Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs für den Verfahrensbeistand im Beschwerdeverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch im Beschwerdeverfahren entsteht ein Vergütungsanspruch des Verfahrensbeistandes nach § 158 Abs. 7 S. 2, 3 FamFG erst durch ein konkretes Tätigwerden im Kindesinteresse. Die bloße Entgegennahme und das Lesen der eine Begründung noch nicht enthaltenden Beschwerdeschrift durch den Verfahrensbeistand reicht hierfür nicht aus.

2. Die Kostenprivilegierung nach § 158 Abs. 8 FamFG erstreckt sich nicht auch auf ein Beschwerdeverfahren, das allein den Vergütungsanspruch des Verfahrensbeistandes zum Gegenstand hat.

 

Normenkette

FamFG § 158 Abs. 4, 7 S. 2, § 158 S. 3, § 158 Abs. 8

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 01.03.2012; Aktenzeichen 625 F 531/10)

 

Tenor

Die Beschwerde des Verfahrensbeistandes vom 8.3.2012 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 1.3.2012 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 2.3.2010 hatte das AG den Beschwerdeführer den Kindern M. und J. für das Verfahren auf Übertragung der elterlichen Sorge und Regelung des Umgangs zur Wahrnehmung ihrer Interessen als Verfahrensbeistand bestellt. Zugleich hat es dem Verfahrensbeistand gem. § 158 Abs. 4 S. 3 FamFG die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern zu führen sowie am Zustandekommen einer einverständlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Es hat festgestellt, dass die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt wird. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens hat das AG sodann, dem Vorschlag der Sachverständigen folgend, die gemeinsame elterliche Sorge der Kindeseltern aufgehoben und die elterliche Sorge für den beim Kindesvater lebenden Sohn M. dem Kindesvater, die elterliche Sorge für den von der Kindesmutter betreuten Sohn J. dieser allein übertragen. Die weiter gehenden Anträge beider Elternteile, ihnen auch die elterliche Sorge für das jeweils beim anderen Elternteil lebende Kind zu übertragen, hat es zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung legte der Kindesvater mit Schriftsatz vom 22.8.2011 Beschwerde ein; eine Begründung enthielt dieser Schriftsatz noch nicht. Die Beschwerdeschrift wurde dem Verfahrensbeistand am 7.9.2011 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 26.9.2011 erfolgte sodann innerhalb einer dem Kindesvater gesetzten Frist die Begründung der Beschwerde. Mit Beschluss vom 12.10.2012 wies der Senat sodann die Beschwerde des Kindesvaters - gem. § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG ohne Wiederholung der erstinstanzlich bereits erfolgten mündlichen Anhörung - zurück. Dieser Beschluss wurde dem Verfahrensbeistand zusammen mit der Beschwerdebegründung vom 26.9.2011 am 20.10.2011 zugestellt. Mit Schreiben vom 21.10.2011 beantragte der Verfahrensbeistand, die ihm aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung für das Beschwerdeverfahren auf (350 EUR × 2 =) 700 EUR festzusetzen. Zur Begründung führte er aus, er habe seine erste Tätigkeit am 7.9.2011 ausgeführt.

Das AG hat den geltend gemachten Betrag zunächst antragsgemäß festgesetzt. Auf die Erinnerung des Kindesvaters vom 2.12.2011 und nach Anhörung des Bezirksrevisors sowie Gewährung rechtlichen Gehörs für den Verfahrensbeistand, der ergänzend erklärte, bereits konkret tätig geworden zu sein durch Entgegennahme der Beschwerde, Anlegen einer neuen Akte und Lesen sowie Verarbeiten der Beschwerdebegründung und des Beschlusses, hat das AG sodann mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss vom 1.3.2012 die Festsetzung vom 24.11.2011 wieder aufgehoben und festgestellt, dass dem Verfahrensbeistand die für das Beschwerdeverfahren geltend gemachte Fallpauschalen von insgesamt 700 EUR nicht zustünden; zugleich hat es die Rückzahlung des bereits ausgezahlten Betrages angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt, allein die Kenntnisnahme von der Beschwerdeeinlegung durch den Verfahrensbeistand stelle noch keine Tätigkeit im Sinne der Wahrnehmung der Kindesinteressen dar; eine derartige Tätigkeit setze vielmehr die Kenntnis auch der Gründe der Beschwerde voraus. Diese habe der Verfahrensbeistand hier jedoch erst mit dem die Instanz bereits beendenden Senatsbeschluss vom 12.10.2012 erlangt, als ein Handeln im Kindesinteresse überhaupt nicht mehr möglich gewesen sei.

Dagegen wendet sich der Verfahrensbeistand mit seiner Beschwerde, die er u.a. darauf stützt, dass der Vergütungsanspruch des Verfahrensbeistandes - vergleichbar dem Gebührenanspruch eines Rechtsanwalts - bereits nach Aufnahme irgendeiner Tätigkeit entstanden sei. Die vom Gesetzgeber als Rechtfertigung für die Einführung einer Pauschalgebühr angeführte Mischkalkulation könne nur wirksam werden, wenn es auch Fälle gebe, die vom Aufwand her einen Ausgleich für diejenigen Fälle schafften, die wegen hoher Fahrtkosten, langer Verfahrensdauer oder hoher Nebenkosten zu Verlusten führten.

II. Die gem. §§ 58 Abs. 1, 61 Abs. 1 FamFG zulässige befristete Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Zutreffend hat das AG mit dem angefochtenen, auf die zu...

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