Leitsatz (amtlich)

Der Antragsteller eines selbständigen Beweisverfahrens hat auch dann dem Streithelfer des Antragsgegners dessen Kosten des Beweisverfahrens zu erstatten, wenn er der Anordnung zur Erhebung der Hauptsacheklage aus wirtschaftlichen Gründen - Insolvenz des Antragsgegners - nicht nachkommt.

 

Normenkette

ZPO §§ 67, 485, 494

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Aktenzeichen 10 OH 18/02)

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin begehrt in dem vorliegenden selbständigen Beweisverfahren, dem sie nach Streitverkündung durch die dortige Antragsgegnerin auf deren Seite beigetreten ist (künftig: Streithelferin), auszusprechen, dass der Antragsgegner und Beschwerdeführer - der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens (künftig: Antragsteller) - verpflichtet sei, die ihr im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu tragen. Das selbständige Beweisverfahren wegen behaupteter umfangreicher Baumängel an einer vom Antragsteller erworbenen Eigentumswohnung wurde im Oktober 2002 eingeleitet, es wurden ein Sachverständigengutachten und ein Ergänzungsgutachten eingeholt; letzteres ging dem Antragsteller am 13.10.2005 zu. Weitere ergänzende Fragen stellte keiner der Verfahrensbeteiligten. Über das Vermögen der Antragsgegnerin des Beweissicherungsverfahrens wurde am 21.10.2005 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Die Streithelferin hat beantragt, dem Antragsteller eine Frist zur Klageerhebung zu setzen. Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit Schriftsatz vom 16.1.2007, in dem er den Antrag für unzulässig und rechtsmissbräuchlich hielt; die eingeholten Gutachten hätten die behaupteten Baumängel bewiesen, jedoch sei die Antragsgegnerin nicht mehr in der Lage, dem Beweisergebnis folgend eine Mängelbeseitigung vorzunehmen. Der Insolvenzverwalter der Antragsgegnerin hat eine Stellungnahme als entbehrlich bezeichnet, da der Antrag gegen den Antragsteller gerichtet sei. Das LG hat mit Beschluss vom 20.2.2008 eine Frist zur Klageerhebung von 6 Wochen gesetzt. Eine Klageerhebung ist nicht erfolgt. Es hat mit Beschluss vom 27.6.2008 dem Antragsteller die der Streithelferin im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten auferlegt.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner am 10.7.2008 eingegangenen sofortigen Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat.

II.A. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.

1. Insbesondere steht ihr nicht entgegen, dass der Beschluss des LG über die Fristsetzung zur Klageerhebung bestandskräftig ist. Denn gegen diesen Beschluss war ein Rechtsmittel des Antragstellers nicht statthaft. Der Antragsteller wird durch diese Anordnung, welche der Kostenentscheidung nach § 494a Abs. 2 ZPO vorangeht, noch nicht unmittelbar beschwert. Die Voraussetzungen des § 567 Abs. 1 ZPO für die Statthaftigkeit der allein in Betracht kommenden sofortigen Beschwerde liegen nicht vor; weder ist dieses Rechtsmittel für derartige Entscheidungen im Gesetz ausdrücklich vorgesehen, noch wird mit der Entscheidung, welche dem Antrag der Gegenseite stattgibt, ein das Verfahren betreffendes Gesuch des Antragstellers zurückgewiesen (OLG Hamm OLGReport Hamm 2002, 161).

2. Das Verfahren ist nicht gem. § 240 ZPO durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bezüglich der Antragsgegnerin unterbrochen. Denn im selbständigen Beweisverfahren findet § 240 ZPO keine Anwendung (BGH NJW 2004, 1388 [juris Rz. 7]). Es braucht deshalb rechtlich nicht bewertet zu werden, dass der Insolvenzverwalter hier zum Ausdruck gebracht, dass er sich nicht am Verfahren beteiligen wolle.

B) Die sofortige Beschwerde ist aber nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das LG dem Antragsteller die der Streithelferin im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten in analoger Anwendung des § 494a Abs. 2 ZPO auferlegt.

1. Die Streithelferin ist antragsbefugt. Es ist in der Rechtsprechung inzwischen anerkannt ist, dass eine Streitverkündung auch im selbständigen Beweisverfahren zulässig ist (vgl. nur BGHZ 134, 190 [juris Rz. 15, 16]). Demzufolge darf auch die Streithelferin einen Kostenantrag gem. § 494a Abs. 2 ZPO stellen, wenn sie sich - entsprechend den allgemeinen Regeln der Nebenintervention gem. § 67 ZPO - mit einem solchen Antrag nicht in Widerspruch zu den Handlungen der von ihr unterstützten Hauptpartei - hier der Antragsgegnerin des Beweisverfahrens - setzt (BGH NJW-RR 2008, 261 [juris Rz. 8]; OLG Karlsruhe NJW-RR 2001, 214 [juris Rz. 2). So liegt der Fall hier. Der Insolvenzverwalter der Antragsgegnerin hat ausdrücklich von einer Stellungnahme in der Sache abgesehen; auch sonst ist dem Sachstand nicht zu entnehmen, dass er sich gegen einen solchen Antrag der Streithelferin wendet.

2. Dem Antrag der Streithelferin war stattzugeben.

a) Das selbständige Beweisverfahren kennt im Grundsatz keine Kostenentscheidung (BGHZ 132, 96 [juris Rz. 21]), was seinen Grund darin findet, dass im selbständigen Beweisverfahren nicht festgestellt werden kann und darf, wer letztlich obsiegt oder unterliegt (OLG Hamm OLGReport Hamm 1993, 2, 3; Werner/Pa...

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