Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg für Beitragsstreitigkeiten in der privaten Pflegeversicherung
Leitsatz (amtlich)
Für Streitigkeiten über die Wirksamkeit einer Beitragserhöhung in der privaten Pflegepflichtversicherung sind die Sozialgerichte zuständig.
Normenkette
GVG § 17a Abs. 4, 2; SGG § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Beschluss vom 10.04.2018; Aktenzeichen 5 O 138/17) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 10. April 2018 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Beschwerdewert wird auf bis zu 500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 23. Mai 2018 (Bl. 238 ff. d. A.) gegen den Beschluss des Landgerichts vom 10. April 2018 (Bl. 225 f. d. A.) ist gemäß § 17 a Abs. 4 S. 2 GVG i.V.m. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 und 2 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt; in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
Für die vom Kläger begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der Erhöhung des Monatsbeitrags in der privaten Pflegeversicherung sind gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 2 SGG die Sozialgerichte zuständig.
Daher hat das Landgericht diesen Teil des Rechtsstreits zu Recht durch den angefochtenen Beschluss abgetrennt und an das Sozialgericht Lüneburg verwiesen.
Im Einzelnen:
1. Gemäß § 51 Abs. 2 S. 1 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auch über privatrechtliche Streitigkeiten in den dort genannten Angelegenheiten, u. a. der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Dies gilt gemäß § 51 Abs. 2 S. 2 SGG für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (SGB XI) entsprechend.
a) Der Gesetzgeber hat mit dieser Vorschrift eine Zuweisung aller Angelegenheiten der sozialen und der privaten Pflegeversicherung an die Sozialgerichte beabsichtigt. Dies ergibt sich aus der Gesetzeshistorie, wie im Beschluss des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 8. August 1996 (Az. 3 BS 1/96, VersR 1998, 486, Rn. 14 bis 23) im Einzelnen dargestellt ist. Diese einheitliche Zuweisung kann - wie hier - dazu führen, dass die Sozialgerichte auch über die richtige Anwendung privatrechtlicher Vorschriften zu entscheiden haben. Dies mag zwar systemwidrig sein, ist jedoch vom Gesetzgeber aufgrund des Sachzusammenhangs mit der sozialen Pflegeversicherung eindeutig gewollt (Kammergericht, Beschluss v. 24. Februar 2015 - 6 W 12/15, juris-Rn. 4 unter Verweis auf BSG, a.a.O.).
Der enge Sachzusammenhang zwischen privater und sozialer Pflegeversicherung ergibt sich auch daraus, dass die Leistungen der privaten Pflegeversicherung, die eine Pflichtversicherung ist, durch die §§ 23, 110 SGB XI weitestgehend vorgeschrieben werden, um eine Gleichwertigkeit des Versicherungsschutzes der sozialen und der privaten Pflegeversicherung zu erreichen, so dass weitgehend gleichartige Rechtsfragen im Streit stehen (Kammergericht, a.a.O., juris-Rn. 4 m. w. N.). Aus den Vorgaben der genannten Bestimmungen folgt zudem, dass es sich bei den Streitigkeiten aus einer privaten Pflegeversicherung in der Regel um materiell-rechtliche Fragen handeln wird, die sich aus der Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften, nämlich des SGB XI, ergeben.
Dass darüber hinaus auch Rechtsfragen angesprochen sein können, die ihre Grundlage im Zivilrecht haben, wie z.B. im Versicherungsvertragsgesetz und im Bürgerlichen Gesetzbuch, und die die im SGB XI festgelegten Leistungsinhalte und Grundansprüche nicht betreffen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Leistungen des Versicherers und die Pflichten der Versicherten, wie z. B. die Beitragspflicht, ergeben sich zwar aus dem Versicherungsvertrag; maßgebend für die Voraussetzungen und den Umfang dieser Ansprüche ist aber das SGB XI (Kammergericht, a.a.O., juris-Rn. 4 m. w. N.).
Allein der Umstand, dass die Rechtsgrundlage für den streitigen Sachverhalt - jedenfalls grundsätzlich - zivilrechtlicher Natur ist, steht dem Rechtsweg zu den Sozialgerichten somit nicht entgegen. Denn die vertraglichen und gesetzlichen privatrechtlichen Regelungen werden öffentlich-rechtlich überlagert durch die Bestimmungen und den sozialen Schutzzweck der Pflegeversicherung, die für die Auslegung der privatrechtlichen Bestimmungen heranzuziehen sind (Kammergericht, a.a.O., juris-Rn. 5 unter Verweis auf BSG, Beschluss vom 8. August 1996. a.a.O, Rn. 27). Deshalb richtet sich die Ausgestaltung der Bedingungen des privaten Pflegepflichtversicherungsvertrages inhaltlich weitgehend nach den Vorgaben des SGB XI, die gemäß § 192 Abs. 6 S. 3 VVG den Bestimmungen des VVG im Übrigen vorgehen (Kammergericht, a.a.O., juris-Rn. 5).
Für den Rechtsweg zu den Sozialgerichten kommt es deshalb auch nicht darauf an, ob im konkreten Fall Einschränkungen der privatrechtlichen Bestimmungen durch die Regelungen zur privaten Pflegeversicherung betroffen sind. Vielmehr reicht aus, dass eine grundsätzliche...