Entscheidungsstichwort (Thema)

Kfz-Versicherung, Diebstahl eines Kfz, keine erhebliche Gefahrerhöhung durch Aufbewahrung des Kfz-Scheins hinter der Sonnenblende des Fahrzeugs

 

Leitsatz (amtlich)

Die dauerhafte Aufbewahrung des Kfz-Scheins hinter der Sonnenblende im Inneren des Fahrzeugs stellt keine erhebliche Erhöhung der Gefahr i.S.v. §§ 23, 25 Abs. 1, 29 Satz 1 VVG a.F. dar.

 

Normenkette

VVG a.F. § 6 Abs. 3, §§ 23, 25 Abs. 1, § 29 S. 1, § 61

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 29.10.2009; Aktenzeichen 6 O 1675/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des LG Bremen vom 29.10.2009 (6 O 1675/08) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 6.850 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.10.2008 zu zahlen.

Die Beklagte wird zudem verurteilt, den Kläger von Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwältin [...] i.H.v. 603,92 EUR freizustellen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 43 %, die Beklagte zu 57 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung seinerseits Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistung aus einer Kfz-Teilkaskoversicherung wegen eines angeblichen Autodiebstahls in Anspruch.

Der Kläger war Eigentümer des Pkw Audi A3 mit dem amtlichen Kennzeichen [...], für den er bei der Beklagten die genannte Versicherung unterhielt. Diesbezüglich war ein Selbstbehalt von 150 EUR je Schadensfall vereinbart. Die Allgemeinen Bedingungen der V. AG für die Kraftfahrtversicherung (AKB) - Stand 1.1.2008 - waren in den Vertrag einbezogen.

Der Kläger hat behauptet, er habe das Fahrzeug am 22.2.2008 auf einem Parkstreifen in der B.-Straße in B. abgestellt und ordnungsgemäß verschlossen. Als der Kläger das Fahrzeug am Folgetag gegen 9:30 Uhr wieder habe nutzen wollen, sei es verschwunden, nämlich gestohlen gewesen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe das Vorliegen eines Diebstahls ausreichend dargelegt und bewiesen. Es gebe auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er unredlich sei und deshalb den Vollbeweis eines Diebstahls führen müsse. Auch das ständige Belassen des Fahrzeugscheins im Fahrzeuginneren hinter der Sonnenblende stelle keine erhebliche Gefahrerhöhung dar, denn dadurch werde kein erhöhter Diebstahlsanreiz geschaffen.

Dem Kläger sei durch den Diebstahl ein Schaden i.H.v. 12.000 EUR entstanden, denn der Fahrzeugwert habe sich zum Zeitpunkt des Diebstahls mindestens auf diesen Betrag belaufen. Beim Kauf des Fahrzeugs sei von einem Unfallschaden nichts zu sehen gewesen, der Verkäufer habe ihn auch nicht erwähnt. Der Kläger habe von einem Vorschaden nichts gewusst.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 12.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwältin [...] i.H.v. 837,52 EUR freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat bereits das Vorliegen eines Diebstahles bestritten. Der Kläger sei aufgrund der Gesamtumstände, insbesondere aufgrund unwahren Vortrags in einem anderen Verfahren vor dem LG Osnabrück und dem widersprüchlichen Parteivorbringen in diesem Rechtsstreit, wegen des Fehlens eines Schlüssels und dem Nichtvorliegen eines schriftlichen Kaufvertrages sowie wegen eines verschwiegenen Vorschadens an dem Fahrzeug als unredlich anzusehen. Demgemäß genüge es nicht, dass der Kläger lediglich das äußere Erscheinungsbild eines Diebstahls beweise, sondern er müsse den Vollbeweis des Diebstahls führen. Zudem liege eine zur Leistungsfreiheit führende Obliegenheitsverletzung des Klägers vor, da dieser einen bestehenden Vorschaden in der Schadenmeldung nicht angegeben habe.

Die Beklagte hat sich zudem vorrangig auf eine Leistungsfreiheit wegen erheblicher Gefahrerhöhung berufen, da der Kläger selbst angegeben habe, den Fahrzeugschein ständig im Fahrzeuginneren hinter der Sonnenblende aufzubewahren. Durch dieses Verhalten werde die Gefahr eines Fahrzeugdiebstahls in erheblicher Weise erhöht.

Zuletzt hat die Beklagte auch den geltend gemachten Schaden der Höhe nach bestritten. Das Fahrzeug habe lediglich noch einen Restwert i.H.v. 7.000 EUR.

Mit Urteil vom 29.10.2009 hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Anspruch des Klägers aus ...

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