Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterbrechung der Verfolgungsverjährung bei wiederholter Unterrichtung über die Möglichkeit, ohne Hauptverhandlung zu entscheiden
Leitsatz (amtlich)
1. Hat der Betroffene ausdrücklich um Absetzung einer Hauptverhandlung und um Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten, handelt es sich bei der darauf ergangenen Mitteilung des Gerichts, es werde tatsächlich im schriftlichen Verfahren entschieden, nur um eine Unterrichtung der Verfahrensbeteiligten über das weitere Vorgehen des Gerichts, die keine verjährungsunterbrechende Wirkung gem. § 33 Abs. 1 Nr. 12 OWiG entfaltet.
2. Einem im Anschluss erteilten Hinweis auf die Möglichkeit, ohne Hauptverhandlung zu entscheiden, kommt jedenfalls dann eine verjährungsunterbrechende Wirkung gem. § 33 Abs. 1 Nr. 12 OWiG zu, wenn der erneute Hinweis aufgrund in Auftrag gegebener ergänzender Beweiserhebungen gem. § 71 Abs. 2 OWiG ergangen ist, deren Inhalt dem Betroffenen zur Gewährung rechtlichen Gehörs zur Kenntnis gegeben wurde.
Normenkette
OWiG § 33 Abs. 1 Nr. 12, § 71 Abs. 2, § 72
Verfahrensgang
AG Diepholz (Entscheidung vom 27.12.2019) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Diepholz vom 27. Dezember 2019 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Geldbuße 170 € beträgt.
Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen mit dem angefochtenen Beschluss wegen einer am 20. August 2018 um 12.14 Uhr begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 176 € verurteilt und ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Dagegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt und insbesondere den Eintritt der Verfolgungsverjährung geltend macht.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Diepholz vom 27.12.2019 gem. § 79 Abs. 3 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
II.
Die zulässige erhobene Rechtsbeschwerde hat lediglich den aus dem Tenor ersichtlichen geringen Teil-Erfolg. Im Übrigen ist sie nach Maßgabe von §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
Zur Begründung nimmt der Senat auf die auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Gegenerklärung vom 17.02.2020 zutreffenden Erwägungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 11.02.2020 Bezug.
Der ergänzenden Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
1.) Die auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen hat ergeben, dass der Verfolgung der dem Betroffenen in diesem Verfahren zur Last gelegten Tat das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung nicht entgegensteht.
Die dem Betroffenen vorgeworfene Verkehrsordnungswidrigkeit verjährt gemäß § 26 Abs.3 StVG in drei Monaten nach Tatbegehung, solange wegen der Tat kein Bußgeldbescheid erlassen ist. Hier ist die Tat am 20. August 2018 begangen worden; durch den am 07. November 2018 erlassenen Bußgeldbescheid wurde die Verfolgungsverjährung gem. § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG unterbrochen und die 6-Monatsfrist des § 26 Abs. 3 StVG begann gem. § 33 Abs. 3 Satz 1 OWiG neu zu laufen. Eine weitere Verjährungsunterbrechung trat sodann gem. § 33 Abs. 1 Nr. 11 OWiG durch den am 26. März 2019 anberaumten Termin zur Hauptverhandlung ein.
Letztmals wurde die Verjährung schließlich durch das Schreiben des Amtsgerichts vom 23. August 2019 an den Verteidiger des Betroffenen gem. § 33 Abs. 1 Nr. 12 OWiG unterbrochen, denn darin wies das Gericht (erneut) auf die beabsichtigte Entscheidung im Beschlusswege hin und erfragte zugleich, ob auf eine Begründung des Beschlusses verzichtet werde.
Der Einwand des Beschwerdeführers, es handele sich um einen wiederholten und daher gänzlich überflüssigen Hinweis, dem daher keine verjährungsunterbrechende Wirkung zukomme, geht fehl.
Zwar entfaltet nicht jeder Hinweis auf die Möglichkeit, ohne Hauptverhandlung zu entscheiden, eine verjährungsunterbrechende Wirkung; vielmehr macht der Beschwerdeführer im Ansatz zutreffend geltend, dass nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut durch die Erteilung eines derartigen Hinweises nur einmal eine Unterbrechung der Verjährung herbeigeführt werden kann, so dass einem wiederholt erteilten Hinweis auf eine mögliche Entscheidung gem. § 72 OWiG keine verjährungsunterbrechende Wirkung zukommt, wenn letztere bereits durch einen vorherigen Hinweis begründet wurde (KK-OWiG/Ellbogen, 5. Auflage 2018, § 33, Rn. 92; Krenberger/Krumm, OWiG, 5. Auflage 2018, Rn. 75; OLG Hamm, Beschluss vom 21. März 1977 - 3 Ss OWi 265/77 -, juris). Es ist ferner zutreffend, dass das Gericht bereits zuvor am 26. April 2019 den anberaumten Hauptverhandlungstermin aufgehoben und angeordnet hatte, eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren gem. § 72 OWiG zu treffen.
Hierdurch trat indes keine Unterbrechung der Verfolgungsverjährung ein. Hat der Betroffene - wie hier - zuvor ausdrücklich um Absetzung einer Hauptverhandlung u...