Leitsatz (amtlich)
1. Die vertraglich vereinbarte Betriebspflicht entfällt nicht schon deshalb, weil die Fortführung des Betriebes zur Folge hätte, dass Verluste erwirtschaftet werden.
2. Der Vermieter eines Ladenlokals ist mit Rücksicht auf § 893 ZPO nicht gehindert, einen Titel über seinen vertraglich vereinbarten Anspruch auf Erfüllung der Betriebspflicht zu erstreiten, auch wenn auf Grund der aktuellen finanziellen Leistungsunfähigkeit des Mieters die Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO voraussichtlich ins Leere laufen wird.
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Beschluss vom 19.06.2007; Aktenzeichen 3 O 146/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten zu 1 vom 22.6.2007 gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Hildesheim vom 19.6.2007 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 3.600 EUR.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten zu 1 hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG die nachgesuchte Prozesskostenhilfe versagt, weil die Rechtsverteidigung der Verfügungsbeklagten zu 1 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
1. In § 10 des Mietvertrages vom 12.10.2007 haben die Parteien dadurch, dass sie vereinbart haben, dass der Mieter nicht berechtigt ist, das Geschäftslokal zu schließen oder den Geschäftsbetrieb einzustellen, für die Verfügungsbeklagten eine Betriebspflicht begründet. Auch wenn es sich hierbei um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, bestehen gegen die Wirksamkeit der Klausel keine Bedenken (vgl. BGH v. 29.4.1992 - XII ZR 221/90, NJW-RR 1992, 1032), solche bringt die Verfügungsbeklagte zu 1 auch nicht vor.
Die damit vereinbarte Betriebspflicht rechtfertigt den Anspruch des Verfügungsklägers als Vermieter, die Verpflichtung zur Offenhaltung des Geschäfts während der üblichen Geschäftszeiten gegenüber beiden Verfügungsbeklagten als Mieterinnen im Wege einstweiliger Verfügung durchzusetzen, um eine Beeinträchtigung der Attraktivität der gesamten Ladenzeile nicht zu beeinträchtigen (vgl. OLG Düsseldorf ZMR 2001, 131, 132). Die Verfügungsbeklagte zu 1 als eine der Mieterinnen wird von der Betriebspflicht weder durch die behauptete und durch zwei Atteste nur unzureichend belegten wechselnden Erkrankungen noch durch die mangelnde Rentabilität des Geschäfts befreit (vgl. OLG Düsseldorf ZMR 2004, 508).
Dass die Verfügungsbeklagte zu 1 aus Gründen von Erkrankungen selbst den Geschäftsbetrieb nicht aufrecht erhalten kann, ist nicht entscheidend. Wenn die Verfügungsbeklagte zu 2 den Geschäftsbetrieb nicht allein aufrechterhalten kann, müssen sich die Verfügungsbeklagten für die Öffnung des Ladenlokales eines Dritten bedienen. Darauf, dass die Ertragssituation eine derartige Vertretung als unwirtschaftlich erscheinen lässt, kann sich die Verfügungsbeklagte zu 1 im Verhältnis zum Verfügungskläger nicht berufen. Da die Geschäftsentwicklung und damit auch die Notwendigkeit der Inanspruchnahme einer Hilfskraft dem unternehmerischen Risiko des Mieters zuzuordnen ist, entfällt die vertraglich vereinbarte Betriebspflicht auch dann nicht, wenn die Fortführung des Betriebes zur Folge hätte, dass nur Verluste erwirtschaftet werden, so dass es vorteilhafter wäre, das Objekt zu schließen (vgl. BGH, a.a.O.; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rz. 609).
Hinzu kommt, dass die Krankheit und behauptete Mittellosigkeit der Verfügungsbeklagte zu 1 und Beschwerdeführerin nicht auszuschließen vermag, dass sie auf die Verfügungsbeklagte zu 2 als Mitmieterin einwirkt und sie zur Fortsetzung des Geschäftsbetriebes veranlasst und zwar entweder persönlich oder durch einen Ditten. Dass auch die Verfügungsbeklagte zu 2 durch Krankheit an einer Fortführung des Betriebes gehindert wäre, behauptet die Verfügungsbeklagte zu 1 nicht. Im Übrigen hat der Verfügungskläger zwar ein Schreiben der Verfügungsbeklagten zu 2 vom 7.5.2007 vorgelegt, wonach diese nicht über die finanziellen Mittel zur Fortführung des Geschäfts verfügt und finanzielle Probleme hat. Das genügt aber nicht für den von der Verfügungsbeklagten zu 1 zu führenden Nachweis, dass beiden Mieterinnen - notfalls unter Einsatz von Fremdpersonal - die Fortführung des Geschäfts unmöglich ist. Immerhin hat die Verfügungsbeklagte zu 2 keinen Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt. Es kann von der Verfügungsbeklagten zu 1, die unter dem 19.3.2007 mit der Verfügungsbeklagten zu 2 eine Übernahme des Geschäfts durch die Verfügungsbeklagte zu 2 allein vereinbart hat, erwartet werden, dass sie auf die Verfügungsbeklagte zu 2 einwirkt, dass diese den vertraglichen Pflichten beider Mieterinnen ggü. dem Verfügungskläger als Vermieter nachkommt. Insofern kann die Verfügungsbeklagte zu 1 ihrer Leistungsverpflichtung nachkommen.
2. Ein Grund für eine einstweilige Verfügung fehlt im Streitfall auch nicht, weil anzunehmen wäre, dass die nach § 888 ZPO zu bewirkende Zwangsvollstre...