Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Form der Aufhebung einer Schriftformvereinbarung in einem Mietvertrag
Leitsatz (amtlich)
›1. Die formularmäßige Vereinbarung der Mietvertragsparteien, eine Verlängerung des Mietverhältnisses i.S.d. § 545 S. 1 BGB müsse ausdrücklich schriftlich vereinbart werden, kann formfrei aufgehoben werden.
2. Der Einwand treuwidrigen Verhaltens des Vermieters ist bei der Abwicklung des Mietvertrags stets zu beachten.
3. Ausnahmsweise kann sich für den Vermieter aus § 242 BGB die Pflicht ergeben, selbst Maßnahmen zu ergreifen, um den Zeitraum, für den der Mieter nach § 546a BGB einzustehen hat, so kurz wie möglich zu halten.‹
Verfahrensgang
LG Bremen (Entscheidung vom 16.05.2006; Aktenzeichen 8 O 1213/05 a) |
Gründe
I. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlich gestellten Antrag auf Klagabweisung weiter. Der Berufungsvortrag der Beklagten ergibt sich aus ihrer Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 04.07.06 (Bl. 106-110 d.A.).
Der Kläger beantragt Zurückweisung der Berufung.
Wegen des Vortrags des Klägers hierzu wird auf das Vorbringen in seinem Schriftsatz vom 19.07.06 (Bl. 127-131 d.A.) Bezug genommen.
II. Die statthafte (§ 511 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§§ 517, 519, 520 ZPO) Berufung der Beklagten ist in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von EUR 23.159,84 nebst Zinsen zu (dazu unter 1.).
Ein weitergehender Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte besteht nicht (dazu unter 2.).
1. Der Kläger kann von der Beklagten für den Zeitraum vom 01.08.03 bis 31.03.04 die Zahlung von Miete und Nebenkosten für die von der Beklagten angemieteten Räumlichkeiten im Hause in Bremen in Höhe von insgesamt EUR 23.159,84 beanspruchen, § 535 Abs. 2 BGB.
Wie der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 23.08.06 im Einzelnen ausgeführt hat, bestand das von den Parteien mit schriftlichem Mietvertrag vom 18.11.86 (Bl. 5 ff. d.A.) begründete Mietverhältnis auch in diesem Zeitraum fort.
Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Das (zunächst auf 10 Jahre befristete) Mietverhältnis der Parteien endete ursprünglich am 31.12.01, nachdem die Beklagte das ihr mietvertraglich eingeräumte Optionsrecht auf fünfjährige Verlängerung des - ursprünglich am 31.12.96 endenden - Mietvertrages ausgeübt hatte. Die Parteien haben das Mietverhältnis jedoch stillschweigend verlängert (§ 545 Satz 1 BGB i.V.m. EGBGB 229 § 5 Satz 2), so dass es erst durch die ordentliche Kündigung der Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 17.12.03 (Bl. 24 d.A.) i.V.m. dem Schreiben der Hausverwaltung C ...... vom 06.01.04 am 31.03.04 endete (§ 580 a Abs. 2 BGB) i.V.m. EGBGB 229 § 5 Satz 2).
Die stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses beruht auf dem nach dem ursprünglichen Mietvertragsende am 13.12.01 von der Beklagten unstreitig fortgesetzten Gebrauch der Mietsache. Für diesen Fall bestimmt die auch vorliegend anwendbare (EGBGB 229 § 5 Satz 2) Vorschrift des § 545 Satz 1 BGB, dass sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortsetzt. Die Geltung dieser Vorschrift haben die Parteien in ihrem Mietvertrag vom 18.11.86 formularmäßig in § 2 Ziffer 2.4 (Bl. 7 d.A.) zwar zunächst wirksam (BGH NJW 91, 1750, 1751) eingeschränkt, in dem sie bestimmt haben, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach dessen Ablauf "ausdrücklich schriftlich vereinbart werden" muss, was unstreitig nicht geschehen ist. Die Schriftformklausel haben die Parteien jedoch in der Folgezeit konkludent aufgehoben, was den Parteien unbenommen blieb (OLG Oldenburg DWW 2001, 88; w.N. bei Palandt-Weidenkaff, § 545 Rn. 4 m.w.N.).
Die konkludente Aufhebung der Schriftformklausel ergibt sich aus der Korrespondenz der Parteien:
Mit Anwaltsschreiben vom 28.04.03 (Bl. 75 d.A.) kündigte die Beklagte der Verwalterin des Mietobjekts, der Firma ............. Immobilien GmbH, an, sie werde sämtliche Zahlungsrückstände ausgleichen und es werde Frau ........... "in das bestehende Vertragsverhältnis" eintreten. Aus dieser Formulierung ergibt sich, dass die Beklagte selbst am 28.04.03 davon ausging, dass das Mietverhältnis mit dem Kläger fortbestehe. Jedenfalls konnte der Kläger, auf dessen Empfängerhorizont es insoweit allein ankommt (§§ 133, 157 BGB), die entsprechende Formulierung in dem Anwaltsschreiben der Beklagten vom 28.04.03 nicht anders verstehen.
Auch der Kläger selbst ging im Mai 2003 von der Fortdauer des Mietverhältnisses der Parteien aus, wie sich aus dem Antwortschreiben seiner Verwalterin vom 07.05.03 (Bl. 76 f. d.A.) ergibt, in dem die Verwalterin der Beklagten u.a. mitteilte, sie werde die "Miete für den Monat Mai 2003" zunächst unberücksichtigt lassen.
Indem die Parteien im April/Mai 2003 übereinstimmend auf das zwischen ihnen fortbestehende Mietverhältnis verwiesen, haben sie konkludent die ...