Leitsatz (amtlich)
Die Frage, wem Rechte im Sinne des § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB "gehören", beantwortet sich wie bei Sachen nach materiellem Recht. Im Fall eines treuhänderisch eingerichteten Kontos kann sich der Treugeber daher auf eine bloß wirtschaftliche Beeinträchtigung bei Einziehung der Forderung des Treunehmers gegen das Kreditinstitut nicht berufen.
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Aktenzeichen 25 KLs 4131 Js 103698/08) |
Tenor
1. Der Beschwerdeführer zu 1) trägt die Kosten seines Beschwerdeverfahrens, nachdem er seine sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Strafkammer 15 - 6. große Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Hildesheim vom 6. März 2009 zurückgenommen hat (§ 473 Abs. 1 StPO).
2. Die sofortigen Beschwerden der Beschwerdeführerinnen zu 3) und 4) gegen den Beschluss der Strafkammer 15 - 6. große Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Hildesheim vom 6. März 2009 werden auf Kosten der Beschwerdeführerinnen zu 3) und 4) als unzulässig verworfen.
3. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 2) wird der Beschluss der Strafkammer 15 - 6. große Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Hildesheim vom 6. März 2009 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung über den Antrag der Staatsanwaltschaft vom 29. August 2008 an dieselbe Kammer zurückverwiesen. Die Kosten der sofortigen Beschwerde einschließlich der insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin zu 2) trägt die Landeskasse.
4. Gegen diese Entscheidung ist keine Beschwerde gegeben (§ 304 Abs. 4 StPO).
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft erhob am 7. September 2007 gegen den Einziehungsbeteiligten und die Beschwerdeführerin zu 2) Anklage wegen leichtfertiger Geldwäsche in elf Fällen. Den Angeklagten wurde vorgeworfen, Geld aus illegalen Geschäften des gesondert verfolgten K.H. W. in Höhe von etwa 839.000 € dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen zu haben, indem der Einziehungsbeteiligte bei der Sparkasse H. ein Wirtschaftsprüfer-Anderkonto mit dem Verwendungszweck "Fremdgeld W." einrichtete und sodann auf Veranlassung der Beschwerdeführerin zu 2) überwiesene Beträge von Auslandskonten der Beschwerdeführerinnen zu 2) bis 4) empfing, obwohl beiden Angeklagten sich hätte aufdrängen müssen, dass die zuvor vom gesondert verfolgten K.H. W. den Beschwerdeführerinnen zu 2) bis 4) übertragenen Vermögenswerte aus gewerbsmäßig begangenen Untreuehandlungen herrührten. Das Verfahren gegen den Einziehungsbeteiligten wurde nach Zahlung einer Geldauflage am 18. April 2008 nach § 153a StPO eingestellt. Das Verfahren gegen die Beschwerdeführerin zu 2) ist noch nicht abgeschlossen. Gegen die Beschwerdeführerinnen zu 3) und 4) sind keine Strafverfahren (mehr) anhängig.
Unter dem 29. August 2008 beantragte die Staatsanwaltschaft im objektiven Verfahren die Einziehung der Forderungen des Einziehungsbeteiligten gegen die Sparkasse H. aus dem oben benannten Anderkonto sowie aus weiteren Konten, die mit Geld von diesem Konto bedient worden sind. Die Kammer hat am 13. November 2008 die Beteiligung des Einziehungsbeteiligten angeordnet. Eine Beteiligung der Beschwerdeführerinnen ist nicht erfolgt.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Kammer ohne vorherige mündliche Verhandlung die Ansprüche des Einziehungsbeteiligten bzgl. der Guthaben auf dessen Konten gegen die Sparkasse H. in Höhe von 742.396 € eingezogen, den Einziehungsantrag im Übrigen zurückgewiesen. Dieser Entscheidung hat sie §§ 261 Abs. 7, 74a Nr. 1, 76a Abs. 1 und 3 StGB zugrunde gelegt und ausgeführt, dass sich auf die Kontoguthaben zumindest die von der Beschwerdeführerin zu 2) nach Aktenlage begangenen Straftaten der leichtfertigen Geldwäsche bezogen haben. Auf die Frage, ob der Einziehungsbeteiligte als Mittäter anzusehen sei, komme es nicht an, da § 74a Nr. 1 StGB die Einziehung auch gegen den nicht vorsätzlich und damit im subjektiven Verfahren nicht verurteilbaren "Quasi-Gehilfen" ermögliche. Dass gegen die Beschwerdeführerin zu 2) noch das subjektive Verfahren durchgeführt werden könne, schließe das objektive Verfahren gegen den Einziehungsbeteiligten nicht aus. Dieser sei auch allein an dem Einziehungsverfahren zu beteiligen gewesen, weil nur er gegenüber der Sparkasse H. als Kontoinhaber berechtigt und verpflichtet sei. Auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit der Ansprüche zum Vermögen der Beschwerdeführerinnen zu 2) bis 4) komme es nicht an, weil bei der Einziehung die formale Rechtsposition im Vordergrund stehe. Diese habe sich auch nicht durch die rückwirkende Aufhebung der Treuhandvereinbarung geändert, weil die Ansprüche des Einziehungsbeteiligten zuvor mit einem dinglichen Arrest belegt worden seien und die zu Lasten der Einziehungsgläubigers vorgenommenen Rechtsgeschäfte diesem gegenüber unwirksam seien.
Gegen diesen Beschluss haben die Beschwerdeführer 1) bis 4) sofortige Beschwerde eingelegt. Der Einziehungsbeteiligte hat seine sofortige Beschwerde mittlerweile zurückgenommen. Die Beschwerdeführerinnen zu 2) bis 4) berufen sich darauf, dass die eingezo...