Leitsatz (amtlich)
Im selbständigen Beweisverfahren ist eine Entscheidung nach § 494 Abs. 2 ZPO, dem Antragsteller antragsgemäß die dem Gegner entstandenen Kosten aufzuerlegen, nicht zulässig, wenn der Antragsteller zwar die Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage versäumt, jedoch vor der Entscheidung über den Kostenantrag die Klageerhebung nachweist (a.A. OLG Frankfurt vom 4.1.2001 - 24 W 55/00, MDR 2001, 716 = OLGReport Frankfurt 2001, 73 = NJW-RR 2001, 862).
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Beschluss vom 14.04.2004; Aktenzeichen 8 OH 6/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 27.4.2004 wird der am 19.4.2004 zugestellte Beschluss der 8. Zivilkammer des LG Verden vom 14.4.2004 aufgehoben und der Antrag des Antragsgegners zurück gewiesen, dem Antragsteller die dem Antragsgegner entstandenen Kosten aufzuerlegen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 992 Euro.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die gem. §§ 494a Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige, insb. form und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache Erfolg.
Das LG war am 14.4.2004 nicht mehr befugt, dem Antragsteller auf Antrag des Antragsgegners die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gem. § 494 Abs. 2 S. 1 ZPO aufzuerlegen, nachdem der Antragsteller dem LG nachgewiesen hatte, dass er bereits zuvor am 25.3.2004 Hauptsacheklage bei dem zuständigen AG ... eingereicht hatte und dass die Klage dem Antragsgegner am 13.4.2004, also demnächst i.S.v. § 167 ZPO, zugestellt worden ist. Zwar ist nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 494 Abs. 2 S. 1 ZPO Voraussetzung für die Kostenentscheidung allein die Nichterfüllung der Anordnung des Gerichts gem. § 494 Abs. 1 ZPO zur Erhebung der Hauptsacheklage innerhalb der gesetzten Frist, die im vorliegenden Fall bereits einen Tag vor Klageinreichung, nämlich am 24.3.2004, verstrichen war.
Der Senat folgt jedoch der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG Celle vom 10.11.1995 - 22 W 100/95, OLGReport Celle 1996, 23 [24]; OLG Düsseldorf vom 21.7.1997 - 21 W 25/97, NJW-RR 1998, 359; vom 18.5.2001 - 22 W 19/01, OLGReport Düsseldorf 2001, 396 = NJW-RR 2002, 427; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 494a Rz. 4; Schreiber in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 494a Rz. 4; a.A. OLG Frankfurt vom 4.1.2001 - 24 W 55/00, MDR 2001, 716 = OLGReport Frankfurt 2001, 73 = NJW-RR 2001, 862) dass eine Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO abzulehnen isst, wenn die Hauptsacheklage zwar nicht in der Frist des § 494 Abs. 1 ZPO, jedoch noch vor einer Kostenentscheidung nach § 494 Abs. 2 ZPO erhoben wird. Das Gesetz gibt dem Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren das Recht, dem Antragsteller eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage zu setzen, weil grundsätzlich nur die Kostengrundentscheidung des Hauptprozesses dem Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren die Handhabe gibt, einen Vollstreckungstitel auch für die eigenen Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu erlangen. Die ohne Rücksicht auf die materielle Rechtslage ergehende isolierte Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren gem. § 494 Abs. 2 ZPO knüpft zwar an die Versäumung der Frist zur Klageerhebung an, rechtfertigt sich aber nur aus der Erwägung, dass regelmäßig der fruchtlose Fristablauf die Annahme begründet, dass der Antragstellers endgültig von einer Klageerhebung absieht, weil er sich davon keine für ihn günstige Kostenentscheidung verspricht, wodurch er sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begibt. Wird aber, wie im vorliegenden Fall, vor dem Eingang des Antrages des Antragsgegners nach § 494 Abs. 2 ZPO, oder in dem anschließenden Verfahren über den Antrag auf Erlass einer Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren die Einreichung und Erhebung der Hauptssacheklage nachgewiesen, besteht kein Bedürfnis mehr für eine isolierte Kostenentscheidung, weil der Antragsteller die Voraussetzungen für eine streitige Kostengrundentscheidung geschaffen hat. Für dieses Ergebnis spricht auch der in § 231 Abs. 2 ZPO zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke. Danach kann in den Fällen, in denen das Gesetz an die Versäumung einer Prozesshandlung Nachteile knüpft, die von einem Antrag abhängig sind, die versäumte Prozesshandlung nachgeholt werden kann, solange der Antrag nicht gestellt und die mündliche Verhandlung über ihn nicht geschlossen ist. Dabei tritt die Beendigung des Anhörungsverfahrens an die Stelle einer nicht notwendigen mündlichen Verhandlung. Für den hinsichtlich der Anknüpfung von Rechtsnachteilen an die Versäumung einer Frist zur Klageerhebung vergleichbaren Fall der Aufhebung des Arrestes nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Klageerhebung auf Antrag des Antragsgegners gem. § 926 Abs. 2 ZPO ist allgemein anerkannt, dass die Erhebung Hauptsacheklage bis zur Entscheidung über den Aufhebungsantrag nachgeholt werden kann, wodurch die Fristversäumung als geheilt gilt (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 926 Rz...