Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhöhung der Verfahrensgebühr bei mehreren Auftraggebern und unterschiedlicher Beteiligung an verschiedenen Gegenständen

 

Leitsatz (amtlich)

Wird der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit wegen verschiedener Gegenstände für mehrere Auftraggeber tätig, ist die Erhöhung der Verfahrensgebühr nach dem Wert der jeweiligen gemeinschaftlichen Beteiligung zu berechnen.

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 1008

 

Verfahrensgang

LG Stade (Beschluss vom 15.11.2013; Aktenzeichen 2 O 343/12)

 

Tenor

Die am 18.12.2013 bei dem OLG eingegangene sofortige Beschwerde der Kläger vom 15.12.2013 gegen den am 9.12.2013 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 2. Zivilkammer des LG Stade vom 15.11.2013 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 1.033,16 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Kläger ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

Mit Recht hat das LG angenommen, dass dem Prozessbevollmächtigten der vier Kläger keine Erhöhung der anwaltlichen 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 RVG-VV aus dem Gesamtgegenstandswert von 199.721 EUR i.H.v. netto 2.360,80 EUR um 0,9 Gebühren für drei weitere Auftraggeber gemäß Nr. 1008 RVG-VV zusteht, sondern lediglich die Erhöhung um eine 0,3 Gebühr aus dem Wert von 129.853 EUR (netto 452,40 EUR) und eine weitere 0,3 Gebühr aus dem Wert von 49.119 EUR (netto 313,80 EUR).

Die Beschwerdebegründung in den Schriftsätzen des Klägers vom 19.12.2013 und 4.2.2014 verkennt, dass die Kläger von ihrem Prozessbevollmächtigten zwar in derselben Angelegenheit, jedoch wegen unterschiedlicher Gegenstände vertreten worden sind. Zwar haben sämtliche Kläger den Beklagten auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung wegen Eingehungsbetruges in Anspruch genommen. Mit der Klage wird jedoch nicht die Zahlung von 199.721 EUR durch den Beklagten an sämtliche Kläger beansprucht. Vielmehr nehmen die Kläger zu 1 und 2 als Mitgläubiger den Beklagten auf Zahlung von 129.853 EUR, die Klägerin zu 3 auf Zahlung von 20.749 EUR und die Beklagten zu 3 und 4 als Mitgläubiger auf 49.119 EUR in Anspruch. Der Gesetzgeber hat zwar zur Durchsetzung der Gebührendegression in § 22 Abs. 1 RVG die Addition der Werte sämtlicher in der Klage als derselben Angelegenheit geltenden gemachten Gegenstände angeordnet, so dass die Verfahrensgebühr sich nach dem Gesamtwert von 199.721 EUR bemisst. Das bedeutet aber nicht, dass die Erhöhung der Verfahrensgebühr gem. Nr. 1008 RVG-VV auch nach diesem Wert zu berechnen ist. Nach der Anmerkung in Abs. 2 der Nr. 1008 RVG-VV wird die Erhöhung vielmehr nach dem Betrag berechnet, an dem die Personen gemeinschaftlich beteiligt sind. Nach der herrschenden Auffassung, die von dem Senat geteilt wird, wird zunächst die Verfahrensgebühr ohne Erhöhung nach Nr. 1008 RVG-VV aus dem gem. § 22 Abs. 1 RVG zusammengerechneten Wert ermittelt und sodann eine Erhöhung nach Nr. 1008 RVG-VV aus dem Wert der gemeinschaftlichen Beteiligung errechnet (vgl. OVG NW, NJW-Spezial 2012, 252; Schneider/Wolf/Volpert, RVG, 7. Aufl. VV 1008 Rz. 75 m.w.N.; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl. VV 1008 Rz. 228 ff.). Diese Rechtslage galt auch bereits von In-Kraft-Treten des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, das vorliegend gem. § 60 Abs. 1 RVG noch keine Anwendung findet, weil der unbedingte Auftrag vor dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes erteilt worden ist.

Die abweichende Berechnung der Kläger lässt sich mit dem in Nr. 1008 Abs. 2 RVG-VV enthaltenen Gebot der Berechnung der Erhöhung nach dem Betrag der gemeinschaftlichen Beteiligung der Kläger nicht vereinbaren. Danach waren nur die Kläger zu 1 und 2 einerseits und die Kläger zu 3 und 4 andererseits gemeinschaftlich an unterschiedlichen Gegenständen beteiligt, so dass hierfür jeweils nur eine Erhöhung der anwaltlichen Verfahrensgebühr um eine aus dem Gegenstandswert der jeweiligen Beteiligung berechnete 0,3 Gebühr vorzunehmen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Nr. 1812 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.

Die Voraussetzungen für eine Übertragung der Sache auf den Senat in seiner vollen Besetzung gem. § 568 ZPO und für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Der Beschwerdewert beläuft sich auf die Differenz zwischen der beantragten und der festgesetzten Erhöhung der Verfahrensgebühr i.H.v. 868,20 EUR netto zzgl. Mehrwertsteuer.

 

Fundstellen

Haufe-Index 6493990

AGS 2014, 165

RVGreport 2014, 151

VRR 2014, 273

RVG prof. 2014, 110

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