Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustellung "demnächst" bei teilweiser Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Wird dem Kläger lediglich teilweise Prozesskostenhilfe bewilligt, so ist eine Zustellung nicht mehr "demnächst" i.S.v. § 167 ZPO, wenn der Kläger nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des PKH-Beschlusses einen dem Bewilligungsbeschluss entsprechenden bestimmten Klageantrag bei Gericht einreicht oder auf sonstige Weise veranlasst, dass eine Zustellung erfolgt.
Normenkette
ZPO § 85 Abs. 2, § 114 S. 1, §§ 167, 253 Abs. 2 Nr. 2; VVG a.F. § 12 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 6 O 1095/08) |
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz wird zurückgewiesen.
Gründe
Der zulässige Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz ist unbegründet.
I. Der Kläger nimmt die beklagte Versicherung auf Zahlung aus einer Unfallversicherung in Anspruch.
Der Kläger unterhielt bei der Beklagten seit dem 1.3.2005 eine Unfallversicherung. Am 25.10.2006 übersandte der Kläger der Beklagten eine Unfallschadenanzeige, mit der er Ansprüche wegen einer nach seiner Behauptung am 16.9.2006 erlittenen Knieverletzung geltend macht. Nach Einholung medizinischer Gutachten lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 12.12.2007, beim Kläger eingegangen am 13.12.2007, die Erbringung von Leistungen aus der Unfallversicherung endgültig ab. Der Kläger wurde auf die Frist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. hingewiesen.
Mit Schriftsatz vom 12.6.2008, eingegangen am 13.6.2008, reichte der Kläger einen Prozesskostenhilfeantrag und eine Klage beim LG ein, mit der er die Verurteilung der Beklagten zu einer Zahlung von EUR 90.000 nebst näher genannter Zinsen begehrte. Aus seinem Vortrag ergab sich, dass die Versicherungssumme EUR 180.000 betragen soll. Auf den Hinweis des Gerichts vom 1.7.2008, dass auf Grundlage des Klägervortrags eine Prozesskostenhilfebewilligung von höchstens EUR 54.000 in Betracht komme, erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 22.7.2008, dass er im Falle antragsgemäßer Prozesskostenhilfebewilligung beantragen werde, die Beklagte zur Zahlung von EUR 54.000 zzgl. näher genannter Zinsen zu verurteilen.
Mit Beschluss vom 15.10.2008 bewilligte das Gericht dem Kläger, nachdem sich herausgestellt hatte, dass die vereinbarte Versicherungssumme tatsächlich nur EUR 150.000 betrug, Prozesskostenhilfe, soweit er beantrage, die Beklagte zur Zahlung von EUR 45.000 zzgl. näher genannter Zinsen zu verurteilen. Der Beschluss wurde dem Klägervertreter am 27.10.2008 zugestellt. Mit Faxschreiben vom 8.12.2008 beantragte der Klägervertreter, die Klage im Umfang der bewilligten Prozesskostenhilfe zuzustellen. Daraufhin wurde der Beklagten am 15.1.2009 die ursprüngliche Klage nebst Anlagen und Durchschrift des letzten Klägerschriftsatzes mit dem Hinweis zugestellt, dass sich aus den zugestellten Unterlagen letztlich ergebe, dass eine Klage nach einem Gegenstandswert von EUR 45.000 rechtshängig werde.
Mit Urteil vom 14.1.2010 hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass der Kläger die Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. versäumt habe. Diese Frist habe unstreitig am 13.6.2008 geendet. Zwar sei an diesem Tage das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers eingegangen, was zur Wahrung der Frist grundsätzlich ausreichend sei. Eine Zustellung der Klage sei nach der teilweisen Bewilligung von Prozesskostenhilfe aber nicht mehr "demnächst" i.S.v. § 167 ZPO erfolgt. Dies sei vom Kläger, der sich das Verschulden seines Rechtsanwaltes nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse, auch zu vertreten. Da nach der Teilbewilligung von Prozesskostenhilfe nicht eindeutig gewesen sei, mit welchem Antrag der Kläger Klage erheben wolle, habe für das Gericht kein Anlass bestanden, von sich aus die Zustellung zu bewirken. Vielmehr hätte der Kläger innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Prozesskostenhilfebeschlusses tätig werden müssen, indem er beispielsweise eine dem Bewilligungsbeschluss entsprechende Klageschrift einreicht. Erstmals mit Schriftsatz vom 8.12.2008, also etwa 6 Wochen nach Zustellung des Beschlusses, sei ein entsprechender Schriftsatz eingegangen. Das reiche nicht aus, um die Zustellung noch als "demnächst" anzusehen.
Der Kläger begehrt nunmehr Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtige Berufung. Darin verfolgt er seinen erstinstanzlichen Antrag, Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von EUR 45.000 nebst näher genannter Zinsen, weiter. Der Kläger ist der Auffassung, dass er die Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. nicht versäumt habe, weil die Klage "demnächst" i.S.d. § 167 ZPO zugestellt worden sei. Die fehlerhafte Sachbehandlung liege beim Gericht und sei ihm, dem Kläger, deshalb nicht zuzurechnen. Im Umfang der bewilligten Prozesskostenhilfe habe eine zustellungsfähige Klageschrift vorgelegen, so dass das LG verpflichtet gewesen sei, die Zustellung, unabhängig von einem etwaig ...