Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltung einer Geschwindigkeitsbeschränkung bei einem durch Dauerlichtzeichen "rote gekreuzte Schrägbalken" angeordneten Fahrstreifenbenutzungsverbot
Leitsatz (amtlich)
1. Ist für einen Fahrstreifen einer mehrspurigen Autobahn nach § 37 Abs. 3 Satz 2 StVO durch ein Dauerlichtzeichen "rote gekreuzte Schrägbalken" ein Fahrstreifenbenutzungsverbot angeordnet worden, gelten für diesen Abschnitt nicht die auf benachbarten Fahrspuren oder auf dem zuvor freigegebenen Abschnitt mit dem Verkehrszeichen 274 der Anlage 2 zur Straßenverkehrsordnung (StVO) angeordneten Beschränkungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.
2. Die Höhe der gefahrenen Geschwindigkeit kann jedoch bei der Bemessung der Rechtsfolge berücksichtigt werden und eine Sanktionierung oberhalb von der Regelahndung nach der Anlage zu § 1 Abs. 1 des Bußgeldkatalogs (BKatV) sowie die Verhängung eines Fahrverbotes außerhalb vom Regelfahrverbot nach § 4 BKatV rechtfertigen.
Normenkette
StVO § 37 Abs. 3 Sätze 2, 3 Nr. 2, § 41 Abs. 1 Anl. 2 Zeichen 274; StVG § 24 Abs. 1; OWiG § 79 Abs. 6; BKatV § 1 Abs. 2, § 4
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Bückeburg vom 21. März 2019 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass - unter Beibehaltung des Rechtsfolgenausspruchs nebst dem angeordneten Fahrverbot - die tateinheitliche Verurteilung des Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts um 63 Km/h entfällt.
Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Durch Bußgeldbescheid des Landkreis Schaumburg vom 20. August 2018 ist gegen den Betroffenen wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 63 Kilometer pro Stunde sowie tateinheitlicher Missachtung des Dauerlichtzeichens "rote gekreuzte Schrägbalken" eine Geldbuße von 485,- Euro und ein Fahrverbot von zwei Monaten verhängt worden.
Auf seinen Einspruch hat das Amtsgericht Bückeburg den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts um 63 Kilometer pro Stunde in Tateinheit mit fahrlässiger Missachtung des Dauerlichtzeichens "rote gekreuzte Schrägbalken" für schuldig befunden und eine Geldbuße von 485,- Euro verhängt. Zudem hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen ein Fahrverbot mit einer Dauer von zwei Monaten unter Anwendung von § 25 Abs. 2a StVG angeordnet.
Nach den Feststellungen befuhr der Betroffene am 12. Juli 2018 um 8:20 Uhr als Führer des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ... auf der Bundesautobahn 2 im Bereich der Gemarkung L. in Fahrtrichtung H. den linken von in diesem Streckenabschnitt insgesamt drei Fahrstreifen, für den zum Tatzeitpunkt aufgrund eines zuvor elektronisch auf einem Wechselverkehrszeichen (WVZ) angezeigten roten gekreuzten Schrägbalkens ein Fahrstreifenbenutzungsverbot im Sinne des § 37 Abs. 3 S. 2 StVO angeordnet worden war. In Höhe des Kilometers 279,200 ist sodann unter Verwendung des automatisierten Verkehrs-Kontroll-Systems Vidit VKS 3.0 durch den diensthabenden Polizeibeamten PKH Brandt die dem Betroffenen vorwerfbare Geschwindigkeit nach Abzug vorgeschriebenen Toleranzabzugs mit 123 Kilometern pro Stunde festgestellt worden.
Die Geschwindigkeit des vom Betroffenen durchfahrenen Streckenabschnitts war zuvor mittels einer Verkehrsbeeinflussungsanlage (VBA) durch in diesem Bereich über den Fahrstreifen installierte elektronische Schildertafeln geregelt worden. Für jede der drei Fahrspuren waren dazu auf Autobahnschilderbrücken montierte lichtemittierende Wechselverkehrszeichenanlagen in mehreren aufeinanderfolgenden Streckenabschnitten installiert.
In Höhe des Kilometers 283,620 war die Geschwindigkeit zunächst auf allen drei Fahrstreifen durch die jeweils darüber angebrachten elektronischen Schildertafeln unter Anzeige des Verkehrszeichens 274 der Anlage 2 zur Straßenverkehrsordnung (StVO) auf 120 Kilometer pro Stunde begrenzt worden.
In Höhe des nachfolgenden Streckenabschnitts ab dem Kilometer 282,110 wurde über der mittleren und der rechten Fahrspur eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 Kilometern pro Stunde angeordnet, wobei neben dem Verkehrszeichen 274 im Hinblick auf eine nachfolgende Autobahnbaustelle zusätzlich auch das Zeichen 123 der Anlage 1 zur Straßenverkehrsordnung für eine Arbeitsstelle visualisiert wurde. Auf dem linken Fahrstreifen signalisierte die elektronische Anlage hingegen einen gelb blinkenden schräg nach unten gerichteten Pfeil mit der Anordnung nach § 37 Abs. 3 S. 4 StVO, den Fahrstreifen in Richtung des Pfeils zu wechseln.
Ab dem Kilometer 280,470 ist die Geschwindigkeit schließlich durch Anzeige des Verkehrszeichens 274 sowie des Zeichens 123 auf der über dem mittleren als auch dem rechten Fahrstreifen angebrachten Tafel auf 60 Kilometer pro Stunde begrenzt worden. Über dem linken Fahrstreifen zeigte die Wechselverkehrszeichenanlage in diesem Bereich einen durch Dauerlichtzeichen wiedergegebenen roten gekreuzten ...