Entscheidungsstichwort (Thema)
Vaterschaftsanfechtung: Anforderungen an die Darlegungslast der fehlenden sozial-familiären Beziehung durch den leiblichen Vater
Leitsatz (amtlich)
1. Der leibliche Vater, der die Vaterschaft des rechtlichen Vaters anfechten will, ist für die Darlegung, dass es an einer sozial-familiären Beziehung fehle, in der Regel auf ein substantiiertes Bestreiten der Gegenseite angewiesen, um darauf sein weiteres Vorbringen oder etwaige Beweisangebote stützen zu können.
2. Weil Träger des Elternrechts für ein Kind nur eine Mutter und ein Vater sein können, kann der leibliche Vater die Feststellung seiner Vaterschaft nur erreichen, wenn er zugleich die rechtliche Vaterschaft - mit einer gem. § 1600e Abs. 1 Satz 1 BGB gegen das Kind und den rechtlichen Vater zu richtenden Klage - anficht.
Normenkette
BGB § 1600 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2-3, § 1600e; ZPO § 616 Abs. 1, §§ 617, 640 Abs. 1, § 640h Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
AG Bremerhaven (Beschluss vom 02.08.2006; Aktenzeichen 153 F 502/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - FamG - Bremerhaven vom 2.8.2006 wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Antragsteller wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für eine von ihm beabsichtigte Feststellung seiner Vaterschaft.
I. Im Oktober 2001 wurde die Antragsgegnerin ehelich geboren. Zwischen der Kindesmutter und ihrem - von ihr getrennt lebenden - Ehemann ist ein Scheidungsverfahren anhängig.
Der Antragsteller hat in der Begründung seiner beabsichtigten, ausschließlich gegen die Antragsgegnerin gerichteten, Klage behauptet, der leibliche Vater der Antragsgegnerin zu sein, in der Empfängniszeit mit der Kindesmutter geschlechtlich verkehrt zu haben und erst Anfang 2006 von seiner Vaterschaft erfahren zu haben. Zudem hat er vorgetragen, dass es an einer sozial-familiären Beziehung zwischen der Antragsgegnerin und dem Ehemann der Kindesmutter fehle, weil die Eheleute seit längerer Zeit getrennt lebten und der Ehemann der Kindesmutter sich nicht um die Antragsgegnerin kümmere.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das FamG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Die Behauptung des Antragstellers, der Ehemann der Kindesmutter kümmere sich nicht um das Kind, sei viel zu unbestimmt, als dass daraus geschlossen werden könnte, der Ehemann trage keine tatsächliche Verantwortung mehr für das Kind.
In der Begründung seiner hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde, der das FamG nicht abgeholfen hat, führt der Antragsteller namentlich zur sozial-familiären Beziehung ergänzend aus. Zudem ist der Beschwerdeschrift eine eidesstattliche Versicherung i.S.d. § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB beigefügt.
II. Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567, 569 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
Das FamG hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Ergebnis zu Recht mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt, § 114 ZPO.
1. Gemäß § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der seit 30.4.2004 geltenden Fassung (Gesetz vom 23.4.2004, BGBl. I, 598) ist berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben. Gemäß § 1600 Abs. 2 BGB setzt die Anfechtung nach Abs. 1 Nr. 2 voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Abs. 1 Nr. 1 (im Folgenden: rechtlicher Vater) keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist. § 1600 Abs. 3 BGB erklärt, wann eine sozial-familiäre Beziehung nach Abs. 2 besteht, nämlich wenn der rechtliche Vater für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder im Zeitpunkt seines Todes getragen hat (§ 1600 Abs. 3 Satz 1 BGB). Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn er mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat (§ 1600 Abs. 3 Satz 2 BGB). Die Klage ist gem. § 1600e BGB gegen das Kind und den rechtlichen Vater zu richten.
Entgegen der Auffassung des FamG hat der Antragsteller seiner aus § 1600 BGB folgenden Darlegungslast hinreichend Rechnung getragen (a). Jedoch kann die von ihm in Aussicht gestellte Klage keine Aussicht auf Erfolg haben, weil sie nicht auch gegen den rechtlichen Vater gerichtet ist (b).
Der Antragsteller hat (nunmehr) an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben. Zudem hat er dargetan, dass es an einer sozial-familiären Beziehung zwischen der Antragsgegnerin und dem, mittlerweile von der Mutter getrennt lebenden, rechtlichen Vater fehle. Entgegen der Auffassung des FamG war der Antragsteller nicht gehalten, seinen diesbezüglichen Vortrag weiter zu substantiieren.
Zwar ist es richtig, dass der Anfechtende das Nichtvorliegen einer sozial-familiären Beziehung darlegen muss. Der Gesetzgeber hat sich insoweit eines ...