Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Prospekthaftung im weiteren Sinne bei Ergebnisprognosen im Prospekt für einen "blind pool"-Fonds, wenn diese Prognosen nicht auf der Grundlage sorgfältig ermittelter Tatsachen beruhen, sondern willkürlich gegriffene Angaben darstellen
Leitsatz (amtlich)
1. Zieht der Treuhandkommanditist einer Publikums-KG zur Erfüllung seiner Aufklärungspflichten gegenüber den Anlegern einen von Dritten erstellten Prospekt heran, so darf sich der Anleger darauf verlassen, dass die in dem Prospekt enthaltenen Prognosen nicht aus der Luft gegriffen, sondern aus der ex-ante Perspektive vertretbar sind. Es begründet dagegen einen haftungsbegründenden Prospektfehler, wenn die im Prospekt enthaltenen Prognosen nicht auf der Grundlage sorgfältig ermittelter Tatsachen beruhen, sondern willkürlich gegriffene Angaben ohne erkennbare Tatsachengrundlage darstellen (Fortführung von BGH, Urteil vom 17.02.2011 - III ZR 144/10, juris Rn. 13, WM 2011, 505).
2. Ist im Prospekt eines Fonds, bei dem nach dem "blind pool"-Konzept die beabsichtigten Investitionsobjekte noch nicht feststehen, gleichwohl eine Ergebnisprognose angegeben, die sich auf konkrete, im Prospekt aber nicht nachprüfbar belegte Erfahrungswerte stützen soll, dann ist gegenüber der Inanspruchnahme durch einen Anleger wegen der Geltendmachung eines Prospektfehlers in Form des Fehlens einer Tatsachengrundlage für die Ergebnisprognose der Fondsherausgeber aufgrund einer sekundären Darlegungslast gehalten, diese Erfahrungswerte offenzulegen. Dasselbe gilt für den Treuhandkommanditisten, der seine vorvertraglichen Aufklärungspflichten anhand des Prospektes erfüllen will.
3. Eine Regelung in AGB, durch welche die Haftung des Treuhandkommanditisten einer Publikums-KG für die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten gegenüber den Anlegern durch eine mangelnde Überprüfung der Prospektangaben ausgeschlossen werden soll, ist als eine den Geboten von Treu und Glauben zuwider unangemessene Benachteiligung der Anleger unwirksam (Anschluss an BGH, Urteil vom 16.03.2017 - III ZR 489/16, juris Rn. 30, NJW-RR 2017, 750).
4. Eine Regelung in AGB, durch welche die Frist für die Verjährung für die Ansprüche der Anleger einer Publikums-KG gegen den Treuhandkommanditisten aufgrund der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten auf ein Jahr verkürzt und der Fristbeginn ab dem Moment der Möglichkeit der Kenntnisnahme von den haftungsbegründenden Umständen festgelegt werden soll, ist als eine den Geboten von Treu und Glauben zuwider unangemessene Benachteiligung der Anleger unwirksam (Fortführung von BGH, Urteil vom 21.04.2015 - XI ZR 200/14, juris Rn. 17, BGHZ 205, 83).
Normenkette
BGB §§ 199, 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 307 Abs. 2, § 309 Nr. 7 Buchst. A, § 311 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 4 O 753/18) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 21.06.2019 - Az. 4 O 753/18 - wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Dieses Urteil sowie das Urteil des Landgerichts Bremen vom 21.06.2019 - Az. 4 O 753/18 - sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, eine Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor einer Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert der Berufung wird auf 30.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Schadensersatz von der Beklagten aus Prospekthaftung im weiteren Sinne.
1. Die Beklagte ist Treuhand- und Gründungskommanditistin mit eigener Kommanditeinlage (5.000,- EUR) der C. GmbH & Co. KG (nachfolgend: Fondsgesellschaft). Persönlich haftende Gesellschafterin ist die D. GmbH. Der weiteren Gründungskommanditistin, der E. GmbH & Co. KG, wurden mit Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Komplementärin weite Teile der Geschäftsführung der Fondsgesellschaft übertragen (vgl. Geschäftsbesorgungsvertrag, S. 58 des Prospekts), und sie ist auch Prospektherausgeberin.
Hinsichtlich des Tatbestandes im Übrigen und des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge wird Bezug genommen auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts Bremen vom 21.06.2019, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
2. Das Landgericht hat die Beklagte zur Rückzahlung der Aufwendungen der Klägerin für den anfänglichen Erwerb von Kommanditanteilen an der Fondsgesellschaft im Nominalwert von 30.000,- EUR nebst Agio in Höhe von 1.500,- EUR abzüglich unstreitig erhaltener Ausschüttungen in Höhe von 2.375,00 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der von der Beklagten treuhänderisch gehaltenen Beteiligung der Klägerin an der Fondsgesellschaft verurteilt.
Ferner stellte das Landgericht antragsgemäß fest, dass die Beklagte zum Ersatz aller weiteren und zukünftigen Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin durch die Betei...