Leitsatz (amtlich)
Die dauernde Aufbewahrung des Kfz-Scheins im Handschuhfach des Fahrzeugs stellt keine erhebliche Gefahrerhöhung dar.
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 06.11.2009; Aktenzeichen 13 O 1045/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des LG Oldenburg vom 6.11.2009 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger verlangt Leistungen aus einer Kraftfahrt-Versicherung wegen Entwendung eines Lkws.
Der Kläger hatte bei der Beklagten seit dem 6.2.2006 einen Lkw "Pick-Up", Hersteller CMCTR/USA, Ex-Army K 30, olivgrün, teilkaskoversichert. Dem Versicherungsvertrag liegen die AKB, Stand 1.5.2006, zugrunde. Halterin und Eigentümerin war die Fa. G ..., deren Geschäftsführer der Kläger ist. Der Fahrzeugwert betrug 9.500 EUR.
Der Kläger bot das Fahrzeug seit dem 10.6.2008 im Internet zum Verkauf an. Am Mittwoch, den 25.6.2008 in der Zeit zwischen 1.00 Uhr und 6.30 Uhr wurde das Fahrzeug vom Grundstück des Klägers entwendet. Der Kläger hatte es dort, wie üblich, im Freien abgestellt. Der Fahrzeugschein befand sich - wie immer bei allen Fahrzeugen der GmbH - in einer Mappe im Handschuhfach.
Am Sonntag zuvor hatte der Kläger Manipulationen am Zünd- und Türschloss bemerkt. Der Kläger hat behauptet, sowohl das Tür- als auch das Zündschloss seien trotz der Manipulationen noch voll funktionsfähig gewesen. Beim Türschloss sei lediglich die äußere Rosette abgefallen. Diese habe er wieder aufstecken können. Das Zündschloss sei zwar lose in der Halterung gewesen, habe aber technisch einwandfrei funktioniert. Er habe das Fahrzeug starten können und die Lenkradsperre sei ordnungsgemäß eingerastet. Die Manipulationen könnten bis zu 6 Wochen zuvor erfolgt sein, weil er den PickUp längere Zeit nicht gefahren habe. An jenem Sonntag sei er dann gemeinsam mit seiner Frau zum U ... in S. gefahren und gegen 18.00 Uhr zurückgekehrt. Er habe das Fahrzeug rückwärts auf dem Grundstück geparkt und sei dicht an den dort befindlichen Erdwall gefahren. Die Fahrertür habe er ordnungsgemäß durch Herunterdrücken des Türknaufes verriegelt, das Lenkradschloss einrasten lassen. Sodann sei er durch die Beifahrertür ausgestiegen, die er anschließend abgeschlossen habe. Alle Fenster seien heraufgedreht und geschlossen gewesen. Im Übrigen sei das Fahrzeug nur durch Überbrücken zu starten gewesen, da eine der beiden Batterien defekt gewesen sei.
Die Beklagte lehnte Leistungen mit Schreiben vom 15.10.2008 ab.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.500 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2008 zu zahlen, sowie ihn von den außergerichtlichen Kosten seiner Bevollmächtigten i.H.v. 775,64 EUR freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, die Fahrertür sei nicht abgeschlossen und das Lenkradschloss nicht eingerastet gewesen, weil beide Schlösser aufgrund der Manipulationen defekt gewesen seien. Sie hat gemeint, der Kläger habe den Versicherungsfall grob fahrlässig verursacht, da er nach Entdecken der Manipulationen nicht sofort weitere Sicherungsmaßnahmen ergriffen habe. Ferner stelle das dauernde Belassen des Fahrzeugscheines im Handschuhfach eine subjektive Gefahrerhöhung dar, welche zur Leistungsfreiheit des Versicherers führe. Außerdem habe der Kläger bei der Anmeldung des Schadens falsche Angaben hinsichtlich seiner Verkaufsabsichten gemacht. Sie sei daher auch wegen schuldhafter Obliegenheitsverletzungen leistungsfrei.
Das LG hat der Klage nach Anhörung des Klägers stattgegeben. Der Kläger habe den Diebstahl des Lkws nicht grob fahrlässig herbeigeführt. Dies ergebe sich weder aus dem Belassen des Fahrzeugscheins im Fahrzeug noch aus der nicht erfolgten Reparatur der Schlösser. Es liege auch keine erhebliche Gefahrerhöhung i.S.v. §§ 23 Abs. 1, 29 VVG a.F. vor. Die Beklagte sei schließlich auch nicht wegen schuldhafter Obliegenheitsverletzung nach § 7a AKB leistungsfrei geworden, denn es sei nicht erwiesen, dass die Fahrertür nicht verschlossen und das Lenkradschloss nicht eingerastet gewesen sei. Etwaige widersprüchliche Angaben des Klägers zu seinen Verkaufsabsichten seien jedenfalls nicht geeignet, die Interessen der Beklagten ernsthaft zu gefährden.
Mit der Berufung erstrebt die Beklagte weiterhin die Klageabweisung. Sie rügt, das LG habe den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt. Es habe nicht hinreichend beachtet, dass es sich bei dem Fahrzeug um ein Sammlerstück handle. Derartige Fahrzeuge würden nicht gelegentlich entwendet, sondern gezielt gestohlen. Es habe daher nach den entdeckten Manipulationen an den Schlössern für den Kläger auf der Hand gelegen, dass der Täter es nicht bei einem Diebstahlsversuch belassen werde. Unter diesen Umständen sei es grob fahrlässig, dass er das Fahrzeug nicht umgehend gegen Wegnahme geschützt und das Zündschloss repariert habe. Hierin liege im Übrigen eine subjektive Gefa...