Normenkette
GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1b; ZPO § 233
Verfahrensgang
AG Neustadt a. Rbge. (Aktenzeichen 48 C 1715/06) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Klägerin, die ihren allgemeinen Gerichtsstand in Polen hat, verlangt von den Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 3.9.2004. Das AG hat die Klage mit Urteil vom 31.10.2007 insgesamt abgewiesen. Dieses Urteil ist der Klägerin am 9.11.2007 zugestellt worden (Bl. 160 d.A.). Mit Schriftsatz vom 23.11.2007 - eingegangen am 29.11.2007 - hat die Klägerin gegen dieses Urteil Berufung beim LG Hannover eingelegt (Bl. 170 d.A.) und die Berufung mit Schriftsatz vom 2.1.2008 auch ggü. dem LG Hannover begründet (Bl. 175 d.A.). Auf den Hinweis der zuständigen Richterin vom 7.1.2008 (Bl. 207 d.A.), dass die Berufung zum LG gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG unzulässig sei, hat die Klägerin ihre Berufung mit Schriftsatz vom 26.1.2008 zurückgenommen (Bl. 209 d.A.).
Mit Schriftsatz vom 17.1.2008 beantragt die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sie ist der Ansicht, das LG Hannover hätte die Berufung an das zuständige Gericht weiterleiten müssen. Im Zeitpunkt der "Registrierung" der Berufung bei dem LG Hannover (am 5.12.2007, vgl. Bl. 169 d.A.) habe noch ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden bis zum Ablauf der Berufungsfrist i.S.v. § 517 ZPO. Die Klägerin - bzw. ihr Prozessbevollmächtigter - ist zudem der Auffassung, § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG sei "leicht zu übersehen", weil diese Vorschrift im Anwaltsalltag "lediglich in Ausnahmesituationen" vorkomme. Demgegenüber hätte das LG die polnische Anschrift der Klägerin aber nicht übersehen dürfen.
II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist unbegründet.
1. Die Klägerin war nicht ohne ihr Verschulden (§ 233 ZPO) verhindert, die Berufungsfrist gem. § 517 ZPO einzuhalten. Vielmehr trifft ihren Prozessbevollmächtigten ein Verschulden an der Versäumung der Frist, das sich die Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. Denn er hat in Verkennung der Vorschrift des § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG die Berufung gegen das Urteil des AG Neustadt am Rbge. nicht innerhalb der Berufungsfrist beim zuständigen OLG Celle, sondern beim unzuständigen LG Hannover eingelegt. Das der Klägerin zuzurechnende Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht deshalb folgenlos, weil das unzuständige LG die bei ihm eingegangene Berufungsschrift nicht innerhalb der Berufungsfrist an das zuständige OLG weitergeleitet oder kurzfristig dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin noch einen entsprechenden Hinweis erteilt hat. Denn die Prüfung der Zulässigkeit der Berufung, zu der auch die Zuständigkeit i.S.v. § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG gehört, ist gem. § 522 Abs. 1 ZPO die Aufgabe des Berufungsgerichts, d.h. der zuständigen Richter, nicht aber der Geschäftsstellenbeamten. Das gilt umso mehr, als die Zuständigkeit des OLG - wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin meint - bereits für Anwälte nicht leicht erkennbar war. Dann wird sie für juristisch nicht entsprechend (wie Anwälte) vorgebildete Geschäftsstellenbeamte erst recht nicht offensichtlich gewesen sein. Damit konnte ein entsprechender Hinweis an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin erst bei Vorlage an die zuständige Kammervorsitzende erwartet werden. Dieser Hinweis ist dann auch unverzüglich erfolgt (Bl. 207 d.A.). Zu diesem Zeitpunkt war die Frist zur Einlegung der Berufung jedoch bereits abgelaufen. Wollte man - wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin meint - gleichwohl eine frühere Vorlage oder Weiterleitungspflicht des unzuständigen Gerichts bejahen, würde die Verantwortung für die Ermittlung des tatsächlich zuständigen Berufungsgerichts der Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten insgesamt abgenommen und auf ein unzuständiges Gericht verlagert. Das Gericht kann aber mit der Prüfung seiner Zuständigkeit warten, bis die Akten vorgelegt werden.
Der BGH hat im Übrigen die Rechtsfrage bereits wiederholt eindeutig in diesem Sinne entschieden (vgl. nur BGH, Beschl. v. 5.10.2005 - VIII ZB 125/04, NJW 2005, 3776 - die gegen diese Entscheidung eingelegte Verfassungsbeschwerde blieb erfolglos, s. BVerfG, Beschl. v. 17.1.2006 - 1 BvR 2558/05, NJW 2006, 1579; ebenso auch schon BGHZ 155, 46).
Der Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist war damit zurückzuweisen.
2. Der Senat weist die Klägerin vorsorglich darauf hin, dass gem. § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO ihre Berufung als unzulässig zu verwerfen ist, weil - wie dargelegt - die Berufungsfrist gem. § 517 ZPO nicht eingehalten worden ist. Darüber hinaus ist die Berufung auch unzulässig, weil der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Berufung mit Schriftsatz vom 26.1.2008 (Bl. 209 d.A.) bereits zurückgenommen hat. Die Zurücknahme der Berufung kann aber nicht widerrufen werden, es sei denn, es liegen Wiederaufnahmegründe vor, wofür aber nichts ersichtlich ist.
3. Die Kos...