Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbswidrige Irreführung durch Unterlassen: Vorenthalten einer wesentlichen Information; erhebliches Interesse des Verbrauchers an Prüfkriterien (hier: LGA geprüft), Anforderungen an den Link zu einem Prüfzertifikat
Leitsatz (amtlich)
1. Ein erhebliches Interesse des Verbrauchers bei Prüfzeichen zu erfahren, anhand welcher Kriterien diese Prüfung erfolgt ist, besteht nicht nur dann, wenn das Prüfzeichen in der Werbung für ein Produkt hervorgehoben dargestellt wird, sondern auch dann, wenn es lediglich in Form eines einfachen Schriftzugs in den Fließtext der Produktbeschreibung eingebettet wird (Anschluss an BGH, Urteil vom 21.07.2016 - I ZR 26/15).
2. Die Angabe eines Links zu einem Prüfzertifikat genügt nur dann den Anforderungen an eine zulässige Werbung mit einem Prüfergebnis, wenn der Link aufgrund seiner Gestaltung deutlich als solcher erkennbar wird. Daran fehlt es, wenn zu befürchten ist, dass der Verbraucher ihn lediglich als einen Verweis auf die allgemeine Internetseite des Prüfinstituts ansieht.
Normenkette
UWG § 5a Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 12 O 131/22) |
Tenor
1. Der Termin vom Freitag, den 26.01.2024 wird aufgehoben.
2. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 19.04.2023 (12 O 131/22) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
3. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.
I. Die Entscheidung des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO, noch rechtfertigen die der Berufungsentscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Das Berufungsgericht hat keine Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts. Vielmehr hat das Landgericht aus den von ihm fehlerfrei getroffenen Feststellungen nachvollziehbare Folgerungen gezogen, welche durch das Vorbringen der Beklagten nicht erschüttert werden.
Gründe
1. Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterlassung einer Werbung gegenüber Verbrauchern mit dem Hinweis "LGA geprüft" sowie Zahlung von Abmahnkosten.
Der Kläger ist ein Verein zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist seit dem 17.11.2021 in die Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände gem. § 8b UWG eingetragen.
Die Beklagte betreibt die Internetplattform www..de, auf der sie Betriebs- und Lagerausstattung anbietet. Am 09.08.2022 bewarb die Beklagte dort einen Topstar Fitness-Hocker. In der Produktbeschreibung befand sich die Angabe "Stufenlose Sitzhöhenverstellung mit Toplift (LGA geprüft)" ohne näheren textlichen Hinweis zu den Prüfkriterien oder einer entsprechenden Fundstelle, wo diese auffindbar wären.
Der Kläger hat behauptet, der Begriff "LGA" sei in dem streitgegenständlichen Angebot nicht als Link ausgestaltet gewesen. Die Beklagte hat behauptet, die Buchstaben "LGA" in der Produktbeschreibung seien in grauer Farbe gestaltet gewesen und der Verbraucher habe bei einem Klick auf diese Buchstabenfolge zu einem Prüfzertifikat mit weiteren Informationen gelangen können.
Für die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im Übrigen sowie für die erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil verwiesen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folge aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, §§ 3, 5a UWG. Der Kläger sei im Hinblick auf die seitens des Klägers eingereichten Unterlagen aktivlegitimiert.
Die Beklagte habe dem Verbraucher wesentliche Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG vorenthalten, indem sie mit der Angabe "LGA geprüft" geworben habe, ohne dem Verbraucher die Prüfkriterien oder zumindest eine Fundstelle, wo er diese nachlesen könnte, mitzuteilen. Die Beklagte richte ihr Angebot jedenfalls auch an Verbraucher. Bei den Prüfkriterien eines beworbenen Tests handle es sich um wesentliche Informationen, die für den Verbraucher von erheblichem Interesse seien, denn er erwarte, dass das mit dem Prüfzeichen versehene Produkt von einer neutralen und fachkundigen Stelle auf die Erfüllung von Mindestanforderungen anhand objektiver Kriterien geprüft worden sei. Der Verbraucher habe ein Interesse daran, zu erfahren, nach welchen Normen und Kriterien die Prüfung durchgeführt worden sei und ob dabei strengere Anforderungen als in einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vorgesehen gestellt worden seien. Es rechtfertige auch keine andere Beurteilung, dass die Werbung hier nicht plakativ herausgestellt worden sei, da dennoch erhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs die streitgegenständliche Angabe zur Kenntnis nähmen. Es komme auch nicht darauf an, ob das Wort "LGA" als Link ausgestaltet gewesen sei, der auf ein Prüfzertifikat verwiesen habe. Es sei nämlich ein Gebot der fachlichen Sorgfalt, mit Testergebnissen nur zu werben, wenn dem Verbraucher dabei die Fundstelle eindeutig und leicht zugänglich angegeben und ihm so eine einfa...