Entscheidungsstichwort (Thema)
Blickfangwerbung mit Differenzbeträgen
Leitsatz (amtlich)
1. Wird in einer Werbebeilage durchgehend mit (Teil-oder End-)Preisangaben als Blickfang geworben, so ist es irreführend, wenn dort für einen einzelnen Artikel in gleicher grafischer Aufmachung blickfangmäßig die (gegenüber dem Endpreis geringere) Differenz zwischen der unverbindlichen Preisangabe des Herstellers und dem vom Werbenden verlangten Preis hervorgehoben wird.
2. Die Blickfangwerbung mit Differenzbeträgen, die sich aus einem Vergleich des vom Werbenden verlangten Preises mit anderen Preisen oder Preisempfehlungen ergeben, kann nicht allgemein als irreführend untersagt werden, weil nur Endpreise blickfangmäßig hervorgehoben werden dürften.
Normenkette
UWG § 3
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 12 O 65/01) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Bremen v. 29.3.2001 (12-O-65/01) abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 500.000 DM und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten gegen einen der Geschäftsführer zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für Artikel des Sortiments mit einem blickfangartig hervorgehobenen Betrag zu werben, soweit es sich dabei nicht um den Endpreis handelt, wenn dies geschieht wie in der Werbung v. 1.2.2001 für den Panasonic DVD-Player RV 20 EG.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Antragsgegnerin bewarb in einer Tageszeitung verschiedene Artikel der Unterhaltungselektronik in der Weise, dass sie die Endpreise blickfangmäßig herausstellte; daneben gab sie in kleinerer Aufmachung – weiß auf schwarzem Grund und schwarz auf weißem Grund – die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers und den Betrag an, den der Kunde gegenüber dieser Preisempfehlung sparte. In derselben Werbung wurde ein Panasonic DVD-Player RV 20 EG in der Weise beworben, dass diesmal die Ersparnis blickfangmäßig herausgestellt wurde, während in dem schwarzen bzw. weißen Kästchen die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers und der eigene Preis genannt waren.
Das LG hat im Wege der einstweiligen Verfügung der Antragsgegnerin aufgegeben, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für Artikel des Sortiments mit einem blickfangmäßig hervorgehobenen Betrag zu werben, soweit es sich dabei nicht um den Endpreis handelt, insbesondere wenn dies in der Weise geschehe, wie für den Panasonic DVD-Player RV 20 EG geworben worden ist.
Die gegen das landgerichtliche Urteil eingelegte Berufung führte zur Einschränkung des Unterlassungsgebots.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Verfügungsbeklagten (Beklagten) ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Für die – hier vorliegende – Zustellung gemäß § 212a ZPO ist Voraussetzung der Wirksamkeit die Empfangsbereitschaft des Rechtsanwalts, an den die Zustellung gerichtet ist; dazu genügt es nicht, dass der Anwalt von dem zuzustellenden Schriftstück Kenntnis nimmt, sondern er muss auch den Willen äußern, das zur Empfangnahme angebotene Schriftstück als zugestellt entgegenzunehmen (BGH NJW 1989, 1154 m.N.). Maßgeblich ist die Beurkundung des Zustellungsdatums durch den Anwalt, nachdem er das zuzustellende Schriftstück entgegengenommen und zum Verbleib in Gewahrsam genommen hat, weil nur so eine sichere Feststellung der an die Zustellung anknüpfenden Fristen gewährleistet ist (BGH NJW 1974, 1469).
Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Der in der Werbebeilage der Beklagten in der Werbung für den DVD-Player blickfangartig hervorgehobene (DM-)Betrag ruft beim flüchtigen Durchblättern – sowie der Inhalt einer mehrseitigen (hier: achtseitigen) Werbebeilage von einem durchschnittlich informierten und aufmerksamen Verbraucher wahrgenommen wird – zunächst den falschen Eindruck hervor, es handele sich dabei – wie bei allen anderen beworbenen Artikeln – um eine Preisangabe, und zwar mangels eines weiterführenden Hinweises („Sternchenhinweis”) um die Angabe des Endpreises. Erst bei näherer Befassung mit den weiteren zu dem beworbenen DVD-Player gemachten Textangaben stellt man fest, dass die blickfangartig hervorgehobene Betragsangabe nicht den Endpreis des Geräts, sondern die Preisdifferenz gegenüber dem unverbindlichen Richtpreis des Herstellers angibt, wie sich aus dem darunter in erheblich kleinerer Schrift gedruckten Zusatz „sparen Sie gegenüber der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers” und der Gegenüberstellung der UVP und des von der Beklagten verlangten Preises in dem neben dem Blickfang stehenden Kästchen ergibt. Dieser durch den Blickfang hervorgerufene falsche erste Eindruck genügt nach st. Rspr., um den Irreführungstatbestand des § 3 UWG zu erfüllen. Er ist ...