Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Auskunft des Diensteanbieters über personenbezogene Daten des Nutzers
Leitsatz (amtlich)
Zur Zulässigkeit der Auskunft des Diensteanbieters über Bestands- und Nutzungsdaten aufgrund wahrheitswidriger kreditschädigender Äußerungen über ein Unternehmen.
Normenkette
NetzDG § 1 Abs. 3; TMG § 14 Abs. 3-4, § 15 Abs. 5 S. 4
Verfahrensgang
LG Stade (Beschluss vom 21.10.2020; Aktenzeichen 2 O 158/20) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten vom 30. Oktober 2020 wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 21. Oktober 2020 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beteiligten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags gestattet, der Antragstellerin Auskunft zu erteilen über die Bestands- und Nutzungsdaten zu der auf der Plattform www...de bestehenden Bewertung vom 23. Oktober ..., abrufbar unter der URL: https://...com/de/..., wie in der Anlage zu diesem Beschluss wiedergegeben, durch Angabe folgender gespeicherter Daten: IP-Adressen, die dem Nutzer zugewiesen waren, als er die Bewertung abgab, nebst genauen Zeitpunkt des Hochladens unter Angabe des Datums und der Uhrzeit inklusive Minuten, Sekunden und Zeitzone, Name des Nutzers, E-Mail-Adresse des Nutzers.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist ein Unternehmen der IT-Branche mit derzeit etwa 25 Mitarbeitern. Die Beteiligte betreibt unter der im Tenor genannten Domain ein Internetportal zur Bewertung von Arbeitgebern.
In diesem Portal wurden unter der Verfasserbezeichnung "Mitarbeiter" zwei negative Bewertungen betreffend die Antragstellerin abgegeben. In einer Bewertung vom 2. Mai ... war in der Überschrift unter anderem angegeben: "Gehalt kommt nicht pünktlich, Telefone gesperrt wegen offener Rechnungen". Als "Verbesserungsvorschlag" wurde dort unter anderem ausgeführt: "Pünktliche Gehaltszahlungen anstreben". In einer Bewertung vom 23. Oktober ... wurde unter der Überschrift "Arbeitsatmosphäre" angegeben, man sei nicht informiert worden, dass man den Monat sein Gehalt nicht bekomme; Fairness gebe es nicht, da einige Angestellte Gehalt bekämen und andere nicht. Unter dem Stichwort "Vorgesetztenverhalten" war angegeben "Mobbing bei Kündigung". Unter dem Stichpunkt "Gehalt/Sozialleistungen" wurde ausgeführt, man habe zeitweise gar kein Geld bekommen und als man das Gespräch suchte, habe es nur 10 % vom Gehalt gegeben. In der Zusammenfassung unter dem Stichwort "contra" war unter anderem angegeben: "kein pünktliches Gehalt, zeitweise gar kein Gehalt" und "betriebliche Rentenversicherung abgezogen aber nicht an die Versicherung gegeben".
Die Antragstellerin ist in Unkenntnis über die Person des Verfassers dieser Beiträge. Sie begehrt gegenüber der Beteiligten Auskunft hierüber und beantragt im vorliegenden Verfahren, der Beteiligten diese Auskunftserteilung zu gestatten. Die behauptete Tatsache, sie habe Mitarbeitergehälter nicht rechtzeitig gezahlt bzw. nicht gezahlt, sei unwahr. Das Gehalt der Mitarbeiter sei regelmäßig und pünktlich gezahlt worden.
Sie hat insoweit in erster Instanz beantragt,
der Beteiligten zu gestatten, der Antragstellerin Auskunft zu erteilen über die Bestands- und Nutzungsdaten zu der auf der Plattform www...de bestehenden Bewertungen vom 23. Oktober ... und 2. Mai ..., die zu der Antragstellerin als Arbeitgeberinnen abgegeben wurden, abrufbar unter der URL: https://...com/de/..., durch Angabe folgender gespeicherter Daten: IP-Adressen, die von dem Nutzer zur Abgabe der Bewertungen gespeichert wurden, nebst genauen Zeitpunkt des Hochladens unter Angabe des Datums und der Uhrzeit inklusive Minuten, Sekunden und Zeitzone, Name des Nutzers, E-Mail-Adresse des Nutzers.
Die Beteiligte verweigert die Auskunftserteilung, um durch die Gewährung von Anonymität die Bereitschaft zur freien Äußerung über den jeweiligen Arbeitgeber zu fördern. Die streitgegenständlichen Äußerungen überschritten nicht die Schwelle der strafbaren Ehrverletzung. Zudem genüge die reine Behauptung der Unrichtigkeit der Tatsachenäußerungen nicht.
Das Landgericht hat dem Antrag stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten.
II. Die nach § 14 Abs. 4 S. 7 TMG statthafte und gemäß § 14 Abs. 4 S. 5 TMG, § 63 Abs. 1, 3, § 64 FamFG rechtzeitig und ordnungsgemäß eingelegte Beschwerde ist insoweit begründet, als auch die Auskunft über Bestands- und Nutzungsdaten betreffend die Bewertung vom 2. Mai ... gestattet wurde. Im Übrigen ist sie unbegründet.
Das Landgericht hat dem Antrag ausweislich der Begründung des Beschlusses sowie der ergänzenden Begründung im Beschluss vom 2. November 2020 umfassend stattgegeben und entgegen der insoweit missverständlichen Tenorierung nicht bloß über die Zulässigkeit des Antrags entschieden. Eine Auskunftserteilung ist nach § 14 Abs. 3, § 15 Abs. 5 S. 4 TMG i.V.m. § 1 Abs. 3 ...