Leitsatz (amtlich)
1. Die formularmäßige Vereinbarung der Mietvertragsparteien, eine Verlängerung des Mietverhältnisses i.S.d. § 545 Satz 1 BGB müsse ausdrücklich schriftlich vereinbart werden, kann formfrei aufgehoben werden.
2. Der Einwand treuwidrigen Verhaltens des Vermieters ist bei der Abwicklung des Mietvertrags stets zu beachten.
3. Ausnahmsweise kann sich für den Vermieter aus § 242 BGB die Pflicht ergeben, selbst Maßnahmen zu ergreifen, um den Zeitraum, für den der Mieter nach § 546a BGB einzustehen hat, so kurz wie möglich zu halten.
Normenkette
BGB §§ 242, 545 S. 1, § 546a
Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 16.05.2006; Aktenzeichen 8 O 1213/05a) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Bremen - 8. Zivilkammer, Einzelrichter - vom 16.5.2006 wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.159,84 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.5.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 69,5 % und der Kläger 30,5 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlich gestellten Antrag auf Klagabweisung weiter. Der Berufungsvortrag der Beklagten ergibt sich aus ihrer Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 4.7.2006 (Bl. 106-110 d.A.).
Der Kläger beantragt Zurückweisung der Berufung.
Wegen des Vortrags des Klägers hierzu wird auf das Vorbringen in seinem Schriftsatz vom 19.7.2006 (Bl. 127-131 d.A.) Bezug genommen.
II. Die statthafte (§ 511 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§§ 517, 519, 520 ZPO) Berufung der Beklagten ist in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung i.H.v. 23.159,84 EUR nebst Zinsen zu (dazu unter 1.).
Ein weitergehender Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte besteht nicht (dazu unter 2.).
1. Der Kläger kann von der Beklagten für den Zeitraum vom 1.8.2003 bis 31.3.2004 die Zahlung von Miete und Nebenkosten für die von der Beklagten angemieteten Räumlichkeiten im Hause Eduard-Grunow-Str. 24b in Bremen i.H.v. insgesamt 23.159,84 EUR beanspruchen, § 535 Abs. 2 BGB.
Wie der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 23.8.2006 im Einzelnen ausgeführt hat, bestand das von den Parteien mit schriftlichem Mietvertrag vom 18.11.86 (Bl. 5 ff. d.A.) begründete Mietverhältnis auch in diesem Zeitraum fort.
Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Das (zunächst auf 10 Jahre befristete) Mietverhältnis der Parteien endete ursprünglich am 31.12.2001, nachdem die Beklagte das ihr mietvertraglich eingeräumte Optionsrecht auf fünfjährige Verlängerung des - ursprünglich am 31.12.96 endenden - Mietvertrages ausgeübt hatte. Die Parteien haben das Mietverhältnis jedoch stillschweigend verlängert (§ 545 Satz 1 BGB i.V.m. EGBGB 229 § 5 Satz 2), so dass es erst durch die ordentliche Kündigung der Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 17.12.2003 (Bl. 24 d.A.) i.V.m. dem Schreiben der Hausverwaltung Cityplan vom 6.1.2004 am 31.3.2004 endete (§ 580a Abs. 2 BGB i.V.m. EGBGB 229 § 5 Satz 2).
Die stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses beruht auf dem nach dem ursprünglichen Mietvertragsende am 13.12.2001 von der Beklagten unstreitig fortgesetzten Gebrauch der Mietsache. Für diesen Fall bestimmt die auch vorliegend anwendbare (EGBGB 229 § 5 Satz 2) Vorschrift des § 545 Satz 1 BGB, dass sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortsetzt. Die Geltung dieser Vorschrift haben die Parteien in ihrem Mietvertrag vom 18.11.86 formularmäßig in § 2 Ziff. 2.4 (Bl. 7 d.A.) zwar zunächst wirksam (BGH v. 15.5.1991 - VIII ZR 38/90, MDR 1991, 628 = NJW 1991, 1750 [1751]) eingeschränkt, in dem sie bestimmt haben, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach dessen Ablauf "ausdrücklich schriftlich vereinbart werden" muss, was unstreitig nicht geschehen ist. Die Schriftformklausel haben die Parteien jedoch in der Folgezeit konkludent aufgehoben, was den Parteien unbenommen blieb (OLG Oldenburg DWW 2001, 88; w.N. bei Palandt-Weidenkaff, § 545 Rz. 4, m.w.N.).
Die konkludente Aufhebung der Schriftformklausel ergibt sich aus der Korrespondenz der Parteien:
Mit Anwaltsschreiben vom 28.4.2003 (Bl. 75 d.A.) kündigte die Beklagte der Verwalterin des Mietobjekts, der Firma Cityplan Immobilien GmbH, an, sie werde sämtliche Zahl...