Leitsatz (amtlich)
Die Erklärung unrichtiger Tatsachen in einem Mahnantrag mit dem Willen, den Rechtspfleger zum Erlass eines Mahnbescheides gegen den Antragsgegner zu veranlassen, obwohl dem Antragsteller die Nichtexistenz der geltend gemachten Forderung bewusst ist, erfüllt den Tatbestand des versuchten Betrugs.
Normenkette
StGB § 263; ZPO § 691
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hildesheim wird als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Das Amtsgericht Peine verurteilte den Angeklagten am 11. November 2010 wegen versuchten Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil mit der Maßgabe verworfen, dass gegen den Angeklagten eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 50 € verhängt wird.
Nach den getroffenen Feststellungen beantragte der Angeklagte am 19. Januar 2010 beim zentralen Mahngericht in Uelzen drei Mahnbescheide gegen die Eltern und die Lebensgefährtin seines Schuldners, der ihm aus Warenlieferungsverträgen ca. 11.590 € schuldete und diese nach Ableistung einer eidesstattlichen Versicherung nicht abtrug. Dabei wusste der Angeklagte, dass ihm unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch gegen seine Antragsgegner zustand. In den Mahnanträgen gab der Angeklagte als Grund der Hauptforderung jeweils ein angebliches "Schuldanerkenntnis gemäß Rechnungen für Warenlieferungen vom 11.10.2006 bis zum 27.6.2007" an. Mit seiner Vorgehensweise beabsichtigte er, den zuständigen Rechtspfleger zum Erlass entsprechender Mahnbescheide zu veranlassen, um auf deren Grundlage anschließend Vollstreckungsbescheide zu erwirken, aus denen er seine Forderung vollstrecken wollte. Am 29. Januar 2010 wurden im automatisierten Mahnverfahren die Mahnbescheide antragsgemäß erlassen. Nach erfolgter Zustellung der Mahnbescheide erhoben die Antragsgegner am 5. Februar 2010 jeweils Widerspruch.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
II. Die Revision ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Sie ist offensichtlich unbegründet und daher nach § 349 Abs. 2 StPO insgesamt zu verwerfen gewesen. Die zulässig erhobenen Verfahrens und Sachrügen decken weder zum Schuldspruch noch zum Rechtsfolgenausspruch einen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Die Kammer hat auf der Basis einer tragfähigen Beweiswürdigung die für die Annahme eines versuchten Betrugs notwendigen Feststellungen getroffen. Im Hinblick auf die von der Verteidigung geltend gemachten Einwände, dass wegen der Besonderheiten im gerichtlichen Mahnverfahren das Verhalten des Angeklagten ohnehin ungeeignet sei, die Tatbestandsmerkmale des Betrugs zu erfüllen, sieht der Senat sich zu folgenden ergänzenden Bemerkungen veranlasst:
a. Die getroffenen Feststellungen tragen zunächst die Annahme, dass der Angeklagte mit Tatentschluss bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale des § 263 StGB sowie in der Absicht der stoffgleichen und rechtswidrigen Bereicherung gehandelt hat.
aa. Der Vorsatz des Angeklagten war zunächst auf die Täuschung des zuständigen Rechtspflegers über eine Tatsache gerichtet. Zwar stellt die Behauptung, Inhaber einer in Wahrheit nicht bestehenden Forderung zu sein, in erster Linie eine im Rahmen des § 263 StGB irrelevante Rechtsbehauptung dar. Sie beinhaltet jedoch auch eine Täuschung über Tatsachen, wenn sich aus dem Erklärungswert der Äußerung ein objektivierbarer Tatsachenkern ergibt, über dessen Vorhandensein oder Fehlen beim Getäuschten unrichtige Vorstellungen erweckt werden (vgl. Schönke/Schröder - Cramer/Perron, 28. Aufl., § 263 Rn. 9). Soweit in Teilen der Literatur die Ansicht vertreten wird, nach diesem Maßstab enthielte die Individualisierung des Anspruchs in einem Mahnantrag keine Täuschung über Tatsachen, weil aus den im Antrag enthaltenen kargen Angaben keine Behauptungen bezüglich tatsächlicher Umstände herausgelesen werden können (vgl. Kretschmer, GA 2004, 458 (469)), ist diese Auffassung zu eng. Der Behauptung "Schuldanerkenntnis gemäß Rechnungen für Warenlieferungen vom 11. Oktober 2006 bis zum 27. Juni 2007" lässt sich ohne Weiteres der objektivierbare Tatsachenkern entnehmen, dass die im Antrag als Schuldner bezeichneten Personen erklärt haben, für die Forderungen aus den bezeichneten Rechnungen einstehen zu wollen. Damit ist erkennbar, welcher tatsächliche Ablauf hinter der Rechtsbehauptung des Antragstellers stehen soll. Der Hinweis der Revision auf eine vermeintlich dem entgegenstehende Entscheidung des OLG Stuttgart in NJW 1979, 2573 geht fehl. Dieser Entscheidung lag eine Täuschung nur über den Rechtscharakter einer tatsächlich aber entstandenen Forderung zugrunde. Vorliegend ging der Angeklagte aber zutreffend davon aus, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch ge...