Leitsatz (amtlich)

1. Hat ein in London ansässiges Schiedsgericht einen Schiedsspruch auf der Grundlage britischen Verfahrensrechts erlassen, so handelt es sich um einen "ausländischen Schiedsspruch" i.S.d. § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO, wobei offen bleiben kann, ob es für diese Einordnung maßgeblich auf den Ort ankommt, an dem das Schiedsgericht zusammengetreten ist, oder auf das Verfahrensrecht, das es zugrunde gelegt hat.

2. Es bestehen unter dem Gesichtspunkt einer Vereinbarkeit eines Schiedsspruchs mit der öffentlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland keine Bedenken, wenn das Schiedsgericht dem Schiedsbeklagten die gesamten Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens auferlegt hat, obwohl der Schiedskläger nur mit einem Betrag von weniger als 2 % des ursprünglich eingeklagten Betrages obsiegt hat, sofern die Reduzierung der anfangs geltend gemachten Klagforderung darauf zurückzuführen ist, dass während des schiedsgerichtlichen Verfahrens Teilzahlungen geleistet worden und Aufwendungserstattungen eingetreten sind, die zur Verringerung der Klagforderung geführt haben.

 

Normenkette

ZPO § 1061 Abs. 1 S. 1; UN-Übereinkommen v. 10.6.1958 Art. V Abs. 2 Buchst. b)

 

Tenor

Es werden für vollstreckbar erklärt:

1. der Schiedsspruch des in London ansässigen Schiedsgerichts, bestehend aus den Schiedsrichtern A. und B., "D. Arbitration Award" vom 21.9.2005, soweit die Schiedsbeklagte darin verurteilt worden ist, an die Schiedsklägerin engl. Pfunde 24.354,25 zzgl. 6,5 % Zinsen seit dem 6.6.2005 sowie weitere engl. Pfunde 1.950 zu zahlen;

2. der Schiedsspruch des in London ansässigen Schiedsgerichts, bestehend aus den Schiedsrichtern A. und B., "E. assessed costs" vom 1.2.2006, soweit die Schiedsbeklagte darin verurteilt worden ist, an die Schiedsklägerin engl. Pfunde 2.338,45 zzgl. 6,75 % Zinsen seit dem 21.9.2005 sowie weitere engl. Pfunde 450 zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Das im Beschlusstenor bezeichnete in London ansässige Schiedsgericht hat die ebenfalls im Beschlusstenor genannten Schiedssprüche erlassen, deren Vollstreckbarerklärung die Antragstellerin begehrt. Wegen des weiteren Inhalts der Schiedssprüche wird auf die als Anlage zur Antragsschrift im Abdruck eingereichten Schiedssprüche sowie auf die ebenfalls vorgelegten Übersetzungen des jeweiligen Tenors Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin hat ggü. dem von der Antragstellerin gestellten Antrag zunächst eingewandt, der Antragsgegnerin sei in England kein faires Verfahren zuteil geworden, für die beabsichtigte Vollstreckung bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, weil der ihr zugrunde liegende Anspruch erloschen sei und sich schließlich die Vollstreckung als schikanös darstelle. Zur näheren Erläuterung dieser Hinweise hat sie sodann im Wesentlichen ausgeführt, die Antragsgegnerin habe noch erhebliche Forderungen gegen die Antragstellerin, denn sie, die Antragsgegnerin, sei i.H.v. 57.941,50 EUR und 19.687,21 $ für die Antragstellerin in Vorlage getreten, indem sie von dieser den Besatzungsmitgliedern geschuldete Zahlungen geleistet habe, um diese und ihre Familien vor finanziellen Engpässen zu bewahren. Zudem seien diese Beträge auch gezahlt worden, um Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Besatzungsmitglieder gegen die Schiffe zu verhindern. Als Beleg für diese Forderungen hat die Antragsgegnerin Aufstellungen vorgelegt, aus denen sich die vorbezeichneten Summen ergeben; auf diese Übersichten (Anlage AG 1 = Bl. 16-22 d.A.) wird Bezug genommen. Ferner habe die Antragstellerin in unredlicher Weise die Zuständigkeit des angerufenen Schiedsgerichts herbeigeführt, indem sie zunächst eine Forderung von 229.800 $ erhoben, diese dann aber in der Folgezeit auf 4.461,70 $ reduziert habe, was einem Anteil von 1,94 % entspreche. Für einen Streitwert der letztgenannten Größenordnung wäre indessen ein Schiedsgericht mit nur einem Schiedrichter (small arbitration procedure) zuständig gewesen. Im Übrigen widerspreche es jeder Vernunft und Logik, dass das Schiedsgericht trotz der Verringerung der ursprünglich von der Schiedsklägerin geltend gemachten Forderung auf einen unter 2 % liegenden Betrag gleichwohl die gesamten Kosten des Schiedsverfahrens nicht der - insoweit als unterlegen zu bezeichnenden - Antragstellerin, sondern ihr, der Antragsgegnerin, auferlegt habe. Schließlich erklärt die Antragsgegnerin mit den ihr nach ihrer Ansicht zustehenden Gegenforderungen im Umfang der in den Schiedssprüchen ausgewiesenen Summen die Aufrechnung. Die Antragstellerin ist den Einwendungen der Antragsgegnerin entgegen getreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Antragsschriftsatz vom 16.3.2006 (Bl. 1-3 d.A.) sowie die weiteren Schriftsätze der Antragstellerin vom 19.4.2006 (Bl. 8/9 d.A.) und vom 18.5.2006 (Bl. 30-33 d.A.) und die Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 8.4.2006 (Bl. 5 d.A.) sowie vom 27.4.2006 (Bl. 11-15 d.A.) Bezug genommen.

II. Der Antrag der Antragstellerin ist zulässig, denn ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?