Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe. Mutwilligkeit i.S.v. § 114 S. 1 ZPO
Leitsatz (amtlich)
Ein Antrag auf rückwirkende Abänderung eines Unterhaltstitels gem. § 238 FamFG für die Zeit vor Einreichung des Abänderungsantrages bzw. des Verfahrenskostenhilfeantrages für ein Abänderungsverfahren ist mutwillig i.S.d. § 114 ZPO, soweit durch die Gegenstandswerterhöhung gem. § 51 Abs. 2 FamGKG erhebliche Mehrkosten dadurch entstehen, dass der Antragsteller ohne nachvollziehbaren Grund nicht zeitnah nach einem Auskunfts- oder Verzichtsverlangen einen verfahrenseinleitenden Antrag bei Gericht stellt.
Normenkette
ZPO § 114; FamFG § 238; FamFGKG § 51
Verfahrensgang
AG Uelzen (Beschluss vom 14.05.2010; Aktenzeichen 3c F 2004/10) |
Tenor
die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 10.6.2010 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Uelzen vom 14.5.2010 durch den Vorsitzenden Richter am OLG W., den Richter am OLG B. und den Richter am AG G. am 5.7.2010 beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller ist der Vater des am 8.10.1990 ehelich geborenen Antragsgegners. Die Ehe zwischen dem Antragsteller und der Mutter des Antragsgegners ist rechtskräftig geschieden. Durch Urteil des AG Uelzen vom 14.4.1997 ist der Antragsteller verurteilt worden, an den seinerzeit noch von seiner Mutter vertretenen Antragsgegner Kindesunterhalt i.H.v. monatlich 314 DM zu zahlen.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 28.2.2008 hat der Antragsteller die betreuende Mutter des zu diesem Zeitpunkt noch nicht volljährigen Antragsgegners aufgefordert, auf die Rechte aus dem Urteil des AG Uelzen vom 14.4.1997 zu verzichten, weil der Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Zahlung von Kindesunterhalt leistungsfähig sei. Ein Verzicht hinsichtlich der Rechte des Antragsgegners aus dem Titel erfolgte in der Folgezeit nicht.
Mit Schriftsatz vom 30.12.2009, beim AG am selben Tag eingegangen, beantragte der Antragsteller, ihm Verfahrenskostenhilfe für ein Abänderungsverfahren zu bewilligen, mit dem er eine Abänderung des Urteils des AG Uelzen vom 14.4.1997 dahingehend erreichen möchte, dass er dem Antragsgegner ab 18.3.2008 keinen Unterhalt mehr schuldet.
Das AG hat dem Antragsteller mit Beschluss vom 14.5.2010 Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten bewilligt, soweit er eine Abänderung des Urteils vom 14.4.1997 für den Unterhaltszeitraum ab Januar 2010 begehrt. Im Übrigen hat das AG den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Die teilweise Zurückweisung des Antrages hat es damit begründet, dass eine Abänderung des Unterhaltstitels allenfalls ab Januar 2010 begehrt werden könne, weil gem. § 238 Abs. 3 S. 4 FamFG eine Herabsetzung des Unterhalts für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit liegende Zeit nicht verlangt werden könne. Eine Partei, die die Kosten des Verfahrens selbst aufbringen müsste, würde aber einen solchen Zeitraum nicht verstreichen lassen, da durch die rückwirkende Abänderung der Wert des Verfahrens steige und dadurch höhere Kosten entstünden.
Gegen die teilweise Zurückweisung seines Antrages auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde und begründet diese mit der Ansicht, dass gem. § 238 Abs. 3 S. 3 FamFG ein Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts auch für die Zeit ab dem Ersten des auf ein entsprechendes Auskunfts- oder Verzichtsverlangen des Antragstellers folgenden Monats zulässig sei.
II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, Beschwerde ist nicht begründet.
Zutreffend geht der Antragsteller zwar davon aus, dass gemäß dem am 1.9.2009 in Kraft getretenen § 238 Abs. 3 S. 3 FamFG ein Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts für die Vergangenheit für die Zeit ab dem Ersten des auf ein entsprechendes Auskunfts- oder Verzichtverlangens folgenden Monats zulässig ist. Gemäß § 238 Abs. 3 S. 4 FamFG findet die rückwirkende Abänderung von Unterhaltstiteln insoweit eine weitere zeitliche Einschränkung, als für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit liegende Zeit eine Herabsetzung nicht verlangt werden kann. Bislang ist die Antragsschrift vom 30.12.2009 nicht zugestellt worden, so dass bereits aus diesem Grunde die beabsichtigte Rechtsverfolgung für den Unterhaltszeitraum vor Juli 2009 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Darüber hinaus dürfte eine rückwirkende Abänderung nach § 238 FamFG in Form einer Herabsetzung eines titulierten Unterhaltsanspruchs für den Unterhaltszeitraum vor Inkrafttreten des Gesetzes, also vor dem 1.9.2009, bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen sein. Gemäß § 323 Abs. 3 ZPO in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung war eine rückwirkende Abänderung mit dem Ziel der Herabsetzung der Unterhaltspflicht für die Zeit vor Rechtshängigkeit der Abänderungsklage nicht möglich. Da der Antragsteller bis zum 31.8.2009 aber keine Abänderungsklage erhoben hatte, bestand für den Antragsgegner bis zum Inkrafttreten des FamFG e...