Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Herausgabe des erlangten Ersatzes nach § 285 BGB sowie zur Anwendbarkeit des § 285 BGB im Rückabwicklungsverhältnis nach § 346 BGB
Leitsatz (amtlich)
1. Das Bestehen eines Auskunftsanspruchs hinsichtlich des Umfangs des erlangten Ersatzes als Mittel der Aufklärung zur Geltendmachung eines Anspruchs aus § 285 BGB setzt voraus, dass der Auskunftsfordernde die weiteren Voraussetzungen eines solchen Anspruchs auf Herausgabe des stellvertretenden commodums - abgesehen von der Höhe des erlangten Ersatzes an sich - darlegen und gegebenenfalls beweisen kann.
2. Die Vorschrift des § 285 BGB ist anwendbar auch auf Rückgewähransprüche im Rückabwicklungsverhältnis nach § 346 BGB.
Normenkette
BGB §§ 242, 285, 346 Abs. 1-2, § 818 Abs. 1, 4, § 819 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 8 O 843/23) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 04.03.2024 mit dem ihm zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben und die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
II. Die Kostenentscheidung - auch über die Kosten der Berufung - bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Gegenstandswert der Berufung wird auf bis EUR 1.000,- festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Rückabwicklung eines Kaufvertragsschlusses über einen KABE-Wohnwagen in Anspruch; im vorliegenden Berufungsverfahren streiten die Parteien auf der ersten Stufe um einen Auskunftsanspruch betreffend diese Rückabwicklung.
Der Kläger schloss mit der Beklagten als Verkäuferin einen Kaufvertrag gemäß Auftragsbestätigung vom 11.11.2022 über den Erwerb eines Wohnwagens zum Preis von EUR 63.500,- und der Kläger ließ aufgrund seines Auftrags vom 05.12.2022 weitere Umbauten an dem Wohnwagen zu einem Preis von EUR 1.287,- vornehmen. Der Kläger holte den Wohnwagen am 02.02.2023 bei der Beklagten ab und zahlte den Kaufpreis durch Inzahlunggabe seines Wohnmobils, welches die Parteien mit EUR 75.000,- bewertet hatten, so dass die Beklagte dem Kläger daher noch EUR 10.213,- auszahlte.
Der Kläger behauptete in der Folge diverse Mängel am Wohnwagen und erklärte in der Folge unter dem 22.02.2023 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit Schreiben vom 12.05.2023 erklärte der Kläger die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung.
Im Laufe des Jahres 2023 veräußerte die Beklagte das in Zahlung gegebene Wohnmobil des Klägers, ohne den hierfür erlangten Erlös mitzuteilen.
Der Kläger hat vor dem Landgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Rücktritt vom Kaufvertrag und für die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung behauptet.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen, zu welchem Preis sie das Wohnmobil, das der Kläger bei ihr in Zahlung gegeben hatte, veräußert hat.
2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger den Betrag, der sich aus der nach Ziffer 1 zu erteilenden Auskunft ergibt, abzüglich des an den Kläger ausbezahlten Betrages von EUR 10.213,00 mindestens aber den Betrag von EUR 64.787,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem Eintritt der Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen die Rückgabe des streitgegenständlichen Wohnwagens ... zu zahlen,
3. festzustellen, dass sich die Beklagte hinsichtlich der Rücknahme des streitgegenständlichen Wohnwagens in Annahmeverzug befindet,
4. die Beklagte zu verteilen, den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 2.147,83 freizustellen.
Die Beklagte hat vor dem Landgericht beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, die Voraussetzungen für eine Anfechtung oder eine Rückabwicklung lägen nicht vor. Sie hat daher gemeint, dass dem Kläger bereits der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht zustehe.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 04.03.2024 die Beklagte auf der ersten Stufe der Stufenklage verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, zu welchem Preis sie das Wohnmobil, das der Kläger bei ihr in Zahlung gegeben hatte, veräußert hat. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass dem Kläger aufgrund der unstreitig erfolgten Erklärungen der Anfechtung sowie des Rücktritts hinsichtlich des mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrages ein Auskunftsanspruch gemäß den §§ 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, S. 2 i.V.m. § 242 BGB hinsichtlich der Berechnung der Rechtsfolgen der Rückabwicklung zustehe und dies unabhängig davon, ob die Voraussetzungen der Anfechtung bzw. des Rücktritts im Ergebnis vorliegen, worüber erst im Rahmen der nächsten Stufe Beweis zu erheben sein werde. Hinsichtlich des Tatbestandes und des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird Bezug genommen auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts Bremen vom 04.03.2024, Az.: 8 O 843/23 (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Gegen dieses Urte...