Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde gegen einen Ausschließungsbeschluss im Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung von Urkunden
Leitsatz (amtlich)
Der frühere Grundstückseigentümer, dem nach Tilgung der besicherten Forderung ein unbedingter Anspruch auf Rückabtretung der Grundschuld zusteht, ist zur Beschwerde gegen einen Ausschließungsbeschluss zur Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs berechtigt, der auf Antrag seines Rechtsnachfolgers, welcher das Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung mit der als Teil des geringsten Gebots bestehen gebliebenen Grundschuld erworben hat, erlassen wurde. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Grundschuldbrief für den früheren Grundstückseigentümer von der Grundschuldgläubigerin unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt worden ist.
Normenkette
BGB §§ 372, 376, 378, 952, 1143, 1154, 1160, 1192; FamFG §§ 17, 59, 63, 439, 466-468
Verfahrensgang
AG Otterndorf (Aktenzeichen 2 II 1034/19) |
Tenor
I. Dem Beschwerdeführer wird wegen Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
II. Auf seine Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts Otterndorf vom 24. April 2020 aufgehoben. Der Aufgebotsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
IV. Der Geschäftswert wird festgesetzt auf bis zu 7.000 EUR.
Gründe
I. Zu entscheiden ist über die Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs im Aufgebotsverfahren nach § 466ff FamFG.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des im Grundbuch von B. Blatt 1656 eingetragenen Grundbesitzes. Sie hat die Immobilie im Wege der Zwangsversteigerung zur Aufhebung einer Erbengemeinschaft durch Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Otterndorf vom 28. November 2018, Az.: 9a K 27/17, erworben. Im Grundbuch ist in Abteilung III unter Nr. 6 seit 1978 eine Grundschuld für die Volksbank S. über 80.000 DM nebst Zinsen eingetragen, die im Rahmen der Zwangsversteigerung als Teil des geringsten Gebots bestehen geblieben ist.
Anfang November 2019 hat die Antragstellerin beim Amtsgericht das Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung des zu vorgenannter Grundschuld gehörenden Grundschuldbriefs beantragt. Dabei hat sie an Eides Statt versichert, dass die Grundschuld nicht mehr valutiere, die von der Gläubigerin erteilte Löschungsbewilligung sowie der übersandte Grundschuldbrief bei den Voreigentümern nicht mehr auffindbar seien und die Gläubigerin die Löschungsbewilligung am 4. Juni 2019 erneut erteilt habe. Sie - die Antragstellerin - habe den Grundschuldbrief nicht in den Händen und ihr sei nicht bekannt, wo er sich befinde. Ihrer Kenntnis nach sei die Grundschuld weder weiter abgetreten noch verpfändet worden, auch von einer Pfändung sei ihr nichts bekannt. Dem Antrag ist eine von der Volksbank S. erteilte Löschungsbewilligung vom 4. Juni 2019 beigefügt nebst einem Begleitschreiben vom 7. Juni 2019, in dem die Volksbank an Eides Statt versichert, dass die Grundschuld nicht mehr valutiere und die bereits erstellte Löschungsbewilligung sowie der dazugehörige Grundschuldbrief sich nicht mehr in ihrem Besitz befänden.
Ohne weitere Ermittlungen anzustellen, hat das Amtsgericht nach Einsicht in die
Grundakte unter dem 13. Dezember 2019 das Aufgebot erlassen und zur Anmeldung von Rechten und Vorlage des Briefes eine Frist bis zum 12. April 2020 bestimmt. Durch Beschluss vom 24. April 2020 hat es den Grundschuldbrief sodann für kraftlos erklärt.
Gegen diese Entscheidung hat Herr E.S., ein Mitglied der Erbengemeinschaft, die vor der Antragstellerin Eigentümerin des Grundstücks war, mit Schreiben vom 24. September 2020, eingegangen beim Amtsgericht am 29. September 2020, Beschwerde eingelegt und zugleich beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Aufgebotsfrist zu gewähren. Zur Begründung trägt er unter Versicherung an Eides Statt vor, von dem Aufgebotsverfahren erst am 21. September 2020 per Zufall erfahren zu haben. Der Grundschuldbrief sei keineswegs verloren gegangen, sondern von der Volksbank beim Amtsgericht hinterlegt worden, da sein Halbbruder und Miterbe Herr E.M. der Herausgabe des Grundschuldbriefs an ihn - den Beschwerdeführer - nicht zugestimmt habe. Die Rechte aus der Eigentümergrundschuld stünden ihm gegenüber dem Ersteher zu. Der Beschwerde sind an den Beschwerdeführer gerichtete Schreiben der Volksbank vom 4. August 2020 und 4. September 2020 beigefügt. In dem Schreiben vom 4. August 2020 heißt es, mit Rückzahlung der Verbindlichkeiten bestehe die Grundschuld als Eigentümergrundschuld fort. Eine Aushändigung des Grundschuldbriefes und Abtretung der entstandenen Eigentümergrundschuld könne erst vorgenommen werden, wenn eine übereinstimmende Erklärung aller ehemaligen Eigentümer vorliege und die Übernahme der anfallenden Notarkosten versichert werde. In dem Schreiben vom 4. September 2020 teilt die Volksbank mit, der Grundschuldbrief sei beim Amtsgericht S. zum Aktenzeichen 11 HL 41/20; WHB-Nr.: 129/20, hinterlegt worden.
Du...