befreiungsgläubiger neben seinem Befreiungsanspruch erhobenen Ansprüche und sie sind auch nicht von dem Befreiungsanspruch abhängig. Die Kosten des Vorprozesses stellen vielmehr Schadensersatzansprüche dar, die als Haupt- und nicht als Nebenforderungen zu qualifizieren sind. Für die rechtliche Einordnung ist allein maßgeblich, dass sie mit der Klage als Hauptforderungen geltend gemacht worden sind (OLG München v. 16.11.1993 – 5 W 2314/93, = OLGReport München 1994, 153 = NJW-RR 1994, 1484 f.), wie dies im vorliegenden Fall geschehen ist.
Die zu berücksichtigenden Kosten, wegen deren Berechnung auf den Schriftsatz der Beklagten vom 8.10.2002 Bezug genommen wird, belaufen sich auf insgesamt 11.498,91 Euro (= 22.489,92 DM).
Die von der Beklagten angesetzte Mehrwertsteuer auf die außergerichtlichen Kosten der Leasinggeberin war abzusetzen (892 DM + 773,92 DM), da von ihrer Berechtigung zum Vorsteuerabzug auszugehen ist.
Neben den vorstehend genannten festzusetzenden Kosten hat der zunächst gestellten Feststellungsantrag keinen eigenen Wert.
Sa
Fundstellen
Haufe-Index 1105498 |
JurBüro 2003, 82 |
AGS 2003, 214 |
OLGR-BHS 2003, 176 |