Entscheidungsstichwort (Thema)
AGB-Kontrolle einer indexbasierten Preisanpassungsklausel in Wartungsverträgen für Windenergieanlagen
Leitsatz (amtlich)
Eine Preisanpassungsklausel in einem Wartungsvertrag, nach der sich die Erhöhung des Leistungsentgelts an dem Index der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte und dem Tarifindex für Arbeitnehmer des Deutschen Statistischen Bundesamts orientiert, kann bei ihrer Verwendung im unternehmerischen Geschäftsverkehr der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB standhalten, auch wenn für den (nicht zu erwartenden) Fall des Absinkens der Indices eine Preisanpassung nicht vorgesehen.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 13 O 215/19) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bremen - 13. Zivilkammer, Einzelrichter - vom 18.03.2021 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.
Dieses Urteil und das vorgenannte Urteil des Landgerichts Bremen sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, eine Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor einer Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 121.178 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt die Rückerstattung von Vergütungen aus Wartungsverträgen für Windkraftanlagen. Die Beklagte schließt als Herstellerin von Windkraftanlagen mit den Erwerbern Wartungsverträge ab, die Preisanpassungsklauseln enthalten. Erwerberin der streitgegenständlichen Anlagen war die W. N: GmbH & Co. KG (Betreibergesellschaft). Diese wurde von der Klägerin, die zu den größten Windparkentwicklern in Deutschland gehört, zusammen mit einem weiteren Windparkentwickler gegründet. Gegenstand des Rechtsstreits sind sechs Windenergieanlagen der Beklagten, die in der Zeit vom 27.08.2014 bis zum 11.02.2016 in Betrieb genommen wurden. Hierzu wurden (weitgehend gleichlautende) Wartungsverträge zwischen der Betreiberin und der Beklagten abgeschlossen. Die Wartungsverträge sehen unter Nr. 5 eine Vergütung auf Grundlage der Jahresleistung der Windenergieanlage vor (Grundpreis). Der Vertrag enthält darüber hinaus eine Regelung, nach der ein aufgeführter Mindestpreis unabhängig vom Jahresertrag zu zahlen ist. Die Wartungsverträge enthalten ferner Regelungen für eine jährliche Preisanpassung, die sich an dem Index der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte/Erzeugnisse der Investitionsgüterproduzenten und dem Tarifindex der Arbeitnehmer orientiert. Die Regelungen sind wie folgt ausgestaltet:
"5. ENTGELT
5.1 Das Entgelt für das X. PartnerKonzept bestimmt sich nach der erwarteten Jahresleistung der Windenergieanlage. Dabei entspricht 1 kWh einem Betrag von EUR 0,01 zuzüglich Umsatzsteuer. Das auf dieser Grundlage gemeinsam vereinbarte jährliche Entgelt wird demnach wie folgt festgelegt:
geschätzte kWh pro Jahr und Anlage |
Basispreis pro Jahr und Anlage in EUR |
kWh |
EUR |
zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer. Ungeachtet des vorstehend angegebenen Grundpreises beträgt der Mindestpreis pro Jahr und Anlage in keinem Falle weniger als EUR 35.200,00 zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer.
Der oben angegebene Grundpreis ist jeweils zu Beginn des neuen Kalenderjahres anzupassen, wobei für die Bestimmung der Höhe des Entgelts die tatsächliche Jahresleistung des Vorjahres der Windenergieanlage zzgl. Erstattungen von Ertragsausfällen heranzuziehen ist. Die tatsächliche Jahresleistung bestimmt sich nach dem in der Fernüberwachung der Windenergieanlagen gemessenen Wert.
5.2 Das vereinbarte Entgelt ist erstmals mit Beginn des zweiten Betriebsjahres anteilig für das angefangene Jahr zu entrichten und für die Folgejahre stets zu Beginn eines neuen Kalenderjahres; der Betrag wird jeweils innerhalb von 10 Tagen nach Eingang der Rechnung bei dem AG zur Zahlung fällig. Im zweiten bis fünften Betriebsjahr teilen sich die Vertragspartner die Kosten je zur Hälfte.
[...]
5.3 Steigende Betriebskosten, beispielsweise im Lohn- und Materialkostenbereich, können ab 01.01.2014 im Rahmen der jährlichen Preisanpassung berücksichtigt werden. Der AG erklärt sich bereits jetzt mit einer angemessenen jährlichen Preissteigerung einverstanden, sofern diese auf die folgenden, vom Deutschen Statistischen Bundesamt (www.destatis.de) veröffentlichten Indices bezogen wird:
5.4 Index der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte (Inlandsabsatz), Erzeugnisse der Investitionsgüterproduzenten (Fachserie 17, Reihe 2)
(a) Index der tariflichen Stundenlöhne in der gewerblichen Wirtschaft (7. Nachrichtlicher Nachweis der Indizes nach Hauptgruppen), Investitionsgüterproduzenten (Männer und Frauen zusammen) (Fachserie 16, Reihe 4.3)
wobei die Preisentwicklung zu 30 % und die Lohnentwicklung zu 70 % berücksichtigt werden.
Falls in diesem Absatz verwend...