Leitsatz (amtlich)

Für das im Rahmen der Leistungsstufe einer Stufenklage abgegebene (sofortige) Anerkenntnis kommt es für die bei Anwendung von § 93 ZPO zu prüfenden Frage, ob der Beklagte Veranlassung zur Klage gegeben hat, auf sein Verhalten vor Erhebung der Stufenklage und nicht auf sein Verhalten vor Übergang zur Leistungsstufe an. Insbesondere setzt die Annahme der Klageveranlassung nicht eine vor Übergang zur Leistungsstufe erklärte vergebliche außergerichtliche Zahlungsaufforderung voraus (im Anschluss an: OLG Dresden, Beschl. v. 11.10.2013, 17 W 844/13; OLG Bamberg, Beschl. v. 24.03.2020, 1 W 13/20; entgegen: OLG Köln, Beschl. vom 27.03.2009, 2 W 28/09).

 

Normenkette

ZPO §§ 93, 254

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Aktenzeichen 2 O 104/20)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Bremen - 2. Zivilkammer - vom 2.09.2021 abgeändert.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt 3.000,00/4.000,00 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Kosten des Rechtsstreits, nachdem dieser durch übereinstimmende Erklärungen der Parteien für erledigt erklärt wurde. Gegenstand war eine Stufenklage zur Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches des Klägers.

Die Parteien sind Brüder und haben noch eine weitere Schwester. Der Kläger befindet sich seit Jahren aufgrund einer psychischen Erkrankung in der geschlossenen Abteilung der Forensik des Klinikums Bremen-Ost. Die Eltern der Geschwister hatten sich durch gemeinschaftliches notarielles Testament vom 08.05.1998, das - zuletzt - am 15.12.2017 vom Nachlassgericht eröffnet worden ist, jeweils als Vorerben und den Beklagten sowie die gemeinsame Schwester als Schlusserben eingesetzt. Zugunsten des Klägers wurde nur eine bedingte Vermächtnisanordnung von den Erblassern getroffen, deren Bedingung unstreitig nicht eingetreten ist. Nachdem 2014 zunächst der Vater der Parteien verstorben war, verstarb am 22.11.2017 die Mutter der Parteien, die zum Ende ihres Lebens - ebenfalls - unter Betreuung stand. Im Juli 2019 wurde der Betreuer des Klägers durch das Betreuungsgericht über den Tod der Mutter informiert. Ferner erhielt er die Ablichtung eines Schreibens des Prozessbevollmächtigten des Beklagten an das Betreuungsgericht, in dem dieser die Bekanntgabe von Namen und Anschrift des Betreuers der Mutter erbeten hatte, um "die Nachlassverteilung zu organisieren". Mit Schreiben vom 29.08.2019 wandte sich Klägervertreter an den Beklagtenvertreter und forderte diesen unter Hinweis auf die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen zur Auskunft und zur Vorlage eines Nachlassverzeichnisses hinsichtlich der Aktiva und Passiva des Nachlasses einschließlich der Angaben über Schenkungen und Verträge zugunsten Dritter auf. Nachdem dies erfolglos blieb, mahnte es der Klägervertreter mit Schreiben vom 29.11.2019 an. Mit einem Schreiben vom 19.12.2019 teilte der Beklagtenvertreter dem Klägervertreter mit, dass sein Mandant kaum über Informationen über den Nachlass seiner Mutter verfüge. Zwischenzeitlich habe er über den Betreuer der Mutter einige Unterlagen erhalten, die er zusammenstelle und bis Mitte Januar übersenden werde. Mit Schriftsatz vom 22.01.2020 beantragte der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und fügte den Entwurf einer Stufenklage bei. Der Beklagte hat im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren die Abweisung des Antrags begehrt und geltend gemacht, er verweigere sich der Auskunft und der Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen nicht. Ferner legte er eine Abrechnung der Betreuerin der Mutter der Parteien vom 7.12.2021 vor. Gegenüber der nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe am 20.03.2020 zugestellten Klage hat der Beklagte eine Tabelle mit Konten und Salden vorgelegt, mitgeteilt, dass er 1999 eine Geldzuwendung der Mutter in Höhe von 25.000,00 EUR erhalten habe und im Übrigen erklärt, dass er die Erbschaftssteuermitteilungen der Kreditinstitute gegenüber dem Finanzamt angefordert habe, die indes noch nicht vorlägen. Im weiteren Verlauf hat er weitere Unterlagen beigebracht und schließlich mit Schriftsatz vom 20.11.2020 eine auf den Todeszeitpunkt bezogene Aufstellung nebst Belegen vorgelegt. Daraufhin hat der Kläger sein Auskunftsbegehren mit Schriftsatz vom 14.12.2020 für erledigt erklärt und zugleich den Pflichtteilsanspruch auf 38.713,25 EUR zzgl. Prozesszinsen beziffert. Der Beklagte hat diesen Anspruch mit Schriftsatz vom 4.01.2021 - zunächst ohne Zinsen - unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt. Nachdem der Beklagte am 8.03.2021 zunächst die Hauptforderung und am 19.05.2021 auch die Zinsen gezahlt hatte, haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.

Das Landgericht hat dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Der Beklagte habe den Pflichtteilsanspruch des Klägers zu keinem Zeitpunkt in Abrede genommen, sondern dem Grunde nach sofort anerkannt. Er habe daher keine...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge