Leitsatz (amtlich)

1. Hat ein deutscher Erblasser ein Testament im Ausland (hier: Spanien) errichtet, das Rechtsfiguren enthält, die im ausländischen Erbrecht ihre Grundlage haben, führt das nicht zur Anwendung ausländischen Rechts, da die Testierfreiheit dem Testator nicht die Befugnis gibt, selbst zu entscheiden, nach welcher Rechtsordnung sich die Erbfolge und die erbrechtlichen Ansprüche richten sollen (im Anschluss an BGH NJW 1972, 1001 = MDR 1972, 590).

2. Erbschaftsbesitzer nach § 2018 BGB ist auch derjenige, der die Stellung eines Vorerben behauptet.

3. Der Auskunftsanspruch des § 2027 BGB, der von jedem Miterben allein geltend gemacht werden kann, sich aber auf Auskunft an die Erbengemeinschaft richtet, kann vom Erblasser nicht im Testament ausgeschlossen werden.

4. Ein Auskunftsanspruch kommt ausnahmsweise auch dann noch in Betracht, wenn der Auskunftspflichtige bereits Auskunft erteilt hat, er aber infolge eines Irrtums einen Teil des Vermögens weggelassen hat, in der Aufstellung bestimmte sachliche oder zeitliche Teile völlig fehlen, die Angaben erkennbar unvollständig sind oder das Verzeichnis auf Grund gefälschter Unterlagen aufgestellt wurde.

5. Grundsätzlich gibt es keine Zurückbehaltungsrechte gegenüber Auskunftsansprüchen.

6. Wird der Auskunftsanspruch eines Miterben gepfändet, so geht diese Pfändung ins Leere, weil dieser Anspruch nur der Miterbengemeinschaft insgesamt zusteht.

 

Normenkette

BGB §§ 260, 2018, 2027, 2039; ZPO §§ 857, 859; EGBGB Art. 25

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 22.03.2001; Aktenzeichen 7 O 1049/2000)

LG Bremen (Urteil vom 22.02.2001; Aktenzeichen 7 O 1049/2000)

 

Tenor

Die Berufungen der Beklagten gegen die Teil-Urteile des LG Bremen – 7. Zivilkammer – vom 22.2.2001 und vom 22.3.2001, Aktenzeichen 7 O 1049/2000, werden zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000 DM nicht.

 

Tatbestand

Die Kläger verlangen mit der von ihnen erhobenen Stufenklage zunächst Auskunft von der Beklagten gem. dem Tenor der angefochtenen Entscheidungen hinsichtlich des Nachlasses nach dem am 20.11.1999 verstorbenen H.-J.H. (im Folgenden: Erblasser).

Der Erblasser, der sich in den letzten Jahren vor seinem Tod überwiegend in Spanien aufhielt, errichtete am 18.2.1999 in Rincón de la Victoria (Spanien) ein notarielles Testament vor einem spanischen Notar. Wegen des Wortlauts von Ziffer 2 und 3 vgl. den Tatbestand des Teilurteils vom 22.2.2001, S. 3 (Bl. 314 d.A.).

Unter dem 28.7.2000 übersandte der auswärtige Prozessbevollmächtigte der Beklagten an dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zu 2) eine „Liste der Nachlassgegenstände, die sich im Besitz meiner Mandantin befinden und bleiben werden” (vgl. Bl. 111 und Bl. 112–115 d.A.). Weiter versicherte die Beklagte am 15.9.2000 an Eides statt, „dass die von mir erstellte Aufstellung richtig und vollständig ist.” (vgl. Bl. 129 d.A.).

Die Kläger sind der Auffassung, sie seien auf Grund des Testaments vom 18.2.1999 Erben geworden. Deshalb stehe ihnen ein Auskunftsanspruch gegen die Beklagte zu. Dieser sei auch nicht erfüllt worden. So habe die Beklagte Beteiligungen des Erblassers an der Lagar Sta. Teresa S.A., Spanien, Chilches/Málaga sowie Zahlungen der Lebensversicherung des Erblassers auf dessen Konto bei der Credit Suisse in Basel verschwiegen.

Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die der Klägerin zu 1) bzw. dem Kläger zu 2) am 28.7.2000 erteilte Auskunft über den Bestand der Erbschaft per Todestag im Erbfall nach dem am 20.11.1999 in Bremen verstorbenen Hans-Jürgen Heins und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände zu ergänzen (so die Klägerin zu 1) bzw. gegenüber der Erbengemeinschaft, bestehend aus den Klägern zu 1) und 2), Frau Gabriele Heins sowie Frau Karen Sonnenberg, zu ergänzen (so der Kläger zu 2) durch

a) Auskunft über alle bei Kreditinstituten unterhaltenen Vermögenspositionen und Bankschließfächer,

b) Auskunft über die unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen an Gesellschaften, insbesondere an der Lagar Santa Teresa S.A. (Akteiengesellschaft), eingetragen im Handelsregister der Provinz Malaga, Spanien,

c) Auskunft über Ansprüche gegen Versicherungsgesellschaften,

d) Auskunft über das Bestehen von Treuhandabsprachen,

e) Auskunft über Grundbesitz,

f) Auskunft über sonstige Mobilien und

g) Auskunft über sonstige Wertgegenstände und Forderungen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, es sei nicht auszuschließen, dass der Erblasser sie als Vorerbin sowie seine Kinder und ihre Tochter als Nacherben habe einsetzen wollen.

Ihr stünden auch Zurückbehaltungsrechte gegenüber dem Auskunftsanspruch zu. So sei der Nießbrauch nicht eingeräumt worden. Außerdem habe sie Erbfallschulden über wenigsten 30.507,29 DM beglichen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens erster Instanz wird auf die Tatbestände der angefochtenen Teilurteile vom 22.2.2001 (Bl. 314 ff. d. A.) und vom 22.3.2001 ...

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