Leitsatz (amtlich)
1. Der Ladenangestellte eines Kfz.-Handelsgeschäfts ist aufgrund des § 56 HGB allein zur Vornahme von branchentypischen Rechtsgeschäften bevollmächtigt. Ob der Verkauf eines Personenkraftwagens in diesem Sinne branchentypisch ist, bestimmt sich maß geblich nach dem konkreten Inhalt des Rechtsgeschäfts.
2. Der Ladenangestellte in einem Kfz.-Handelsgeschäft ist regelmäßig nicht befugt, Fahrzeuge aus dem Besitz seines Besitzherrn an Interessenten zu übereignen, ohne dass die Zahlung des Kaufpreises gesichert ist.
3. Stellt ein Kfz.-Handelsgeschäft einem Kaufinteressenten einen Personenkraftwagen für eine Probefahrt zur Verfügung, wird kein Leihverhältnis zwischen dem Handelsgeschäft und dem Interessenten begründet.
Normenkette
BGB § 935 Abs. 1; HGB § 56
Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 24.05.2005; Aktenzeichen 8 O 1234/03a) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Bremen - 8. Zivilkammer, Einzelrichter - vom 24.5.2005 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention; diese trägt der Nebenintervenient selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin handelt - u.a. - mit Gebrauchtfahrzeugen. Bei der Klägerin war der Zeuge G. als Verkäufer angestellt, der eine Vielzahl von Fahrzeugen aus dem Bestand der Klägerin an den Nebenintervenienten
B. weitergab. Auch der Beklagte ist auf dem Gebiet des Gebrauchtwagenhandels tätig. Er erwarb von einem Herrn P. einen Pkw BMW 540i, der aus dem Bestand der Klägerin stammte. Dieses Fahrzeug wurde von der Staatsanwaltschaft Bremen beschlagnahmt.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin das Eigentum an dem Pkw BMW 540i für sich reklamiert und zunächst Klage auf Zustimmung zur Aufhebung der Sicherstellung des Fahrzeuges und Herausgabe von Brief und Schlüssel gegen den Beklagten erhoben. Im Laufe des Rechtsstreits haben sich die Parteien darauf geeinigt, den Pkw BMW im Wege der Versteigerung zu veräußern und den Erlös, der 8.500 EUR betrug, zum Gegenstand des Rechtsstreits zu machen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe Eigentum an dem Pkw BMW nicht erworben. Der Zeuge G. habe das von dem Beklagten erworbene Fahrzeug im Zusammenwirken mit dem Nebenintervenienten B. durch strafbare Handlung aus dem Besitz der Klägerin gebracht. Ein gutgläubiger Erwerb des Eigentums am Fahrzeug durch den Beklagten komme daher nicht in Betracht. Der Beklagte müsse deshalb an die Klägerin 8.500 EUR nebst Zinsen zahlen.
Der Beklagte und der Nebenintervenient haben Klagabweisung beantragt. Der Beklagte ist der Auffassung, jedenfalls gutgläubig Eigentum an dem Pkw BMW erworben zu haben.
Das LG hat der Klage stattgegeben.
Mit der Berufung verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klagabweisung weiter. Wegen der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 26.7.2005 (Bl. 131-138 d.A.) Bezug genommen.
Der Nebenintervenient schließt sich dem Antrag des Beklagten an.
Die Klägerin beantragt, die Zurückweisung der Berufung. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Vortrag der Klägerin ergibt sich aus ihren Schriftsätzen vom 6.9.2005 und vom 13.9.2005.
II. Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das landgerichtliche Urteil trifft auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des Beklagten zu.
1. Dies gilt zunächst für den rechtlichen Ausgangspunkt der angefochtenen Entscheidung. Zu Recht sieht das LG die Vorschrift des § 935 Abs. 1 BGB als entscheidungserhebliche Norm an, wonach ein gutgläubiger Erwerb von abhanden gekommenen Sachen nicht stattfindet. Eine Sache ist abhanden gekommen, wenn der Eigentümer den unmittelbaren Besitz ohne seinen Willen verloren hat (Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl. 2005, § 935 Rz. 3, m.w.N.). Für den Fall, dass ein Besitzdiener für einen Besitzherrn besitzt, liegt ein unfreiwilliger Besitzverlust des Besitzherrn vor, wenn der Besitzdiener die Sache ohne dessen Willen oder unter Verstoß gegen Weisungen des Besitzherrn unterschlägt bzw. weggibt (Nachw. bei Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 935 Rz. 8). Allerdings ist in einem solchen Fall der Erwerber nach Maßgabe des § 56 HGB geschützt (ebenda).
Nach § 56 HGB ist derjenige, der in einem Laden angestellt ist, als ermächtigt anzusehen zu Verkäufen und Empfangnahmen, die in einem derartigen Laden oder Warenlager gewöhnlich geschehen.
Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Verkauf i.S.d. § 56 HGB "in einem derartigen Laden gewöhnlich" geschieht, ist abzustellen auf das Geschäft an sich, also den Geschäftstyp, wie auch auf den konkreten Inhalt des Geschäfts (z.B. Rabattgewährung, Zusicherung); es kommt insoweit auf die Branchenüblichkeit in vergleichbaren Geschäftslokalen an (Koller/Roth, HGB, 4. Aufl. 2003, § 56 Rz. 10; Schmidt, HandelsR, 4. Aufl. 1994, S. 605 f.; MünchKomm/HGB, 1996, § 56 Rz. 22, 28).
Das LG hat auch insoweit zutreffend erkannt, dass dann, wenn objektiv keine Vertretungsmacht nach § 56 HGB vorliegt, ein Eigen...