Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf das Jugendamt und Ausgestaltung des Umgangs der Mutter
Leitsatz (amtlich)
Umfang des Rechts zum Umgang mit dem Kind bei Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf das Jugendamt.
Normenkette
BGB §§ 1666, 1684
Verfahrensgang
AG Neustadt a. Rbge. (Beschluss vom 11.08.2006; Aktenzeichen 31 F 129/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - FamG - Neustadt vom 11.8.2006 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
1. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die am 16.9.2005 geborene C. M. wird dem Jugendamt der R. H. übertragen. Das Jugendamt hat der Mutter die Pflegeperson, die C. betreut, und deren Anschrift mitzuteilen.
2. Der Mutter steht das Recht zum Umgang mit ihrer Tochter C. jeweils wöchentlich am Samstag für 2 Stunden zu.
Die tageszeitliche Durchführung regeln Mutter und die vom Jugendamt eingesetzte Pflegeperson unter Berücksichtigung ihrer beiderseitigen - vor allem beruflichen - Belange. Der Vater, Herr M. H., darf an den Umgangskontakten teilnehmen. Für die Zeit bis einschließlich September 2007 gilt folgende Einschränkung:
Der Umgang wird von einer vom Jugendamt bestimmten oder nach Vorschlag der Mutter vom Jugendamt akzeptierten Person begleitet.
Sofern der Umgang nicht bei der Pflegefamilie stattfindet, was diese entscheidet, holt die Mutter das Kind dort ab und bringt es dorthin zurück. Die Begleitperson nimmt an dem von der Mutter gestalteten Umgang teil.
3. Hinsichtlich der ersten Instanz trägt jede Partei ihre Kosten selbst. Die Antragsgegnerin trägt die gerichtlichen Auslagen zu ½.
Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die gerichtlichen Auslagen des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin zu ½.
Eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen für das Beschwerdeverfahren findet nicht statt.
Beschwerdewert: 6.000 EUR (je 3.000 EUR elterliche Sorge und Umgang)
Gründe
Die Beschwerde der Mutter, mit der sie die Wiederherstellung ihrer vollen elterlichen Sorge für ihre Tochter C., hilfsweise ein intensiveres sich zeitlich gestaffelt ausweitendes Umgangsrecht erstrebt, ist nur teilweise - in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang - begründet.
Elterliche Sorge:
Wegen einer zumindest bis auf Weiteres bestehenden Gefährdung des Kindeswohls, ist gem. § 1666 Abs. 1 BGB zwar nicht die Entziehung der gesamten elterlichen Sorge, jedoch die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für C. auf das Jugendamt begründet.
C. Eltern sind nicht miteinander verheiratet. Sie waren im Herbst 2005 - unter Beibehaltung der Eigentumswohnung der Mutter - im Hinblick auf die bevorstehende Geburt des Kindes in der Wohnung des Vaters zusammengezogen. Im Alter von 10 Wochen wurde C. auf gerichtliche Anordnung aus der Betreuung der sorgeberechtigten Mutter genommen und einstweiligen unter vorläufige Vormundschaft des Jugendamts der R. H. gestellt, nachdem bei einer Vorstellung des Kindes im Krankenhaus A. d. B. wegen einer Beule am Kopf zusätzlich ältere Brüche an Kopf und Beinen entdeckt wurden, welche nur auf äußere Gewalteinwirkung zurückgeführt werden konnten. Durch wen oder was C., die zu jener Zeit ausschließlich in der Obhut ihrer Eltern war, diese Verletzungen erlitten hat und ob die Mutter die Geschehnisse mitbekommen hat, ist nie aufgeklärt worden. Der im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren (2222 Js 105413/05) eingeschaltete gerichtsmedizinische Sachverständige, Prof. Dr. T. von der M. H. H., kam in seinem Gutachten vom 28.3.2006 sowie der hierzu gefertigten Ergänzung vom 22.6.2006 zu dem Ergebnis, dass ein Unfall, wie ihn die Eltern für möglich hielten (Verletzung an der Spieluhr, dem Waschbecken oder Fallen aus der Wippe) als Ursache auszuschließen sei und nur ein absichtliches Zufügen durch Schlagen des Kindes an einen stumpfen Gegenstand als Verletzungsursache infrage käme.
In der Folgezeit ist jeweils in erster, wie in zweiter Instanz, ein Sachverständigengutachten zur Erziehungsfähigkeit der Mutter, welche unter Aufrechterhaltung ihrer Beziehung mit dem Vater von C., wieder in ihrer eigenen Wohnung lebt, eingeholt worden. Beide Sachverständige kommen unabhängig voneinander zu dem Ergebnis, dass die Mutter, die seit der Herausnahme des Kindes aus ihrem Haushalt - wenn auch seit März 2006 zweimal wöchentlich - begleiteten Umfang mit ihrer Tochter hatte, gegenwärtig noch nicht eigenständig erziehungsfähig ist. Wenngleich die Mutter mit nunmehr 42 Jahren als ausgebildete Krankenschwester mit Tätigkeit in der Chirurgie und nunmehr fast 10-jähriger Berufspraxis in der Altenpflege an sich über hinreichende Kompetenz zur Betreuung und Versorgung auch von Kleinkindern verfügen müsste, kommt die vom Senat beauftragte Sachverständige, Dipl.-Psychologin L. E., nach umfänglicher Exploration in ihrem Gutachten vom 5.1.2007 zu dem Ergebnis, dass die Mutter nicht in der Lage ist, die körperliche Unversehrtheit des Kindes sicherzustel...