Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung eines Ergänzungspflegers für ein Kind im Verfahren wegen Genehmigung einer Erbausschlagung
Leitsatz (amtlich)
Für die Entgegennahme des Beschlusses, mit dem die Erbausschlagung vom Familiengericht genehmigt wird, ist grundsätzlich ein Ergänzungspfleger zu bestellen, da - unabhängig vom Vorliegen eines erheblichen Interessengegensatzes i.S.v. §§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1796 Abs. 2 BGB - der Beschluss dem Kind gem. § 41 Abs. 3 FamFG bekannt zu geben ist und die Bekanntgabe an das Kind nicht durch Zustellung an die Eltern bzw. den sorgeberechtigten Elternteil erfolgen kann.
Normenkette
BGB § 1909 Abs. 1 S. 1; FamFG § 41 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 15.03.2011; Aktenzeichen 615 F 6102/10) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Beschwerde der Ergänzungspflegerin wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das betroffene Kind J. L. H., geboren am ... 2004, ist aus einer Verbindung seiner Mutter mit Herrn A. V., geboren am ... in ..., verstorben am ... in ..., hervorgegangen. Die Kindeseltern waren nicht miteinander verheiratet.
Aufgrund der Anordnung in seinem Testament ist die Kindesmutter Alleinerbin nach dem verstorbenen Kindesvater geworden. Sie hat die Erbschaft am 13.12.2010 beim AG - Nachlassgericht - Hannover (Az.: 50 VI 5113/10) ausgeschlagen. Die Erbschaft ist daraufhin dem betroffenen Kind angefallen. Die Kindesmutter hat deshalb am 13.12.2010 die Erbschaft auch als gesetzliche Vertreterin des betroffenen Kindes ausgeschlagen und die Genehmigung der Erbschaftsausschlagung beim zuständigen Familiengericht beantragt.
Das AG - Familiengericht - Hannover hat am 15.3.2011 für das betroffene Kind Ergänzungspflegschaft angeordnet und die Landeshauptstadt Hannover zum Ergänzungspfleger bestellt, wobei der Beschluss auf den Antrag der Kindesmutter vom 24.3.2011 hinsichtlich des Datums der Erbausschlagung sowie des Vornamens des betroffenen Kindes durch den Beschluss vom 25.3.2011 berichtigt worden ist. Als Wirkungskreis der Ergänzungspflegerin ist die Entgegennahme der Zustellung des noch zu erlassenden Beschlusses über die Genehmigung der Erbausschlagung vom 13.12.2010 gegenüber dem zuständigen AG - Nachlassgericht - Hannover (50 VI 5113/10) und die Erklärung eines Rechtsmittelverzichts bzw. Einlegung eines Rechtsmittels gegen diesen Beschluss für den Minderjährigen bestimmt worden.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Ergänzungspflegerin, die geltend macht, dass das Kind auch im Wirkungskreis der Ergänzungspflegschaft von der sorgeberechtigten Mutter vertreten werden könne.
II. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt; sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Der angefochtene Beschluss ist zwar formell fehlerhaft, weil das AG entgegen § 160 Abs. 2 S. 1 FamFG die Kindesmutter nicht angehört hat, denn sie hat vor Erlass des Beschlusses keine Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Bei der Bestellung eines Ergänzungspflegers handelt es sich nach § 151 Nr. 5 FamFG um eine Kindschaftssache, so dass die Eltern grundsätzlich anzuhören sind. Anderenfalls wird der in Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz normierte Anspruch der Eltern auf rechtliches Gehör nicht beachtet. Dieser Verfahrensfehler ist aber durch die Zustellung des angefochtenen Beschlusses an die Kindesmutter und deren Berichtigungsantrag vom 24.3.2011 geheilt worden.
Das AG hat zu Recht eine Ergänzungspflegschaft angeordnet.
Nach § 1909 Abs. 1 S. 1 BGB erhält, wer unter elterlicher Sorge steht, für Angelegenheiten, an deren Besorgung die Eltern verhindert sind, einen Pfleger. Eine Verhinderung der Eltern oder - wie hier - eines allein sorgeberechtigten Elternteils ist gem. § 1629 Abs. 2 S. 3 BGB i.V.m. § 1796 Abs. 2 BGB insbesondere gegeben, wenn das Interesse des betroffenen Kindes zu dem Interesse der Kindesmutter in erheblichem Gegensatz steht.
Teilweise wird die Ansicht vertreten, ein allein sorgeberechtigter Elternteil könne das Kind grundsätzlich nicht in einem Erbausschlagungsverfahren vertreten, weil das Interesse des Kindes zu demjenigen der Mutter in erheblichem Gegensatz stehe, so dass die Bestellung eines Ergänzungspflegers notwendig sei (vgl. KG - Beschl. v. 4.3.2010 - 17 UF 5/10, FamRZ 2010, 1171-1173). In Verfahren, die die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand haben, könne das rechtliche Gehör nicht durch den Vertreter des durch die Entscheidung in seinen Rechten Betroffenen wahrgenommen werden. Es sei nicht zu erwarten, dass der Elternteil, wenn die zu erlassende Entscheidung seinem Antrag entspricht, den Beschluss noch einmal unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls prüft (vgl. KG, a.a.O.).
Das KG stützt seine Entscheidung zur Notwendigkeit der Bestellung eines Ergänzungspflegers maßgeblich auf eine Entscheidung des BVerfG, wonach unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens das rechtliche Gehör ...