Leitsatz (amtlich)
1. Die Möglichkeit der Verbraucherinsolvenz und der Restschuldbefreiung ändert nichts an der Sittenwidrigkeit der Mithaftung eines nahen Angehörigen.
2. Zu den Anforderungen an eine zu stellende Prognose im Falle der Mithaftung eines nahen Angehörigen. § 309 Abs. 1 Nr. 2 InsO macht eine Prognose nicht von vornherein entbehrlich.
Normenkette
BGB § 138 Abs. 1, § § 488 ff.; InsO §§ 286 ff.
Verfahrensgang
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 8.12.2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des LG Hildesheim ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, weil die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats nicht erfordert.
Gründe
I. Die Klägerin beantragt festzustellen, dass die Beklagte aus einem bei ihr geführten Kredit- und Girokonto keine Ansprüche gegen die Klägerin hat.
Der frühere Lebensgefährte der Klägerin, B., unterhielt bei der Beklagten ein Girokonto. Unter dem 18.7.2002 unterzeichnete die Klägerin neben B. einen "Ergänzungsantrag" zum Girokonto als "2. Kontoinhaber" (Anlage B 1). Am gleichen Tag unterzeichneten die Klägerin und B. einen Kreditvertrag (K 2) im Folgejahr einen weiteren Kreditvertrag über einen Nettokreditbetrag von 8.455,50 EUR (K 3).
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ein Girovertrag zwischen ihr und der Beklagten sei nicht zustande gekommen. Die Kreditverträge seien wegen krasser wirtschaftlicher Überforderung sittenwidrig. Die Valuta sei für Zwecke des B. verwendet worden. Sie selbst habe bei Abschluss der Darlehensverträge mit Ausnahme des Erziehungsgeldes über kein eigenes Einkommen verfügt.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Durch den "Ergänzungsantrag" sei die Klägerin Vertragspartner des Girovertrages geworden. Weitergehende Erklärungen seien nicht erforderlich gewesen. Weder der Girovertrag noch die Darlehensverträge seien wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig. Es könne dahinstehen, ob die Klägerin hinsichtlich der Darlehensverträge echte Mitdarlehensnehmerin oder Mithaftende gewesen sei und welchen Zwecken die Darlehen dienten. Ebenso könne die Frage der krassen Überforderung dahinstehen, weil die Verträge nach In-Kraft-Treten der Insolvenzordnung geschlossen worden seien und somit die Möglichkeit der Restschuldbefreiung bestehe.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft
ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie meint, die Einführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens habe auf die Beurteilung der Sittenwidrigkeit keinen Einfluss.
II. Der Senat hält die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO für gegeben. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Berufung der Klägerin Aussicht auf Erfolg hat.
1. Mit dem LG geht der Senat davon aus, dass durch den "Ergänzungsantrag" die Klägerin Partei des Girovertrages, der vorher nur zwischen B. und der Beklagten bestanden hatte, wurde. Den genannten "Ergänzungsantrag" hat die Klägerin als "2. Kontoinhaber" unterschrieben. Sie hat wie B. das Konto auch benutzt. In welchem Umfang dies geschehen ist und ob sie die "Service-Karte" der Beklagten, die sie beantragt hatte, auch mitgenutzt hat, ist ohne Belang.
2. Auch hinsichtlich der Darlehensverträge ist die Berufung ohne Aussicht auf Erfolg.
a) Der Senat kann sich allerdings nicht der Auffassung des LG anschließen, auch für den Fall einer krassen finanziellen Überforderung fehle es an der Sittenwidrigkeit, wenn der Schuldner die Möglichkeit der Restschuldbefreiung nach der Insolvenzordnung habe. Der Senat hat im Beschl. v. 24.8.2005 (OLG Celle, Beschl. v. 24.8.2005 - 3 W 119/05, OLGReport Celle 2005, 612 = NJW-RR 2006, 131) der Auffassung zugeneigt, dass die Möglichkeit der Verbraucherinsolvenz und der Restschuldbefreiung ohne Bedeutung für die Folgen einer krassen finanziellen Überforderung ist. Die Möglichkeit der Restschuldbefreiung, die ein jahrelanges Wohlverhalten des Schuldners voraussetzt, soll schwerlich dazu dienen, die Folgen eines sittenwidrigen Verhaltens der Banken zu egalisieren. Die Restschuldbefreiung verfolgt vielmehr den Zweck, dem redlichen Schuldner einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen. Zu bedenken ist dabei auch, dass die Frage der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB sich bereits bei Abschluss des Vertrages stellt, wohingegen sich die Frage der Restschuldbefreiung erst Jahre später stellt und in keiner Weise die Frage der Sittenwidrigkeit noch beeinflussen kann. Die Ansicht des Senats zur fehlenden Bedeutung der Möglichkeit der Restschuldbefreiung insoweit wird nicht nur vom OLG Frankfurt (OLG Frankfurt v. 24.3.2004 - 23 U 65/03, OLGReport Frankfurt 2004, 265 = NJW 2004, 2392), sondern auch vom LG Mönchengladbach (LG Mönchengladbach v. 12.5.2005 - 10 O 333/04, NJW 2006, 67) geteilt.
b) Die Frage, ob die Klägerin Mitdarlehensnehm...