Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Begründung von Kostenfestsetzungsbeschlüssen. Strafprozessrecht. Kostenfestsetzung. Begründung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Beschluss gem. § 464b StPO i.V.m. § 104 ZPO, durch den das Gericht über den Antrag einer Partei auf Festsetzung der durch den Gegner zu erstattenden Kosten entscheidet, muss aus sich heraus verständlich sein und die Parteien in die Lage versetzen, die tragenden Erwägungen des Gerichts nachzuvollziehen.

2. Genügt der Kostenfestsetzungsbeschluss diesen inhaltlichen Anforderungen nicht, ist er regelmäßig aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung an den Rechtspfleger zurückzuverweisen.

 

Normenkette

StPO § 464b; ZPO § 104

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Entscheidung vom 22.03.2012; Aktenzeichen 41 KLs 150 Js 35897/07 (20/08)

 

Tenor

Auf die Beschwerde vom 12.04.2012 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Bremen vom 22.03.2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung der Kostenfestsetzungsanträge der Rechtsanwälte X. vom 18.04.2011 und Y. vom 19.04.2011 an das Landgericht Bremen - Rechtspfleger - zurückverwiesen.

 

Gründe

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die Kostenfestsetzungsanträge der Rechtsanwälte X. vom 18.04.2011 und Y. vom 19.04.2011 verbeschieden. Beantragt wurden insgesamt 9.738,07 €, festgesetzt wurden 7.242,94 €. Die Gründe des Kostenfestsetzungsbeschlusses legen nicht einmal ansatzweise plausibel und nachvollziehbar dar, warum die Kosten in dieser und nicht in anderer Höhe festgesetzt worden sind. Weiter erschwert wird die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung durch eine lückenhafte und keiner erkennbaren Ordnung folgenden Führung der dem Senat erstmals am 29.05.2020 vorgelegten Akten. Auch die Bezirksrevisorin bei dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen konnte zur Höhe der Festsetzung des Landgerichts in ihrer Stellungnahme vom 03.06.2020 letztlich nur Mutmaßungen anstellen.

In der Sache hat die zulässige sofortige Beschwerde vom 12.04.2012 einen vorläufigen Erfolg. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Bremen vom 22.03.2012 leidet an einem wesentlichen Verfahrensfehler und kann schon deshalb keinen Bestand haben.

Der Beschluss gem. § 464b StPO i.V.m. § ZPO § 104 ZPO, durch den das Gericht über den Antrag einer Partei auf Festsetzung der durch den Gegner zu erstattenden Kosten entscheidet, muss aus sich heraus verständlich sein und die Parteien in die Lage versetzen, die tragenden Erwägungen des Gerichts nachzuvollziehen. Die Beschlussgründe müssen zumindest so präzise und ausführlich sein, dass den an dem Verfahren Beteiligten und auch dem Rechtsmittelgericht auf ihrer Grundlage eine Überprüfung der Entscheidung möglich ist (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 21.1.2019 - 9 W 33/18, NJW-RR 2019, 702; OLG Saarbrücken, OLGR 2007, 802 = BeckRS 2007, 14110). Eine Begründung ist jedenfalls insoweit erforderlich, als das Gericht beantragte Kosten ablehnt oder festsetzt, deren Erstattungsfähigkeit zweifelhaft oder zwischen den Beteiligten umstritten ist (OLG Koblenz, Beschl. v. 13.3.2003 - Aktenzeichen 14 W 146/03, BeckRS 2003, 30311486; OLG Frankfurt a. M., JurBüro 1999, 483 = BeckRS 1999, 11333; OLG Stuttgart, Beschl. v. 27.4.1978 - Aktenzeichen 8 W 191/78, JurBüro 1978, 1252; Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 104 Rn. 15). Genügt der Kostenfestsetzungsbeschluss diesen inhaltlichen Anforderungen nicht, leidet das erstinstanzliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel. Der Beschluss ist in diesen Fällen deshalb regelmäßig aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung an den Rechtspfleger zurückzuverweisen (OLG Saarbrücken a.a.O.; Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, 17. Auflage 2020, § 104 Rn. 15 m.w.N.).

Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss genügt diesen Anforderungen in keiner Weise und kann keinen Bestand haben. Eine Entscheidung in der Sache durch den Senat konnte wegen des Verfahrensfehlers nicht getroffen werden. Es ist zudem nicht Aufgabe des Beschwerdeverfahrens, eklatante Mängel des Kostenfestsetzungsverfahrens auszugleichen (dazu: Schoch/Schneider/Bier/Olbertz, 38. EL Januar 2020, VwGO § 164 Rn. 17).

 

Fundstellen

Haufe-Index 14294142

JurBüro 2021, 256

AGS 2021, 87

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