Leitsatz (amtlich)
Zur Verwertung überlassenes Altpapier ist ein Entgelt i.S.d. § 99 GWB für die Dienstleistung Verwertung (in Festsetzung OLG Celle 13 Verg 26/03), es sei denn, der Verwerter zahlt einen angemessenen Kaufpreis für das Altpapier.
Verfahrensgang
Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg (Beschluss vom 18.05.2004; Aktenzeichen 203 VgK-06/2004) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung vom 18.5.2004 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Auftraggebers zu tragen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 108.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Zweckverband Abfallwirtschaft Region ... ist öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für die Region ... Der Zweckverband wollte das dabei von ihm gesammelte Abfallpapier unbearbeitet frei Haus verkaufen. Er forderte die Beschwerdeführerin und fünf weitere Unternehmen auf, Gebote auf den Kaufpreis für das Altpapier zu machen. Die Beigeladene blieb Meistbietende, der Zweckverband schloss mit ihr den Vertrag vom 18.12.2003, in dessen § 1 der Vertragsgegenstand so bezeichnet ist:
Fa. ... übernimmt das vom Zweckverband im Rahmen der Altpapiersammlung und Verpackungssammlung gesammelte Gemisch aus Papier, Pappe und Karton und führt es einer stofflichen Verwertung zu.
Zum Entgelt ist in § 3 1. des Vertrages vereinbart:
Der Zweckverband erhält von der Firma ... für das Gemisch einen Festpreis von 48,25 Euro je t.
Erfolglos machte die Beschwerdeführerin im Vergabenachprüfungsverfahren geltend, der Vertrag vom 18.12.2003 sei tatsächlich die Vergabe eines öffentlichen Auftrages zur dem Zweckverband obliegenden Abfallverwertung gem. § 16 KrW-/Abfg, das Entgelt stelle das überlassene Altpapier dar. Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag als unzulässig zurück. Es fehle schon an einer Dienstleistung, denn das Abfallpapier sei Handelsware, nicht mehr zu beseitigender Abfall.
Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Vergabebeschwerde. Sie meint, es handele sich weiterhin um Abfall, dessen Entsorgung gegen Entgelt geschuldet werde. Der erkennende Senat habe bereits im Verfahren 13 Verg 26/03, Beschluss vom 5.2.2004, zutreffend erkannt, dass auch überlassenes Altpapier das Entgelt darstellen könne. Außerdem liege in dem Altpapier noch eine Veredelungschance, die während der Laufzeit des Vertrages vom 18.12.2003 zu einem erheblichen Gewinn von bis zu 15.480.000 Euro führen. Dies sei das Entgelt für die Dienstleistung der Verwertung des Altpapiers. Diese Rechtsauffassung werde auch unterstützt durch den Beschluss des OLG Düsseldorf vom 12.1.2004 - VII Verg 71/03, das trotz Abkaufes des Altpapiers eine entgeltliche Dienstleistung angenommen habe. Mit der Weggabe des Abfallpapieres habe der Zweckverband auf diese Verwertungschance zugunsten der Beigeladenen verzichtet.
Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die Entscheidung der Vergabekammer aufzuheben, die Nichtigkeit des Vertrages vom 18.12.2003 festzustellen und den Zweckverband zu verpflichten, die Verwertung von Altpapier Europaweit auszuschreiben.
Die übrigen Beteiligten haben beantragt, die Vergabebeschwerde zurückzuweisen.
Der Verkauf des Altpapieres unterliege nicht dem Regime des Vergaberechts. Er stelle auch keinen öffentlichen Auftrag dar, denn er betreffe keine entgeltliche Dienstleistung.
II. Die Vergabebeschwerde ist zulässig, weil § 116 GWB dieses Rechtsmittel rechtfertigt.
Sie ist jedoch unbegründet, weil die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag zu Recht als unzulässig zurückgewiesen hat.
Ausweislich § 100 GWB gilt der 4. Teil des GWB nur für öffentliche Aufträge.
§ 99 GWB definiert im Abs. 1 öffentliche Aufträge als "entgeltliche Verträge, zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen, die Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben ...". Daran fehlt es hier.
1. Das Vertragsdokument des Vertrages vom 18.12.2003 enthält zwei Vertragspflichten. Zum einen haben die Parteien dieses Vertrages einen Kaufvertrag über das Altpapier geschlossen. Der Senat hat keinen Zweifel an der Wirksamkeit dieses Vertrages, selbst wenn es sich im Zeitpunkt der Anlieferung des Altpapiers beim Käufer noch um Abfall handeln sollte, dessen Beseitigung durch Verwertung oder Wiederverwendung Sache des Zweckverbandes wäre.
2. Zum anderen enthält dieser Vertrag auch die Übernahme einer Dienstleistung, denn die Beigeladene verpflichtet sich, das gesammelte Gemisch einer stofflichen Verwertung zuzuführen. Eben dies gebietet das Kreislaufwirtschafts-Abfallgesetz in § 4 dem Zweckverband. Dieser Verwertungsvorgang ist nach dem Verständnis der Parteien - so dass es auf die Frage, wann öffentlich-rechtlich die Abfalleigenschaft endet, nicht ankommt - noch nicht abgeschlossen.
a) Schon aus dem Vertrag der Parteien ergibt sich, dass der Zweckverband mit diesem Vertrag gleichzeitig einen Dritten, die Beigeladene, mit der Erfüllung seiner Pflichten zur stoffl...