Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretungsbefugnis für eine Publikums-Kommanditgesellschaft bei Klagen gegen ihren Komplementär und Geschäftsführer

 

Normenkette

AktG § 112; HGB § 125 Abs. 1, § 161 Abs. 1, § 170

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 26.11.2008; Aktenzeichen 11 O 506/07)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 07.06.2010; Aktenzeichen II ZR 210/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Bremen - 1. Kammer für Handelssachen - vom 26.11.2008 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. In dem vorliegenden Verfahren verlangen drei Kommanditgesellschaften, die jeweils durch ihren Beirat vertreten werden, von ihrer gemeinsamen Komplementärin die Rückerstattung von Kommissionszahlungen.

Die Klägerinnen sind Publikumsgesellschaften mit einer Vielzahl von Anlegern. Gegenstand des Unternehmens ist der Bau, Erwerb und Betrieb sowie die Veräußerung von Seeschiffen und zwar insbesondere der Tankschiffe "MT A." (Klägerin zu 1), "MT H." (Klägerin zu 2) und "MT R." (Klägerin zu 3). Sie wurden mit gleichlautenden Gesellschaftsverträgen vom 1.7.1992 (im Folgenden: GV) von der R. GmbH als einziger Komplementärin gegründet. Die Gründungskomplementärin wurde im Oktober 2000 in die Beklagte umgewandelt.

In § 8 GV (in der Fassung vom 1.12.1993) wurde zu "Geschäftsführung und Vertretung" u.a. Folgendes geregelt:

"1. Die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft erfolgt ausschließlich durch die persönlich haftende Gesellschafterin. Diese muss die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Reeders führen ...

Unter Berücksichtigung der genannten Pflichten kann sie nach freiem Ermessen über das Schiff verfügen (disponieren) und Befrachtungs-/Charterverträge abschließen ...

2. Die persönlich haftende Gesellschafterin ist in der Geschäftsführung frei, soweit nicht Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bzw. in deren Vertretung der Beirat, Anweisungen für die Geschäftsführung geben.

...

4. Geschäfte und Handlungen, die nach Art, Umfang und Risiko den Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs überschreiten, bedürfen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung ...

...

6. Die persönlich haftende Gesellschafterin darf zur Ausübung ihres Geschäftsführungsauftrages dritte Personen und Firmen heranziehen; sie haftet jedoch der Gesellschaft gegenüber für ihre Erfüllungsgehilfen ..."

In § 9 GV heißt es zum "Beirat":

"1. Die Gesellschafterversammlung kann einen aus drei Personen bestehenden Beirat wählen ...

2. Der Beirat übt die in diesem Vertrag bezeichneten Befugnisse aus ..."

Ferner wurde festgelegt in § 13 Nr. 1 GV zu "Kostenersatz":

"Die persönlich haftende Gesellschafterin erhält für das sie treffende Haftungsrisiko und für ihre geschäftsführende Tätigkeit eine Vergütung i.H.v. 4 % aller eingefahrenen Bruttofrachten bei Zeitcharter ...

Zusätzlich werden der Komplementärin nur solche besonderen Aufwendungen erstattet, die in ungewöhnlichen Fällen, wie z.B. bei Havarien anfallen. Verwaltungskosten und sonstige Aufwendungen, die durch Einsatz und Betrieb des Schiffes (Schiffsbetriebskosten) entstehen, sind von der Reederei zu tragen."

Des Weiteren schlossen die Klägerinnen ("Reederei") auf der Grundlage der Gesellschaftsverträge mit der Beklagten ("Vertragsreeder") am 10.2.1993 jeweils einen "Vertragsreedervertrag" (im Folgenden: VV). Darin heißt es u.a.:

"§ 1 Abs. 2 - Der Vertragsreeder wird ... bevollmächtigt, alle Geschäfte und Rechtshandlungen im Namen und für Rechnung der Reederei vorzunehmen, die der Geschäftsbetrieb einer Reederei gewöhnlich erfordert."

Abs. 4 - Die Aufgaben des Vertragsreeders richten sich nach dem Gesellschaftsvertrag.

Abs. 5 - Der Vertragsreeder hat insbesondere Sorge zu tragen für

  • die Befrachtung und Vercharterung des Schiffes einschließlich des Inkassos
  • den Einsatz des Schiffes (Disposition)
  • die Bemannung des Schiffes
  • die Versorgung des Schiffes ...
  • die Instandhaltung ...
  • die Erhaltung des Schiffes in einem einwandfreien Zustand
  • die Versicherung des Schiffes ...
  • die Bearbeitung von Schadens- und Versicherungsfällen
  • (Schiffspapiere)
  • die Durchführung und Abwicklung der für das Schiff geschlossenen Frachtverträge, einschließlich der Bestellung von Schiffsagenten
  • die Wahrnehmung der Interessen der Reederei ...
  • soweit von dem Vertragsreeder vergleichbare Schiffe bereedert werden, verpflichtet er sich, das Schiff der Reederei nach den gleichen Grundsätzen und mit gleicher Sorgfalt zu behandeln. Dies gilt insbesondere auch für den Abschluss von Charterverträgen."

In § 22 GV und § 7 VV wurden Schiedsklauseln vereinbart.

Am 24.2.2005 schloss die Beklagte im Namen und auf Rechnung der Klägerinnen für das Jahr 2005 jeweils eine "Kommissionsvereinbarung" (im Fo...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge