Normenkette
ZPO § 888
Verfahrensgang
LG Stade (Aktenzeichen 6 O 348/98) |
Tenor
Unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses sowie des Nichtabhilfebeschlusses vom 10.3.2003 wird der Antrag der Gläubigerin vom 13.1.2003, gegen die Schuldnerin Zwangsgeld, hilfsweise Zwangshaft festzusetzen, abgelehnt.
Die Gläubigerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Gegenstandswert für das Verfahren in erster Instanz beträgt 55.814,65 Euro und für das Beschwerdeverfahren 3.000 Euro.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist zulässig (§ 567 Abs. 1 Nr. 1, § 569 Abs. 1, § 793 ZPO) und begründet.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LG gegen die Schuldnerin zur Erzwingung der im vollstreckbaren Urteil des LG L. vom 14.4.2000 erfolgten Verurteilung zu Ziff. 1, dem (vormaligen) Kläger als Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am 9.8.1994 in … verstorbenen V. Auskunft und Rechenschaft zu legen über den Verbleib der aus dem Nachlass der V. erhaltenen
– am 19.4.1995 193.127,00 DM
– am 12.6.1995 3.928,84 DM
– am 15.6.1995 226.000,00 DM
– am 20.6.1995 13.600,00 DM
und die entspr. Belege beizufügen, sowie der Verurteilung zu Ziff. 1c, die vollständigen Namen und Anschriften der von der Schuldnerin benannten Zuwendungsempfänger dem Kläger (Gläubiger) anzugeben:
– der Tochter T.
– des Sohnes S.
– der angeblichen Pflegerin P.
– des Kindes Nr. 4
– des Kindes Nr. 5,
ein Zwangsgeld i.H.v. 3.000 Euro, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 500 Euro ein Tag Zwangshaft, verhängt.
Die Festsetzung dieses Zwangsgeldes gem. § 888 Abs. 1 ZPO kam jedoch deshalb nicht in Betracht, weil die Schuldnerin durch die an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerichteten Schreiben vom 4.4.2002 und 2.12.2002 ihre Verpflichtungen aus dem Urteil erfüllt hat.
1. Dieser Einwand rechtzeitiger Erfüllung ist auch im Verfahren nach §§ 888, 891 ZPO zu berücksichtigen (OLG Bamberg v. 6.7.1992 – 7 WF 101/92, FamRZ 1993, 581; OLG Karlsruhe v. 19.1.2001 – 2 WF 52/00, NJW-RR 2002, 220; Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 888 Rz. 11; Schilken in MünchKomm/ZPO, §§ 803–1066, 2. Aufl., § 888 Rz. 8; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., §§ 888 Rz. 9, 887 Rz. 8; ferner KG v. 9.2.1987 – 24 W 6684/86, NJW-RR 1987, 840 [841], wenn die Erfüllung durch Urkundenbeweis belegt wird). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Sachverhalt hinreichend geklärt ist und der Erfüllungseinwand sich ohne Verzögerung des Vollstreckungsverfahrens erledigen lässt (OLG Celle, Beschl. v. 25.10.1990 – 22 W 98/90; v. 11.11.1991 – 22 W 114/91; so auch BayObLG NZM 2002, 489 [491]). Soweit demgegenüber die Auffassung vertreten wird, der Schuldner sei mit dem Erfüllungseinwand – soweit die Erfüllung nicht unstreitig ist – im Zwangsgeldfestsetzungsverfahren ausgeschlossen und müsse stattdessen Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO erheben (so OLG Köln v. 21.11.1988 – 20 W 76/88, MDR 1989, 271 = NJW-RR 1989, 188; v. 17.6.1992 – 19 W 22/92, OLGReport Köln 1992, 268 = FamRZ 1992, 1328; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 63 [64]; OLGZ 1976, 376 [379]; OLG Dresden v. 26.6.2000 – 20 WF 329/00, FamRZ 2001, 178; Musielak/Lackmann, ZPO, 3. Aufl., §§ 888 Rz. 8, 887 Rz. 19), vermag der Senat dem jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen.
Schon dem Wortlaut des § 888 ZPO lässt sich nicht entnehmen, dass der Schuldner mit dem Erfüllungseinwand ausgeschlossen und auf die Vollstreckungsabwehrklage verwiesen wäre. Entsprechendes lässt sich auch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht ableiten. Das Vollstreckungsverfahren soll dem Gläubiger die Möglichkeit einer zwangsweisen Erfüllung seines titulierten Anspruchs ermöglichen, wenn der Schuldner diesen nicht freiwillig erfüllt. Hat der Schuldner mithin bereits erfüllt, so fehlt es an einem noch mit Zwangsmitteln durchzusetzenden Anspruch des Gläubigers auf Erzwingung der geschuldeten Leistung (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 888 Rz. 11).
Es widerspräche dem Grundsatz prozessualer Waffengleichheit, wenn einerseits der Gläubiger einen Antrag auf Festsetzung des Zwangsgeldes nach § 888 ZPO mit der Begründung stellen könnte, der Schuldner sei seiner Verpflichtung aus dem Vollstreckungstitel nicht nachgekommen, andererseits dem Schuldner aber der Haupteinwand bereits erfolgter Erfüllung abgeschnitten wäre und er lediglich zur Höhe des Zwangsgeldes oder zu einer behaupteten nachträglichen Unmöglichkeit der Erfüllung vortragen könnte (so aber OLG Köln v. 17.6.1992 – 19 W 22/92, OLGReport Köln 1992, 268 = FamRZ 1992, 1328). Es ist nicht gerechtfertigt, dass der Schuldner in Fällen von ihm behaupteter Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung zunächst Zwangsgeld und ggf. Zwangshaft hinnehmen muss, bevor er über den Weg einer Vollstreckungsgegenklage die von ihm geschuldete Erfüllung nachweisen kann.
Der Sinn und Zweck des § 767 ZPO steht einer Berücksichtigung des Erfüllungseinwandes im Verfahren nach § 888 ZPO ebenfalls nicht entgegen. Durch die Vollstreckungsgegenklage soll sichergestellt werden, dass das Prozessgericht d...